Fotografie:CSU, ja nur du!

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Der Fotograf Wolf Heider-Sawall zeigt in der Starnberger Ausstellungsreihe "Nah-fern" Bilder der Ministerpräsidenten Stoiber, Beckstein, Seehofer und Söder, die offenbar bei offiziellen Terminen entstanden sind und dennoch entlarvend wirken

Von Katja Sebald, Starnberg

"Das hätte ich ja nicht gedacht, dass wir dem Söder mal so im Gnack sitzen dürfen", freute sich Peter Klinder, Ehemann der Starnberger Grünen-Politikerin Martina Neubauer. Und eigentlich war damit schon fast alles gesagt über diese auf wundersame Weise höchst politische und zugleich ausgesprochen charmante Ausstellungseröffnung, die am Donnerstagabend in der Schalterhalle des historischen Bahnhofs am See in Starnberg stattfand.

Schlag auf Schlag: Wolf Heider-Sawall vor dem trommelnden Beckstein. (Foto: Nila Thiel)

Es war die letzte in diesem Jahr, aber nicht die letzte im Rahmen der von Katharina Kreye, Ulrike Prusseit und Ursula Steglich-Schaupp kuratierten Ausstellungsreihe "Nah - fern", die auch 2019 fortgesetzt wird. Der Münchner Fotojournalist Wolf Heider-Sawall, der zuletzt 2017 für das Pressefoto des Jahres ausgezeichnet worden ist, hat für die Ausstellung mit dem hintergründigen Titel "Ernstes Spiel" die Wände der Schalterhalle mit Fotografien von CSU-Politikern bestückt.

Der musizierende Altbürgermeister Ferdinand Pfaffinger vor Söder-Nacken. (Foto: Nila Thiel)

Es sind jedoch nicht die üblichen auf Hochglanz getrimmten Fotoshop-Portraits, sondern Bilder, mit denen sich die Exponenten der bayerischen Politik wohl eher nicht in der Öffentlichkeit präsentieren würden. "Ich war oft sehr nah dran", sagt der Fotograf, der viele Jahre fest für das Magazin Focus arbeitete und seit einiger Zeit freiberuflich für Agenturen und Verlage fotografiert, hauptsächlich im Bereich Politik.

Die Köpfe von nicht weniger als vier Ministerpräsidenten hat Heider-Sawall in Schwarzweiß verewigt und zu wahrhaft monumentaler Größe aufgeblasen. Edmund Stoiber ist im Profil und mit gefalteten Händen unter einem Herrgottswinkel in einer holzgetäfelten Stube zu sehen, schütteres Haar, Falten und Altersflecken sind nicht retuschiert. Ein sichtlich derangierter Günther Beckstein wischt sich den triefenden Schweiß von der Stirn, und Horst Seehofer steht massig und starr so vor einem Scheinwerfer, dass er wie von einer Aureole umgeben erscheint. Und schließlich Markus Söder: schräg von hinten fotografiert, riesenhaft, stiernackig.

Bildhauer Johannes Hofbauer vor Seehofer-Porträt. (Foto: Nila Thiel)

Genau vor diesem Bild nun war eine Bühne aufgebaut, auf der eine mit Peter Klinder an der Gitarre, dem Starnberger Alt-Bürgermeister Ferdinand Paffinger am Akkordeon, Winfried Wobbe am Kontrabass und Alois Brustmann an der Trompete besetzte kleine "Tanzlmusi" allerfeinste volkstümliche Weisen spielte. Ringsum waren weitere Fotos der CSU-Granden an die Wand gepinnt, wie sie Heider-Sawall in Ausübung ihrer Ämter festhielt: Stoiber an der Klagemauer und mit seiner Frau, beide in roten Plastik-Überschuhen. Seehofer beineschwingend beim Tanzen oder hinter einer Modell-Eisenbahn. Beckstein am Schlagzeug. Söder mit seinem eigenen Astronauten oder im Wald mit Hut und Hund.

Es sind keine spektakulären Bilder, es sind einfach sehr gute Bilder: Sie sind offensichtlich alle bei offiziellen Terminen entstanden, aber dennoch wirkt jedes einzelne wie ein entlarvender Blick hinter die Kulissen. Und als ob das alles noch nicht genug Politik zwischen den Zeilen gewesen wäre: Anstelle einer kurzfristig ausgefallenen Künstlerin hatten die Kuratorinnen den Feldafinger Holzbildhauer Johannes Hofbauer eingeladen, in Starnberg noch einmal eine Arbeit zu zeigen, die vor einiger Zeit bereits bei "Kunst im Park" in Herrsching zu sehen war.

Damals hieß die Installation "Untergang" und führte direkt in den Ammersee. Jetzt tragen die fünf schlichten Torbögen aus grob behauenem Pappelholz den Titel "Seezugang" und führen quer durch die Schalterhalle in Richtung - ja, wohin denn eigentlich?

Die Ausstellung "Ernstes Spiel" ist noch bis zum 16. Dezember jeweils freitags von 16 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr in der Schalterhalle des Starnberger Bahnhofs am See zu sehen. Die Finissage findet am 16. Dezember um 16 Uhr statt.

© SZ vom 24.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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