Herrsching:Carlas Kaffeehaus schließt zum Jahresende

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Carola Maler schließt nach 41 Jahren "Carlas Kaffeehaus" in der Herrschinger Seestraße. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Carola Maler hat aus dem Bäckerladen ihrer Eltern ein beliebtes Café im Wiener Stil gemacht. Nun geht sie nach 41 Jahren in den Ruhestand, einen Nachfolger gibt es bislang nicht.

Von Tim Graser, Herrsching

Noch steht sie lächelnd hinter der Theke, doch vom 1. Januar an ist Schluss für Carola Maler. Dann verabschiedet sich die Inhaberin von "Carlas Kaffeehaus" nach 41 Jahren in den Ruhestand. Mangels Nachfolger schließt deswegen auch ihr Kaffee- und Tortentempel in der Herrschinger Seestraße. Für viele galt das Café bis zuletzt als Institution.

Die Geschichte von Carlas Kaffeehaus beginnt 1982: Carola Maler kommt in diesem Jahr als junge Frau zurück nach Herrsching. Mit zwei Freundinnen ist sie nach ihrer Lehre zur Hotelfachfrau nach Frankreich gezogen, will die Welt erkunden, arbeitet in Paris, an der Côte d'Azur und auf Korsika, lernt Französisch und Klavierspielen. Doch nachdem der Pächter in der Bäckerei ihrer Eltern in der Herrschinger Seestraße den Laden nach einem Arbeitsunfall nicht mehr betreiben kann, kehrt die 24-Jährige zurück, um den Laden ihrer Eltern vorübergehend zu übernehmen. Zu dieser Zeit heißt das Geschäft noch "Göppels Brotladen". Dass aus "vorübergehend" 41 Jahre werden würden, hätte sich die junge Frau von damals nicht träumen lassen.

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Mit ihr bekommt der Brotladen einen neuen Anstrich. Zuerst kommen Kaffeemaschine und Bistrotische hinzu, neben Brot verkauft sie nun auch Gebäck. Seit 2008 benennt sie den "Göppels Brotladen" in "Carlas Kaffeehaus" um. Um sich den immer weiter steigenden Ansprüchen ihrer Kunden anzupassen, baut Carola Maler regelmäßig um, zuletzt 2019. Die hintere Stube des Hauses wird für den Laden erschlossen. Und der einstige Brotladen verwandelt sich im Laufe der Jahre ein gemütliches Café im Stil der Wiener Kaffeehäuser - inklusive Meinl-Kaffee, Mozart-Melange, weißen Wandleuchtern und einer so großen Auswahl an Torten und Kuchen, dass sich Maler damit auch in Wien hätte sehen lassen können. Bei den Herrschingern kommt das gut an.

Aus dem Brotladen wird ein Café: Es gibt Kuchen und Torten... (Foto: Franz Xaver Fuchs)
...und Gebäck. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Die hintere Stube richtet die Chefin gemütlich im Wiener Stil ein. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dass jetzt zum Jahresende Schluss ist, kommt jedoch nicht überraschend. "Der Grund dafür ist mein Alter", sagt die 65-Jährige. Seit fünf Jahren sucht sie nach einem geeigneten Nachfolger, doch bis jetzt war kein passender Bewerber dabei. Natürlich gebe es Angebote, aber "einen Vietnamesen oder einen Inder" kann sich Maler in der Seestraße nicht wirklich vorstellen. Das passe nicht zur Kaffeehaus-Atmosphäre, sagt sie.

Die Hoffnung, Malers Sohn Daniel Stahl, der in Pöcking die Konditorei "Himmlisch Süß" betreibt, könne das Geschäft übernehmen, muss Maler zerstreuen: "Der sagt zu mir: Mama, ich hab' ja hier schon 16 Leute, ich komm' ja ins Irrenhaus, wenn ich deinen Laden auch noch übernehme." Stahl selbst ist also mit seiner Konditorei in Pöcking ausgelastet. Die Verbindung zum Herrschinger Kaffeehaus wäre aber da: Seit 2019 liefert er die Kuchen und Torten für das Café seiner Mutter.

