Gauting:Vorsichtiges Zurückrudern bei der alten Villa am Krapfberg

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Einige Fenster der Villa sind mit Brettern verschlossen, nachdem Scheiben eingeschlagen wurden. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Gemeinderäte wollen das Haus besichtigen. SPD und Grüne suchen einen Retter für die Immobilie. Und die Bürgermeisterin behauptet, dass von Abriss keine Rede war.

Von Michael Berzl, Gauting

In prominenter Lage am Hang oberhalb des Gautinger Rathauses trohnt das alte Haus mit Türmchen und Holzbalustraden. Die Immobilie am Krapfberg, die seit vier Jahrzehnten der Gemeinde gehört, blieb lange unbeachtet - und zuletzt auch ziemlich ungepflegt. Nun ist der Dornröschenschlaf vorbei. Der mögliche Abriss der 90 Jahre alten Villa hat eine neue Debatte über das Gautinger Ortsbild entfacht. Die neueste Idee aus den Reihen von SPD und Grünen: Ein Liebhaber soll das Häuschen vor dem Abriss retten. Doch erst einmal wollen sich die Gemeinderäte die Problem-Immobilie genauer anschauen.

"Liebhaber*in gesucht!", lautet die Überschrift auf einem Flugblatt der SPD, das der Ortsverein in einer Auflage von 8000 Stück verteilt hat. Mit Gender-Sternchen und Rufezeichen. "Dieses ortsbildprägende Haus am Krapfberg 5 könnte mit Sicherheit für Gauting gerettet werden", heißt es darin. Wenn an der Stelle ein neun Meter hoher "Klotz" mit Flachdach und acht Garagenplätzen errichtet würde, dann würde das den Charakter des Ortes unwiederbringlich zerstören, befürchtet Fraktionssprecher Eberhard Brucker.

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Seit Jahren hält die Gemeinde das Haus nicht mehr instand, das manche Räte vor dem Abriss bewahren wollen. Nun wurden auch noch Fenster und Türen eingeschlagen.

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Als Beispiele für gelungene Gebäuderettungen in der Vergangenheit nennt die SPD den Wasserturm in Buchendorf, den Gasthof Zum Bären und die Remise im Schlosspark in Gauting sowie das alte Schulhaus in Stockdorf. "Durch großes Bürgerengagement" seien sie "neu belebt" und "Anker für eine Gautinger Identität." Nun also die Villa am Krapfberg. Nach den Vorstellungen der SPD ließe sie sich zur perfekten Adresse zum Wohnen und Arbeiten machen und könnte per Erbpacht vergeben werden. Für den Erhalt setzen sich nach seinen Worten mittlerweile auch die früheren Bürgermeister Ekkehard Knobloch und Brigitte Servatius ein, nachdem sich Kreisheimatpfleger Gerhard Schober gegen einen Abriss ausgesprochen hatte.

Das Motiv des Retters mit Faible für alte Bausubstanz taucht auch in einem Antrag der Grünen auf. Sie wollen die Rathausverwaltung damit beauftragen, die Villa am Krapfberg, als "Liebhaberobjekt" anzubieten, um es zu verpachten. Verkauft werden sollten lieber andere Flächen, meint Fraktionssprecher Heinrich Moser. Im Vermögenshaushalt sind für den Verkauf der Immobilie am Krapfberg Einnahmen in Höhe von 1,5 Millionen Euro veranschlagt. Bis zum Mai solle der Bauausschuss Vorschläge sammeln, was da zur Gegenfinanzierung möglicher Defizite in Frage käme. Außerdem wollen die Grünen die Entwicklung im Umfeld des Rathauses und des angrenzenden Hangs per Bauleitplanung steuern.

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Vor 15 Jahren hatte der Gemeinderat noch einstimmig den Verkauf des Grundstücks am Krapfberg beschlossen. Einen Vorbescheidsantrag für ein neues Wohnhaus billigte der Gemeinderat im Januar dieses Jahres mit großer Mehrheit; nur Brucker und Susanne Köhler (Grüne) stimmten dagegen.

Vom Zustand der Villa, über die seit Wochen so engagiert diskutiert wird, wollen sich die Gautinger Kommunalpolitiker nun selbst einen Eindruck verschaffen. Einstimmig hat sich der Bauausschuss am Dienstag für eine Ortsbesichtigung unter sachkundiger Führung ausgesprochen und ist damit einem Antrag der Fraktion "Miteinander-Füreinander 82131" gefolgt. Über die Bebauung des Grundstücks werde im Ort mittlerweile sehr emotional diskutiert, sagte Mifü-Gemeinderat und Vize-Bürgermeister Jürgen Sklarek; umso wichtiger sei es, das Objekt selbst anzusehen und dabei einen Sachverständigen hinzuzuziehen, "damit wir objektive Entscheidungen treffen können".

Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU) sagte in der Debatte im Ausschuss, dass "von der Gemeinde das Wort Abriss nicht in den Mund genommen wurde". Da werde "Stimmung gemacht". Im Haushalt für dieses Jahr findet sich jedoch an der entsprechenden Stelle der Vermerk "Abbruch geplant". Für den Unterhalt des Gebäudes und des Grundstücks am Krapfberg sind heuer und in den kommenden Jahren null Euro eingestellt.

© SZ vom 25.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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