Flüchtlinge und Arbeitsmarkt:Ein langer, harter Weg

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Rafat ist einer der wenigen Flüchtlinge, die Arbeit haben. Der Syrer näht eine Persenning in der Segelmacherei Weger in Breitbrunn. (Foto: Jörg Reuther)

Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren, ist schwierig. Die meisten wollen schnell Geld verdienen. Laut IHK brechen 80 Prozent der über 25-Jährigen ihre Ausbildung vorzeitig ab

Von Patrizia Steipe, Starnberg

Mariam aus Afghanistan hat in einer Schneiderei ein Praktikum gemacht, der Syrer Rafat in einer Segelmacherei in Breitbrunn und die Eritreer Luwam und Kokop waren auf dem Bauhof in Herrsching tätig. Und das sind nur einige Beispiele von Unternehmen oder Einrichtungen, die Flüchtlingen eine Chance auf ihrer Suche nach einer Beschäftigung gegeben haben. Asylbewerber in den Arbeitsmarkt zu integrieren, ist "ein langer und ein harter Weg, aber er ist machbar", weiß der Starnberger IHK-Vorsitzende Martin Eickelschulte. "Das ist keine qualifizierte Zuwanderung", sagte er bei einer Veranstaltung des Herrschinger Integrationsteams. Höchstens fünf bis zehn Prozent der Asylbewerber werde wohl eine Arbeit als Fachkraft aufnehmen können. Alles andere seien überzogene Vorstellungen, von denen sich die Gesellschaft freimachen müsse. Im Gegensatz zu Wohnung oder Deutschkurs, worauf Asylbewerber einen Anspruch hätten, sei Arbeit aber keine Leistung, die von gewerblichen Unternehmen eingefordert werden könne.

"Arbeit ist ein zentrales Vehikel für Integration", so Georg Strasser vom Helferkreis Herrsching-Breitbrunn. Der Leiter des Teams Arbeitsintegration, das mittlerweile mit den anderen Helferkreisen aus dem Landkreis vernetzt ist, empfiehlt einen pragmatischen Weg: "Einfach anfangen", lautet sein Vorschlag. Am liebsten würde er jeden Flüchtling sofort in einem Praktikum oder in einer gemeinnützigen Tätigkeit sehen. Im Kontakt mit den Kollegen könnten sie besser Deutsch lernen und bekämen zudem lebenspraktische Tipps. Der Helferkreis hat bereits eine Datenbank mit Jobangeboten und -gesuchen angelegt. "Die arbeitssuchenden Flüchtlinge müssen den Firmen bekannt gemacht werden". Für die Flüchtlinge gebe es zwar einiges zu beachten, bevor sie anfangen könnten, aber bei Genehmigungen und Anmeldungen unterstütze sie der Helferkreis, versprach Strasser (Kontakt unter g.strasser@sailbeautiful.com). Mindestlohn ist natürlich für Flüchtlinge Pflicht, aber die Asylbewerber könnten zu einer unbezahlten Probearbeit eingeladen werden. Die Helferkreise wollen den Flüchtlingen passende Berufe näher bringen. "Welcher Eritreer kann mit dem Begriff CNC-Dreher schon etwas anfangen?", fragte Strasser.

Aber nicht alle Flüchtlinge werden den langen Weg einer zweijährigen vorbereitenden Übergangsklasse und einer dreijährigen dualen Ausbildung schaffen, vor allem wenn die Betroffenen schon über 25 Jahre alt sind. 80 Prozent brechen vorher ab, so Eickelschulte. Daniela Tewes von der Starnberger Wirtschaftsförderungsgesellschaft Gfw, kennt das Problem. "Auf vielen Flüchtlingen lastet der Druck, dass sie schnell Geld verdienen müssen, um es in die Heimat zu schicken". Eine Lösung des Problems sind Teilqualifizierungen oder modulare Ausbildungen. "Da wird vielleicht erst ein Gabelstaplerschein gemacht, mit dem bereits ein Aushilfsjob möglich ist. Darauf kann man dann aufbauen", erklärte Tewes. Gastronomie, Pflege, Büro - in vielen Berufen gebe es schon Teilqualifizierungen. Und für die Unternehmen stehen Angebote zur Verfügung, um die Arbeitsverhältnisse zu stabilisieren. Bei der IHK wird beispielsweise eine berufsbezogene Sprachförderung in den Betrieben angeboten.

Zum Thema "Wege zur beruflichen Integration von Flüchtlingen" findet am Donnerstag, 17. März, für Starnberger Unternehmer eine Veranstaltung der Gfw im Sitzungssaal des Landratsamts statt. Von 17.30 bis 20 Uhr wird das Thema mit Fachvorträgen beleuchtet. Außerdem berichten Unternehmer aus Krailling, Bernried und Gilching aus dem Arbeitsalltag mit Flüchtlingen. Anmeldungen bis zum 7. März unter info@gfw-starnberg.de.

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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