Mitarbeiterin Sabrina Werner an der Verkaufstheke. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auf ihr Arbeitsleben blickt Carola Maler mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück. Da seien zum einen die vielen Erinnerungen, von prominenten Stammkunden wie den Kessler-Zwillingen oder Thomas Gottschalk, der in seiner Zeit in Inning gerne auf einen Kaffee oder ein Stück Kuchen vorbeigekommen sei. Sie erinnert sich an die Seestraße, "die noch nicht geteert war, als wir Kinder waren". Und natürlich an den vielen Herrschinger Klatsch und Tratsch, den man hinter der Theke eines Bäckerladens so hört. "Man bekommt eigentlich alles mit", sagt Maler lächelnd - beim morgendlichen Bäckerbesuch seien die Menschen bekanntlich besonders gesprächig. "Es hat großen Spaß gemacht, das Geschäft zu führen", so Maler.

Doch ihr Beruf habe auch Schattenseiten: "Selbst und ständig", heißt es so schön. Für die gelernte Hotelfachfrau trifft das zu. 41 Jahre lang leitet sie das Geschäft. Zwölf-Stunden-Tage seien die Norm gewesen. Urlaub? Selten, sagt Maler. Vor allem die vergangenen Jahre seien mühsam gewesen.

Schokoladen-Fans kommen auch auf ihre Kosten. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Einen Nachfolger für ihr Café hat Maler nicht finden können. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Zum Jahresende ist Schluss. Bis dahin werden noch süße Glücksbringer verkauft. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Kompetentes und engagiertes Personal zu finden, werde immer schwieriger, Corona habe die Lage noch verschlimmert. Bei Hochzeiten habe sie vier bis fünf Mitarbeiterinnen beschäftigt. Zuletzt sei sie jedoch froh gewesen um die zwei Frauen, die sich noch mit ihr in den Laden stellten. "Wenn ich jetzt nicht aufhöre, stehe ich hier eines Tages mit dem Rollator hinter der Verkaufstheke", begründet Maler ihre Entscheidung zum Ladenschluss.

Ohne Nachfolger bleibt das Café in der Seestraße fürs Erste leer, bis zum 31. Dezember veranstaltet Maler noch einen Räumungsverkauf, an Silvester dann werden die Schlüssel für das vorerst letzte Mal umgedreht.

Für Herrsching bedeutet das einen Einschnitt. Vor allem unter Senioren galt "Carlas Kaffeehaus" als beliebter Treffpunkt. "Es bricht schon was weg jetzt in Herrsching, absolut", sagt Mia Schmidt, Vorsitzende des Herrschinger Seniorenbeirats. "Vor allem die älteren Damen sind schon sehr gerne hingegangen. Ich kenne etliche Leute, die sich da morgens gerne auf einen Kaffee verabredet haben." In Herrsching gebe es keine vergleichbare Café-Adresse, "wo man sich gerne länger aufhält, auch mal den Mantel auszieht und an den Hacken hängt, um dann gemütlich zusammenzusitzen", so Schmidt. "Das geht jetzt leider verloren."

Auch Glücksschweine und Pilze aus Marzipan gibt es noch bis Silvester. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Genauso groß, wie die Hoffnung, dass sich in Zukunft doch noch ein Nachfolger findet, der das beliebte Kaffeehauskonzept fortsetzt, ist das Verständnis für den kommenden Ruhestand: "Jeder geht mal in Rente, und Frau Maler war wirklich unglaublich fleißig. Ich kann ihr nur wünschen, dass es für die Zukunft eine Lösung geben wird", so Schmidt.

Carola Maler indes hat vom 1. Januar an viel Zeit, an die sie sich erst einmal gewöhnen muss. Vor dem 15. Januar will sie deswegen nicht weiter über eine Nachfolge nachdenken. Ihr Plan für den Ruhestand: "Erst einmal leben lernen."

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