Schuleinstieg:Happy mit "Hippy"

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Fit für die Schule: Sabina Cebotari (li.) mit ihren Kindern Lavinia und Adisei, Projekt-Koordinatorin Eva Ueber-Möller (Mi.) und Lehrerin Seda Akdogan. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Landkreis Starnberg bietet speziell für die Kinder von Migranten ein Hilfsprogramm an. Einmal wöchentlich kommt eine sogenannte Hausmutter zu Besuch.

Von Hannah Szeck, Starnberg

Familie Cebotari stammt aus Moldawien. Gut sechs Monate lang lebt sie nun schon in einer Asylunterkunft, Starnberg ist ihre neue Heimat. Vielen Familien, die ebenso wie die Cebotaris nach Deutschland migriert oder geflohen sind, fällt die Integration nicht leicht: Das liegt unter anderem an der schwierigen deutschen Sprache und an der neuen Kultur, an die man sich erst gewöhnen muss. Da ist auch der Schuleinstieg der Kinder oft ein Problem. Seit vergangenem Herbst gibt es für die Cebotaris und andere migrierte Familien, die im Landkreis Starnberg leben, mit dem Förderprogramm "Hippy" Unterstützung bei der Vorbereitung auf die erste Klasse. Der Name steht für "Home Interaction for Parents and Preschool Youngsters", das Projekt ist für Familien mit Vorschulkindern im Alter von vier bis sechs Jahren gedacht, die nach Deutschland zugezogen sind.

Derzeit nehmen acht Kinder an dem Programm teil, sie kommen aus Afghanistan, Eritrea, Nigeria, Moldawien und der Türkei. Sogenannte Hausmütter besuchen wöchentlich die Familien, um den Kindern Vorschulfähigkeiten beizubringen. Dabei verwenden sie ein Übungsheft, das jeweils auf verschiedenen Kinderbüchern aufbaut. Hefte und Bücher sind komplett auf Deutsch, unklare Wörter übersetzen die Hausmüttern. Sie sprechen nämlich nicht nur Deutsch, sondern auch eine Sprache, die von den Familien verstanden wird. Zusätzlich gibt es verschiedene Utensilien zum Malen, Basteln und Formen, "um die Kinder schon einmal an das Schulmaterial zu gewöhnen", berichtet Daniela Herzog, die das Projekt verantwortet und beim Landratsamt Starnberg als Integrationsberaterin tätig ist. Mithilfe der Übungsaufgaben sollen die Heranwachsenden auch mit der deutschen Sprache vertraut werden.

Sechs Sprach- und Kulturmittlerinnen konnte das Landratsamt für "Hippy" als Hausmütter gewinnen. "Die Hausbesuche werden von Frauen getätigt", berichtet Herzog. "Sie kommen aus ähnlichen Kulturkreisen wie die Familien." Einmal pro Woche bekommt auch Familie Cebotari von einer Hausmutter Besuch: Seda Akdogan stammt aus der Türkei, sie und die Cebotaris verständigen sich auf Russisch. Dem fünfjährigen Adisei erklärt Akdogan jede Woche gemeinsam mit seinen Eltern die Aufgaben aus einem der Heftchen. Weil sie Deutsch spricht und versteht, kann sie unbekannte Wörter auf Russisch übersetzen. Mit geometrischen Figuren, Malstiften, Bastelkleber und Wasserfarben, die durch das Förderprogramm gestellt werden, soll Adisei dann innerhalb von zwei bis drei Wochen nach dem Hausbesuch die Übungen aus dem Heft gemeinsam mit seinen Eltern machen. "So lernen die Kinder beispielsweise, wie man einen Stift gerade hält oder gerade Linien auf ein Blatt Papier zeichnet", erzählt Eva Ueber-Möller, die das Projekt koordiniert und als Deutschlehrerin einen Alphabetisierungskurs in Percha unterrichtet.

Die Hefte sollen Adisei außerdem darin bestärken, seine eigenen Gefühle wahrzunehmen. Eines der Kinderbücher trägt den Titel "Ich", geschrieben und illustriert hat es der Autor Philip Waechter. "Über Gefühle sprechen" nennt sich eines der Buchkapitel - es zeigt einen Braunbären, der sein Spiegelbild betrachtet und zu sich selbst die Worte "Ich bin schön" sagt. Angelehnt an diese Illustration fordert eine Aufgabe aus dem Übungsheft beispielsweise die Eltern dazu auf, Adisei zu sagen, was sie an ihm besonders toll finden.

Bei den Besuchen spielt Akdogan mit Adiseis Mutter auch typische Szenen des Familienalltags durch, um die Beziehung zwischen den Eltern, dem Jungen und seinen drei Geschwistern zu stärken. Der Mutter soll dabei den richtigen Umgang mit ihren Kindern lernen, wenn die Kleinen bockig oder überfordert sind. Das Rollenspiel erfolgt zwischen den Hausbesucherinnen und den Müttern, weil diese Herzog zufolge "zumeist die erste Bezugsperson der Kinder sind". Adisei, für den es bisher noch keinen freien Kindergartenplatz in der Umgebung gibt, freue sich immer sehr über Akdogans Besuche, so Ueber-Möller. Schließlich gehöre die Hausmutter für Familie Cebotari zu den wenigen Ansprechpartnern in Deutschland.

Der Verein "Impuls Stiftung Deutschland" hat "Hippy" ins Leben gerufen. Neben Starnberg gab es Ende 2021 deutschlandweit 45 Standorte, an denen das Förderprogramm angeboten wurde. Das Material für die Vorschulkinder stellt die Stiftung bereit, finanziert wird das Projekt im Landkreis durch einen anonymen Stifter. Mindestens zwei Jahre lang soll "Hippy" in Starnberg noch laufen. Laut der Projektverantwortlichen Daniela Herzog plant man nun auch noch Gruppentreffen und Ausflüge mit den Familien für den kommenden Sommer, "damit sich vor allem die Mütter untereinander vernetzen und austauschen können".

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