Wirtschaft:Schluss mit Jammern

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Michael Padberg, Manfred Gößl, Katja Lindo, Thomas Vogl und Christoph Winkelkötter (von links) wollen Unternehmer motivieren, die Krise zu nutzen. (Foto: Nila Thiel)

Verbände und Unternehmen sprechen sich beim IHK-Empfang Mut zu, den Krisen und Herausforderungen mit neuen Ideen zu begegnen.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Mit Pandemie, Ukrainekrieg, hohen Energiepreisen und Lieferkettenproblemen folgt eine Krise auf die nächste. Auf dem IHK-Empfang am Dienstag im Pöckinger Beccult rief der Geschäftsführer der IHK Bayern, Manfred Gößl, die Unternehmer in der Region dazu auf, nicht zu jammern, sondern die Krise als Chance zu sehen. "Immer bewirkt eine Krise ein neues Denken", betonte er. Die Regionalvorsitzende Katja Lindo sprach zwar von einem "Krisen-Revival". Doch die Unternehmen könnten sich dem mutig entgegenstellen, sich selbst und der Politik vertrauen, sich gegenseitig stärken und den Schwächeren helfen. "Ich stelle mir eine Art Größenmut vor", erklärte sie unter dem Beifall der etwa 140 Gäste.

Gößl appellierte an die Unternehmer, die Krisen anzunehmen, sich gegen Einschläge zu wappnen und sich den Herausforderungen zu stellen. Denn für ihn ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Ein großes Problem sei der eklatante Fachkräftemangel. Er schätzt, dass in den kommenden 15 Jahren etwa 1,5 Millionen Fachkräfte fehlen werden. Es werde dann jeder vierte Mitarbeiter fehlen, prognostizierte Gößl. Dann könne es passieren, dass die Gastronomie nur noch von Donnerstag bis Sonntag offen habe und die Patienten im Krankenhaus von der Familie versorgt werden müssten, wie dies schon in einigen Nachbarländern der Fall sei. Das Problem kann Gößl zufolge durch die Zuwanderer alleine nicht gelöst werden. Es fehlten qualifizierte Arbeitskräfte, die seiner Erfahrung nach "gar nicht nach Deutschland kommen wollen". Als Grund nannte er die vielen Hürden, wie Bürokratie und Wohnungsmangel. "Dass alles so bleiben soll, wie es ist, geht nicht mehr", betonte Gößl. "Wir müssen unsere Probleme selbst lösen."

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Der größte Hebel, bei dem man ansetzen könne, sei der Ausbau der Kinderbetreuung, damit Frauen und Männer arbeiten könnten. Das habe oberste Priorität. Zwar haben die Kommunen seiner Meinung nach bereits viel geleistet, "der große Wurf" allerdings müsse erst noch gelingen. Eine weitere Forderung des IHK-Geschäftsführers war die Verbesserung der Energieversorgung. "Wir müssen radikal besser werden und schneller, schneller, schneller genehmigen." Bayern sei zwar schneller als andere Bundesländer, aber noch immer nicht schnell genug. Um bürokratische Hürden abzubauen, schlug Gößl vor, dass zwei Jahre lang keine neuen Regeln mehr aufgestellt werden. Anschließend sollte für jede neue Regel eine alte gestrichen werden.

Etwa 140 Gäste kommen zum IHK-Jahresempfang ins Beccult. (Foto: Nila Thiel)

Etwas Positives hatte Gößl dennoch zu vermelden: Die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen sei im Vergleich zum Vorjahr um erfreuliche sechs Prozent angestiegen. In Bayern gibt es laut Gößl 80 000 Auszubildende und 70 000 Studierende. Christoph Winkelkötter, Geschäftsführer der Wirtschaftsfördergesellschaft GWT, bestätigte, dass dieses Jahr so viele Bewerbungen eingegangen sind, wie noch nie. Seiner Erfahrung nach wandern jedoch viele Azubis nach München ab. "Und jeder, der nach München geht, ist für uns verloren." Das müsse verhindert werden, denn der Nachwuchs sei für die regionalen Unternehmen essenziell. Ein großes Plus ist seiner Meinung nach, dass Azubis, die in der Region blieben, dann bereits eine Wohnung hätten. Die Wohnungsfrage stellt sich aber laut Winkelkötter für die vielen junge Menschen aus Regionen nördlich der Donau, die sich hier bewerben. Abhilfe könnten nach dem Wunsch der Unternehmen sogenannte Azubi-WGs schaffen. Er habe bereits 170 entsprechende Anfragen, so Winkelkötter. "Da müssen wir besser werden."

Ein Motivationstrainer macht den Unternehmern Mut

Mit Blick auf die Energiekrise wies der Vorsitzende des Unternehmerverbandes, Michael Padberg, auf das "300-Dächer-Programm" hin. Für die örtlichen Unternehmen besteht seiner Meinung nach "ein Riesenpotenzial", wenn sie ihre Dächer für Photovoltaik nutzen. "Es rechnet sich", wenn die Unternehmen den eigenen Strom generieren und ihn selbst verbrauchen. "Denn sie brauchen den Strom, wenn die Sonne scheint."

Auf das IHK-Motto "nicht jammern, sondern die Krise als Chance sehen" stimmte auch der Motivations-Experte Rüdiger Böhm ein. "Erfolg braucht Emotion, die antreibt", erklärte er. Sie brauche Begeisterung, Leidenschaft und Chancen. Böhm sprach aus eigener Erfahrung. Als Sportstudent hatte er bei einem Unfall beide Beine verloren. So wie er seine Beine nicht mehr wieder bekomme, so gebe es immer Dinge im Leben, die man nicht beeinflussen könne. "Es wird nach der Energiekrise wieder eine Krise geben - das nennt man Leben." Jammern sei keine Lösung. "Wende Dich dem zu, was Du verändern kannst."

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