Gastronomie:Wirte in der Zwickmühle

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Das Auge isst mit. Nach der Mehrwertsteuererhöhung überlegen es sich viele aber zweimal, was sie für ein Essen in einem guten Restaurant zahlen wollen. (Foto: Arlet Ulfers)

Nach der Mehrwertsteuererhöhung auf 19 Prozent herrscht in vielen Lokalen im Landkreis Unsicherheit: Die Inhaber wollen ihre Gäste nicht verprellen, müssen aber trotzdem über Neukalkulationen nachdenken.

Von Astrid Becker und Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Bis zuletzt hatten die Gastronomen gehofft, dass der vergünstigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen bleibt. Doch die Regierung blieb hart, seit dem 1. Januar gelten nun wieder 19 Prozent. Die Wirte im Landkreis gehen ganz unterschiedlich damit um, die Konsequenzen sind für sie noch nicht absehbar.

Manche Gastwirte ließen die Preise vorerst unverändert. Sie wollen erst einmal abwarten. "Wir sind noch in der Findungsphase", erklärt etwa Fabian Peters, Leiter des Restaurants "Oliv's" im Starnberger Hotel Vier Jahreszeiten. Das Restaurant wird zu 70 Prozent von Hotelgästen frequentiert. Daher habe man entschieden, die Speisen mit den Zimmerpreisen zu koppeln. Damit kann nach seinen Angaben die Mehrwertsteuererhöhung abgefedert werden, die Preise bleiben. Allerdings müsse neu kalkuliert werden, so Peters, falls die Lieferanten ihre Preise erhöhen.

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Frank Kunzlmann vom Starnberger "Strandhouse" ärgert sich, dass in den Nachbarländern die Steuern auf Speisen und Getränke geringer sind. Nach seinen Erfahrungen konnte in der Gastronomie bislang ohnehin nur ein Gewinn von etwa acht bis zehn Prozent erzielt werden. Der Job sei schwer genug, sagt er. Daher wundere er sich nicht, wenn niemand mehr in der Gastronomie arbeiten wolle. Die Preise hat er vorerst ebenfalls nicht verändert. Er befürchtet sein Geschäft aufs Spiel zu setzen, falls er die zwölfprozentige Steuererhöhung umlegt. Er wolle nicht Benzin ins Feuer gießen, sagt er. "Es nutzt nichts, wenn man die Preise erhöht und es kommt keiner mehr." Kunzlmann hat sich selbst eine Frist von sechs Monaten gesetzt. Dann will er seinen Gewinn ermitteln und die Preise eventuell mit "Fingerspitzengefühl" neu kalkulieren.

Heidi Rieb ist enttäuscht von der Poilitik. (Foto: Georgine Treybal)

Heidi Rieb vom "Fischer Ammersee" im Inninger Ortsteil Stegen ist ebenfalls enttäuscht darüber, dass Bundeskanzler Olaf Scholz die Zusicherung nicht eingehalten hat, an der Mehrwertsteuer von sieben Prozent festzuhalten, um die Mitarbeiter in der Gastronomie besser bezahlen zu können. Sie und ihr Mann hätten auf der Basis dieses Versprechens etwa ein 13. Monatsgehalt eingeführt, sagt sie. Das müsse nun anderweitig erwirtschaftet werden. Die Preise wurden im "Fischer Ammersee" dennoch nur um etwa vier Prozent erhöht. Der Rest muss jetzt laut Rieb anderweitig eingespart werden, etwa beim Wareneinsatz. Dennoch dürfe sich an Produkten und Qualität nichts ändern. Das sei nur möglich, indem Küchenchef Marc Wilsing neu und härter mit den Lieferanten verhandelt. "Wir hatten bisher nur einen. Nun schauen wir aber schon auch einmal, ob uns diese Ware andere Lieferanten nicht günstiger anbieten können." Am Personal jedenfalls werde nicht gespart, versichert Rieb.

Jedes einzelne Gericht wird neu kalkuliert

Elisabeth Walch vom Gasthof "Zur Post" in Herrsching hat sich lange für die Beibehaltung der geringeren Mehrwertsteuer von sieben Prozent engagiert. Es hat nichts genutzt. Wenn sie die Erhöhung von zwölf Prozent nicht weitergebe, fehle ihr am Ende des Jahres eine sechsstellige Summe, erklärt sie. Das kann sie sich nicht leisten, schließlich habe sie die Verantwortung für ihre 50 Mitarbeiter, darunter sechs Azubis. Sie hat nun das Beste daraus gemacht und jedes einzelne Gericht auf der Speisekarte neu kalkuliert. Bei einigen Gerichten, wie etwa dem Schweinebraten, wurden die Preise erhöht, auf der Kinderspeisekarte blieben sie unangetastet. Damit sich die Gäste einen Wirtshausbesuch noch leisten können, hat Walch sich für die Erwachsenen neue Speisen einfallen lassen, die unter zehn Euro liegen, beispielsweise frische Kartoffeln mit Butter und Salz oder mit Obazda. Das Gericht wird auf einem Holzbrett serviert mit der Kartoffel im Schubkarren. Das sehe sehr wertig aus und kommt nach ihren ersten Erfahrungen sehr gut an.

Das "La Cantina" in Starnberg hat ebenfalls eine Mischkalkulation vorgenommen. Dass nicht gleich die gesamten zwölf Prozent aufgeschlagen wurden, haben die Gäste laut Laura Agostinacchio honoriert. Bislang habe sie keinen Rückgang an Gästen verzeichnet.

Sie haben die Steuererhöhung exakt umgelegt: Christine und Robert Scholler von Gasthof "Zur Sonne" in Starnberg. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

In einigen Gasthäusern wurde die Steuererhöhung von zwölf Prozent exakt umgelegt, beispielsweise im Gasthaus "Zur Sonne" in Starnberg. "Unsere Preise sind immer moderat gewesen. Aber jetzt bleibt uns nichts übrig", erklärt Inhaberin Christine Scholler. Wie viele andere ihrer Kollegen hatte sie schon im vergangenen Jahr die Preise etwas erhöhen müssen, da die Kosten für Strom, Material und Lieferung gestiegen sind. Das Gasthaus wird vorwiegend von Stammgästen frequentiert. Dass die Preise nun in kurzer Zeit erneut angestiegen sind, macht sich laut Scholler durchaus bemerkbar. Nach ihren Beobachtungen kommen inzwischen weniger Stammgäste. "Schade, dass es sich die Leute durch die politischen Veränderungen nicht mehr leisten können in einer normalen Wirtschaft zum Essen zu kommen", bedauert sie. Dennoch gehe es der Gastronomie in Starnberg noch vergleichsweise gut, tröstet sie sich.

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