Kurzkritik:Entspannte Angelegenheit

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Die Bublath-Band mit Jazz der Oberklasse im Bosco

Von Reinhard Palmer, Gauting

Der Pianist, Keyboarder, Hammond-Organist und Komponist Matthias Bublath hat seinen Nachwuchskünstlerstatus spätestens in den sieben Jahren als freischaffender Jazzmusiker in New York City gründlich abgeschüttelt. Trotzdem: Sich seiner musikalischen Wurzeln zu besinnen, ist immer wieder spannend. Nicht zuletzt als eine Art Zwischenbilanz, um sich über die eigene Positionierung bewusst zu werden. Bublath tut dies mit einem Album, das einen Hauch von Nostalgie mit Blues, Boogie-Woogie und Latin nicht scheut, aber auch mit mächtig viel PS anheizen kann. "Eight Cylinder" heißt die Scheibe, auf deren Cover ein beeindruckender Achtzylinder-V-Motor prangt. Diese schnurrende Kraftmaschine vom Typus her wohl aus den 1930-er Jahren ist durchaus mit der Band zu vergleichen, die Bublath mächtig stolz im fast ausverkauften Gautinger Bosco präsentierte. Damit der Motor auch zuverlässig Kraft liefert, besteht die zweiköpfige Rhythmusgruppe aus Doldingers Passport-Musikern der S-Klasse. Perfektes Timing lieferte Christian Lettner. Patrick Scales am E-Bass brachte rhythmische Klarheit und auch viel Inspiration für seine Mitspieler. Mal gnadenlos motorisch mit Bebop-Drive, mal lässig swingend, oder auch wunderbar plastisch in wohliger Atmosphäre. Die funky Soloeinlage dieses Zauberkünstlers der Spieltechniken machte allerdings deutlich, dass es hier ansonsten noch nicht um die Formel 1 ging. Doch was die drei Frontmänner hier ablieferten, war zumindest von der Energie und vom virtuosen Spielvermögen her absolut aufstiegsverdächtig.

Zum Powerplayer entwickelte sich immer wieder der ungarische Tenorsaxophonist Gábor Bolla. Mit großer Leidenschaft und bisweilen temperamentvoller Wildheit durchbrach er immer wieder die Grenze zur avantgardistischen Stilistik, bisweilen zum Rock. Auch der aus New York stammende Vibraphonist Tim Collins begeisterte mit packenden Soli von dichter Intensität. Bublath fand jedenfalls beste Partner für dialogisierende Arbeit, die immer wieder für überaus sinnenfreudige Wirkungen sorgte. Die instrumentale Konstellation sorgte an sich schon für reiches Klangkolorit. Und gab auch die Möglichkeit an die Hand, von der Charakteristik her recht weit zu streuen. Bebop mischte sich immer wieder darunter, doch grundsätzlich ist "Eight Cylinder" eher eine entspannte Angelegenheit. Wunderbar heiter zudem, wenn sich wie in "Boje Latin" karibisches Flair mit strahlendem Piano-Part breit machte. Eine weltmusikalische Komponente brachte immer wieder auch imaginative Erzählungen ins Spiel, so im südafrikanisch grundierten "Abdullah" mit hymnischer Melodik.

Ovationen und ein hitziger Rausschmeißer als Zugabe.

© SZ vom 27.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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