Innovation:Helfende Hände

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Oberpfaffenhofen DLR Ilse Aigner übergibt Förderbescheid (1,494 Mio.) an DLR-Institut für Robotik und Mechatronik, Annette Hagengruber(sitzend). (Foto: Arlet Ulfers)

Das Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen entwickelt Roboter und Programme, die Menschen mit Einschränkungen unterstützen. Dafür gibt es jetzt großzügige Fördergelder

Von Patrizia Steipe, Oberpfaffenhofen

Tränen in den Augen habe die Ehefrau eines Astronauten gehabt, berichtete Gerd Hirzinger, Gründer und ehemaliger Leiter des Instituts für Robotik und Mechatronik im Oberpfaffenhofener Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dank eines der neuen Assistenz-Roboter habe sie den Händedruck ihres Mannes aus dem All über die Roboterhand spüren können. Es war eines der vielen Experimente, das die Wissenschaftler DLR der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) vorgeführt hatten. Die Ministerin hatte bei ihrem Besuch einen Förderbescheid in Höhe von 1,5 Millionen Euro mitgebracht. Damit soll das Projekt Smile" (Servicerobotik für Menschen in Lebenssituationen mit Einschränkungen) bis Ende 2018 unterstützt werden.

Es ist Teil der Zukunftsinitiative Assistenzrobotik im Rahmen der bayerischen Digitalisierungsoffensive. Die "international führende Robotik-Kompetenz des Zentrums" könne damit weiter entwickelt werden, sagte der Vorstandsvorsitzende Pascale Ehrenfreund. Im Institut gibt es eine ganze Reihe an Prototypen von Robotern und Assistenzsystemen, denen die Wissenschaftler immer neue Fertigkeiten "beibringen". Am bekanntesten ist wohl "Rollin' Justin". Der metallblau schimmernde humanoide Roboter auf Rollen ist der Publikumsmagnet bei den "Tagen der offenen Türe". Er kann Bälle fangen, Kaffee einschenken, Boden kehren oder Fenster putzen. Den Begriff "Pflegeroboter" hört Hirzinger allerdings gar nicht gerne. "Wir wollen keine menschliche Zuwendung ersetzen". Auch brauche der Roboter keine vermenschlichenden Glupschaugen und ein "Gesicht", sondern "lieber einen Bildschirm". Damit könnte das Assistenzsystem beispielsweise wichtige Bilder über den Gesundheitszustand der Pflegeperson in das Krankenhaus schicken.

Extra für die Ministerin hatten die Forscher eine brandneue Versuchsanordnung programmiert. Hier kann ein Roboter per Touchscreen aus der Entfernung gesteuert werden. Institutsleiter Alin Albu-Schäffer schilderte die Zukunftsvision eines auf dem Mars stationierten Roboters, den Ingenieure über ein Tablet anleiten, um Wartungsarbeiten an Solarpaneelen ausführen zu lassen. Im nächsten Jahr soll Astronaut Alexander Gerst solche Versuche im All durchführen, sagte Schäffer.

Aber die Roboter sollen vor allem in der Pflege eingesetzt werden können. "Die Oma ruft bei der Tochter an, weil sie ihre Tabletten braucht und diese steuert aus der Entfernung den Roboter, damit er sie holt", schilderte Albu-Schäffer. Eine weitere Assistenz-Leistung übernimmt der Rollstuhlassistenz "Edan". Es ist eine Art Roboterarm, der mit Muskelsignalen gesteuert wird. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Annette Hagengruber hatte in einem Rollstuhl Platz genommen. An ihrem Arm klebten Elektroden. Konzentriert ließ sie den Roboterarm ausfahren, um der Ministerin die Hand zu schütteln. Ein solcher Arm wäre für Menschen wie dem an Muskelschwund leidenden Wissenschaftler Steven Hawkings geeignet. Sie würden ein wenig Selbstständigkeit in das Leben bringen, sagte Albu-Schäffer. Bei einer Umfrage hätten behinderte Menschen ihre Wünsche an einen solchen Roboter geäußert. "Oft waren es ganz banale Dinge", berichtete Albu-Schäffer. Zum Beispiel ein Fenster öffnen oder ein Getränk aus dem Kühlschrank bringen.

Mit den Assistenz-Robotern könnte auch das Problem der fehlenden Pflegekräfte gemildert werden. Im Jahr 2030 sollen laut Albu-Schäffer immerhin 328 000 Pflegekräfte fehlen. "Die Technik wird es aber nicht komplett alleine lösen können". Es werde immer noch ein Mensch gebraucht, der das Ganze steuert. Schließlich setzte sich Aigner selbst in einen der High-Tech-Stühle. Dort ließ sie wie eine Dirigentin die Arme eines Roboters durch die Luft fahren.

© SZ vom 29.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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