Kommunaler Haushalt:Pöcking muss das Sparen lernen

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Früher reich, jetzt sparsam: Auch Pöcking muss sich Ausgaben sehr genau überlegen. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Früher war die Gemeinde einmal reich, jetzt droht sogar eine satte Gewerbesteuerrückzahlung. Und die könnte auch die anderen Kommunen im Landkreis Starnberg teuer zu stehen kommen.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Jetzt ist auch in Pöcking das Geld knapp. Die Gemeinde muss dieses Jahr 4,8 Millionen Euro aus den Rücklagen entnehmen, um einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren zu können. Damit befindet sich Pöcking zwar in guter Gesellschaft. Denn nach Angaben von Bürgermeister Rainer Schnitzler können elf der 14 Kommunen im Landkreis Starnberg keinen ausgeglichenen Verwaltungshaushalt vorlegen. Allerdings ist die ehemals reichste Gemeinde in der Region finanziell verwöhnt und konnte bislang regelmäßig Überschüsse in die Rücklagen verschieben. "Die Gemeinde muss sparen lernen, jetzt intensiver als früher", sagte Schnitzler im Rahmen der Haushaltsberatungen am Montag.

Ein weiteres Problem ist, dass der Gemeinde eine Gewerbesteuerrückzahlung in Höhe von 16 Millionen Euro droht, das Gericht aber die Entscheidung bereits seit zehn Jahren vor sich herschiebt. Daher sind die Erstattungszinsen bereits auf 14,4 Millionen Euro angewachsen, sodass derzeit 30 Millionen auf einem Sonderkonto liegen, über die Pöcking nicht verfügen kann. Sollte der Betrag dieses Jahr fällig werden, müsste Pöcking im Jahr 2027 keine Kreisumlage zahlen, die dieses Jahr immerhin bei knapp 8,9 Millionen Euro liegt.

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Diese Summe müsste dann von den Landkreisgemeinden ausgeglichen werden, was eine Erhöhung des Kreisumlagesatzes zur Folge hätte. "Wir wünschen uns alle, dass wir endlich wissen, wie es weitergeht", sagte Kämmerer Michael Schmid, der bereits im Herbst in den Ruhestand verabschiedet worden ist. Nun ist er wieder eingesprungen, da seine Nachfolgerin unerwartet gekündigt hat. Bis sich auch die neue Kämmerer-Frage klärt, wird Schmid sein altes Amt kommissarisch wieder übernehmen. Für Pöcking ist das ein Glücksfall, denn Schmid hatte in den vergangenen Jahren gelernt, mit den Millionen zu jonglieren, die in früheren Jahren an Gewerbesteuer gesprudelt sind.

Doch diese Einkünfte werden von Jahr zu Jahr weniger. Sie sind von zehn Millionen im Jahr 2023 auf nunmehr fünf Millionen Euro gesunken. Erstmals liegt der Einkommensteuer-Anteil mit 5,1 Millionen Euro über den Gewerbesteuereinnahmen. Daher gab es im Gemeinderat durchaus Stimmen, über den sehr niedrigen Gewerbesteuersatz von 240 Punkten nachzudenken. Eine Erhöhung von zehn Punkten hielt Albert Luppart (PWG) für vertretbar, ohne dass Gewerbe abwandern würde. Schnitzler indes wollte nicht am aktuellen Steuersatz rütteln. Allerdings hofft er darauf, dass die Regierung den Anteil an der Einkommensteuer für die Kommunen erhöht. Derzeit sind sie bei Ehepaaren auf 70 000 Euro gedeckelt, so dass die Gemeinde laut Schnitzler nichts von den einkommensstarken Vorständen habe, die in Pöcking leben. Auch die Grundsteuer in Höhe von 330 Punkten muss seiner Meinung nach neu kalkuliert werden, sobald die geplante Reform greift.

Pöckings Bürgermeister Rainer Schnitzler will nicht am Gewerbesteuersatz rütteln. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Mit Blick auf die hohen Defizite bei Hallenbad (mehr als 400 000 Euro), Beccult (540 000 Euro), Kindergärten (knapp eine Million), Horten (rund 500 000 Euro) wurde jeder Kostenfaktor auf den Prüfstand gestellt. Hier sollen neue Gebührenkonzepte erarbeitet werden. Kostendeckend könnten die Gebühren nie sein, so Schnitzler, da dies für die Bürger eine unverhältnismäßig hohe Belastung wäre.

Schulbus vom Lindenberg wird gestrichen

Stattdessen wird an den Ausgaben für Grunderwerb gespart. Sie werden von 2,4 Millionen auf nunmehr 470 000 Euro heruntergefahren. Die Mieten der gemeindeeigenen Wohnungen werden ebenfalls erhöht. Die Zuschüsse für Vereine oder die Bücherei wurden gekürzt und der Schulbus vom Lindenberg ganz gestrichen. Das Energiesparprogramm wurde ebenfalls von bislang 52 000 Euro auf null gesetzt. Sogar beim Personal wird gespart, im Jugendtreff wurde eine Kürzung von 0,25 Prozent beschlossen und auch im Rathaus soll es zwei Mitarbeiter weniger geben.

Ingenieurleistungen sollen nach Möglichkeit selbst übernommen werden. Zurück gestellt wurden die Sparmaßnahmen für das Museum, da die Verhandlungen derzeit noch laufen. Der Haushalt wurde nach vierstündiger Debatte abgesegnet, allerdings soll über weitere Sparkonzepte in der Hauptausschusssitzung kommende Woche entschieden werden.

Sorge macht dem Rathauschef, dass die Einkommenssituation in den kommenden Jahren nicht besser werden wird, da die Ausgaben auf ein Rekordniveau gestiegen sind. Und das liege zum Großteil daran, so Schnitzler, dass der Staat ständig neue Aufgaben an die Gemeinden delegiere, die Kommunen aber häufig auf den Kosten sitzen blieben.

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