Geschichte am Starnberger See:Das Rätsel von Possenhofen

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Auch die Geschichte des Schlosses gehört zum Inhalt des Buches. (Foto: Nila Thiel)

Die Historikerin Gertrud Rank und die Leiterin des Kaiserin-Elisabeth-Museums, Rosemarie Mann-Stein, haben mit der Gemeinde Pöcking ein Buch über die Geschichte des Ortsteils herausgegeben. Unter anderem geht es darin um ein übermaltes Madonnen-Bild.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Der Pöckinger Ortsteil Possenhofen hat eine wechselvolle Geschichte. Sie ist geprägt vom Schloss Possenhofen, in dem die österreichische Kaiserin Elisabeth ihre Jugendjahre verbracht hat, sowie von dem kleinen Fischerdorf mit der Fischermeisterkapelle "Zu unserer Lieben Frau im Riedt" (jetzt Fischerkapelle) und dem heutigen Gasthof Schauer. Nun haben die promovierte Historikerin Gertrud Rank und die Leiterin des Kaiserin-Elisabeth-Museums, Rosemarie Mann-Stein, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Pöcking ein Buch über die Geschichte des Ortsteils herausgebracht. Ursprünglich war nur ein Heftchen geplant, das als Infobroschüre im Museum angeboten werden sollte. Letztlich ist aber so viel Material zusammengekommen, dass unter dem Titel "Possenhofen - Die Geschichte eines Pöckinger Kleinods" ein 90 Seiten umfassendes Werk mit 65 Bildern entstand, das die Verfasserinnen jetzt mit Bürgermeister Rainer Schnitzler und dem Kulturreferenten Albert Luppart vorstellten.

Das Buch entstand in ehrenamtlicher Arbeit. Die Gemeinde musste nur Druckkosten übernehmen - und hat auch den Sondertransport des Altarbildes aus der Fischerkapelle nach Stuttgart bezahlt. Das Altarbild, das Rank als ihr "Lieblingsobjekt" bezeichnet, wird derzeit nämlich in der Universität Stuttgart untersucht. Das Gemälde, das die Muttergottes mit dem Jesuskind darstellt, ist um 1600 entstanden, wurde aber 1841 übermalt. Laut Rank wird das Original dem Münchener Hofmaler Peter Candid zugeschrieben, weil auf der Rückseite des Bildes die Signatur "Peter Candito: pinx anno 1578" angebracht ist.

Rosemarie Mann-Stein (links) und Gertrud Rank mit Bürgermeister Rainer Schnitzler und Kulturreferent Albert Luppart. (Foto: Arlet Ulfers)

Auf einer Röntgenaufnahme sei klar zu erkennen, dass sich unter der Malschicht von 1841 ein in der Komposition sehr ähnliches Bild befinde, so Rank. Der Faltenwurf auf dem Original sei jedoch wesentlich feiner und differenzierter ausgearbeitet.

Zwar ist sich die Historikerin sicher, dass man "nie beweisen" könne, ob das übermalte Bild tatsächlich von Peter Candid stammt. Denn es werde für immer unter der Übermalung verborgen bleiben. Durch die wissenschaftliche Untersuchung jedoch könnte "die Indizienkette geschlossen" werden, so Rank. Das Altarbild gehört dem Verein zur Erhaltung der Fischerkapelle. Da die Untersuchungen wegen Corona gestoppt sind, wurde eine Kopie des Gemäldes erstellt. Die Nachbildung soll die Lücke an der Wand füllen, bis das Original wieder zur Verfügung steht.

In dem Buch gehen die beiden Frauen der Geschichte eines übermalten Altarbildes nach. (Foto: Franz X. Fuchs)

Viel Raum in dem Buch wird auch dem Schloss und seinen Umbauten sowie der wechselvollen Geschichte der Schlosskapelle gewidmet. Um diese Thematik gab es im Vorfeld der Buchpräsentation einige Irritationen. So sind beispielsweise die Fotos mit der Innenansicht der Kapelle auf Seite 47 überklebt und mit dem Hinweis versehen: "Bedauerlicherweise wurde die Abbildungsgenehmigung (...) nach Drucklegung zurückgezogen". Die überklebten Bilder stammen aus Privatbesitz. Der Eigentümer, der nicht genannt werden will, sagte zur SZ, es habe nie eine Genehmigung zur Veröffentlichung gegeben. Er sei nie gefragt worden und habe daher auch nichts zurückziehen können. In dem Buch wird außerdem beschrieben, dass die Schlosskapelle 2009 aufgrund einer Initiative des damaligen Pfarrers entweiht worden sei. Tatsächlich hatte sich aber Schlossmiteigentümer Karl Georg Stork damals dafür eingesetzt.

Rank wies bei der Vorstellung darauf hin, dass sich im Buch Fehler eingeschlichen haben könnten, und bittet um Hinweise. Umgekehrt hat auch sie bei ihren Recherchen zur Schlossgeschichte Fehler entdeckt. In dem Buch legt die Historikerin ihre Zweifel etwa zum Entstehungsjahr des Kalvarienbergs 1648 dar. "Man sollte solche Jahreszahlen zur Kenntnis nehmen, aber mit der nötigen Vorsicht", sagt sie. Auch der These, wonach Daniel Ohlmüller Architekt der Schlosskapelle war, widerspricht sie. Im Buch begründet Rank, dass ihrer Meinung nach der Architekt Eduard von Riedel die spätere Aufstockung des Hufeisenbaus mit Vergrößerung der Schlosskapelle vorgenommen hat und nicht Ohlmüller. Das Buch kann derzeit auf Anfrage im Rathaus unter Telefon 08157/93060 erworben werden oder im Museum unter 08157/925932.

© SZ vom 30.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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