Gauting:Zapfenwerfen und Blätterangeln

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Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten informiert bei den Walderlebnistagen mithilfe eines Spieleparcours an drei Tagen 800 Drittklässler über Baumarten, Käfer und Holznutzung.

Von Carolin Fries, Gauting

Welche Maus im Wald kann fliegen, welche Zapfen liegen nie am Boden und auf welcher Höhe ist das auf einer Höhe von 1,50 Meter in die Rinde geritzte Herz an einem Baum zehn Jahre später zu sehen? Diesen Fragen sahen sich am Montagvormittag neun dritte Klassen aus dem Landkreis Starnberg bei den diesjährigen Walderlebnisspielen des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) ausgesetzt. "Jedes Kind sollte einmal in seiner Schullaufbahn mit einem Förster in den Wald kommen", erklärte AELF-Abteilungsleiter Stephan Gampe die Aktion, womit die Behörde seit 2012 ihrem Bildungsauftrag nachkäme.

Annika und Anna aus der 3d der Gilchinger Arnoldus-Grundschule stapeln Baumscheiben. (Foto: Georgine Treybal)

Die Kinder genossen es sehr, mit dem Bus in den Gemeindewald bei Buchendorf gebracht zu werden, anstatt in die Schule zu gehen. Die AELF-Mitarbeiter hatten in aller Frühe einen Parcours aufgebaut, den es unter der Anleitung sogenannter Waldpaten des AELF zu absolvieren galt. "Ich will kein Lehrmeister sein", sagte Martin Kainz, der die Schüler der Klasse 3d der Arnoldus-Grundschule aus Gilching Baumscheiben sortieren und stapeln ließ. Spielerisch ließe sich das Wissen um die Baumarten, Tiere, Bewirtschaftung und Holznutzung viel leichter vermitteln. Also stoppt Kainz die Zeit, die Annika und Anna brauchen, um ihre 21 Birken-Scheiben zusammenzusuchen und feuert anschließend deren Mitschüler an, die es etwas schwerer haben, die Rinde von Buche, Eiche und Fichte auseinanderzuhalten. Klassenlehrerin Felicitas Niggl ist stolz: "Ich bin überrascht, wie viel sie noch wissen." Der Wald steht im Lehrplan für die dritten Klassen, meist dominiert das Thema den ganzen Herbst über den HSU-Unterricht.

Die Zapfen werden in eien Topf geworfen. (Foto: Georgine Treybal)

Weiter geht es zum Blätterangeln, Zapfenwerfen und Sterschlichten. Auf den Wegen zu den Stationen müssen die Kinder Bilder suchen, die im Wald versteckt sind und an Ratestationen Fragen zum Baum des Jahres - der Esskastanie - oder dem Borkenkäfer beantworten. Dass diese kleinen Tiere, welche die Waldpaten in einer Becherlupe durch die Kinderhände kreisen lassen, so großen Schaden anrichten können, ist schwer vorstellbar. Felix aus der Klasse 3b der Gilchinger Arnoldus-Grundschule will sie auch nicht nur verteufeln. "Die machen so schöne Muster in die Rinde", sagt er.

Förster Luitpold Schneider fragt als Waldpate seine Klasse nach Tieren und Baumarten. (Foto: Georgine Treybal)

Stephan Gampe hat festgestellt, dass es immer mehr "urbane Kinder" gibt, die den Wald eher digital als Hintergrundbild eines Handyspiels erleben denn real. Kinder aus ländlich geprägten Regionen wüssten in der regel besser bescheid über den Lebensraum Wald. Luitpold Schneider, Bildungsbeauftragter des AELF und Revierleiter in Andechs, kann dem nicht zustimmen. "Ich erkenne da keinen Unterschied", sagt er. Seine eineinhalb Jahre alte Dackelhündin Nelly scheint bei den Kindern in etwa dreimal so begehrt zu sein, wie der geschnitzte Holzpokal, den es für die beste Klasse bei den Walderlebnisspielen zu gewinnen gibt. Apropos Schnitzkunst: Franz Jäger, der übergangsweise das Gautinger Revier leitet, hat mit der Motorsäge einige Kunstwerke am Wegrand geschaffen, die den Rundgang aufwerten.

Einige Drittklässler angeln Blätter. (Foto: Georgine Treybal)

Auch wenn nicht alle Drittklässler an der letzten Station bei Margit Kinscher wissen, dass die Abwurfstange des Rehbocks umgangssprachlich "Krickerl" genannt wird und man den Eichelhäher an seiner seitlichen blauen Musterung erkennt: Sie fühlen sich wohl im Wald. "Da gibt es nicht so viel Stress", sagt Laura, "hier fühle ich mich frei", meint Johanna und Julia findet "die Ruhe am schönsten. Und die Luft." Ein paar Jungs haben sich Wurzeln gesucht, die sie mit nach Hause nehmen wollen, stolz schwenken sie ihre Trophäen.

Luitpold Schneider würde sich wünschen, dass der Wald angesichts dieser Wertschätzung häufiger bewusst von den Kindern erlebt wird. "Das steht und fällt alleine mit dem Elternhaus", sagt er. Noch bis Mittwoch wird es an Kindern im Wald nicht mangeln. Insgesamt 800 Grundschüler haben sich für die Walderlebnisspiele angemeldet.

© SZ vom 19.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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