Flüchtlinge:Traglufthalle vor dem Aus

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In diese Traglufthalle auf dem Gilchinger Festplatz sollten Ende Dezember bis zu 250 Flüchtlinge einziehen. Wegen der Mängel bleibt sie leer. (Foto: Fuchs)

Die Mängelliste ist nach Ansicht des Landratsamts bei dem Provisorium für Flüchtlinge zu lang, sodass die Kreisbehörde prüft, ganz aus dem Projekt auszusteigen - es sei denn, man einigt sich mit der zuständigen Firma

Von Christian Deussing, Gilching

Der Streit um die nun schon seit fast vier Monaten leer stehende Gilchinger Traglufthalle für Flüchtlinge zwischen der Eigentümerfirma Paranet und dem Landratsamt Starnberg spitzt sich zu. Nachdem die Kreisbehörde wegen einer Mängelliste weiterhin nicht bereit ist, als Mieter die Asylunterkunft zu übernehmen, droht die Berliner Firma jetzt zu klagen. Denn die Halle sei bereits zum 8. Januar dieses Jahres unter extrem strapaziösen Arbeitsdruck auch über die Feiertage "komplett betriebsfähig" errichtet worden, sagt Jürgen Wowra, Geschäftsführer der Firma. Trotz unabhängiger Prüfungen und TÜV-Freigaben in punkto Brandschutz und technischen Standards nutze die Kreisbehörde als Auftraggeber nicht die Halle und zahle noch immer keinen Cent der 50 000 Euro Miete pro Monat, ärgert sich der Firmenchef, der die Situation als "unerträglich" empfindet.

Damit der Streit nicht weiter eskaliert, soll es wohl in Kürze ein klärendes Gespräch zwischen Landrat Karl Roth und Wowra geben. Nach dessen Angaben habe seine Firma bundesweit 35 Traglufthallen aufgebaut, davon 18 allein in Oberbayern. Aber nur in Gilching gebe es diese Probleme, betont der Unternehmer aus Berlin. Die angeführten Mängel in der Halle seien "marginal" und umgehend beseitigt worden. Auch den Vorwurf, die Entlüftung der Toiletten sei nach innen statt nach außerhalb der Halle gerichtet, ist für Wowra nicht gravierend. Denn binnen nur einer Stunde werde die Luft in der 8,70 Meter hohen Halle ausgetauscht. Der Paranet-Chef räumt jedoch ein, dass es bei den Sanitärcontainer Mängel gebe, worauf man aber schon sehr frühzeitig hingewiesen habe. Doch Paranet verfüge über keinen Einfluss auf diesen Lieferanten, der vom Freistaat beauftragt worden sei. Jenes Unternehmen ist ein Militärdienstleister aus Düsseldorf mit Hauptsitz in Dubai.

Mittlerweile glaubt Wowra, das Landratsamt Starnberg schiebe die "Mängel nur vor", weil der Druck, Asylbewerber in größeren Notunterkünften unterbringen zu müssen, nicht mehr so stark vorhanden sei. Jedenfalls hoffe er, dass es jetzt doch noch zu einer gütlichen Lösung im Streit um die Traglufthalle auf dem Gilchinger Festplatz kommt. Allerdings beurteilt die Kreisbehörde den Fall offenbar ganz anders und lässt sich bisher auch nicht vom TÜV Rheinland und dessen "Prüfbuch für einen fliegenden Bau" beeindrucken. Denn diese Prüfungen sind bislang nur als "vorläufig" gekennzeichnet. Jetzt kündigte Paranet aber an, noch in dieser Woche ein für fünf Jahre gültiges Prüfbuch zu überreichen.

Nach Begehungen der Traglufthalle waren Experten nicht restlos zufrieden. Entdeckt wurden zunächst offenbar Mängel beim Brandschutz, in der Statik und Elektrik. Zudem musste der Boden aufgerissen werden, weil die Dämmung fehlte. Unter diesen Bedingungen habe man die Halle nicht guten Gewissens abnehmen können, betont Landratsamtssprecher Stefan Diebl. Zudem reichten befristete Prüfberichte nicht aus, wenn man die Halle über eine längere Zeit als Flüchtlingsunterkunft nutzen wolle. Für den Landkreis ist die Entwicklung an der Rudolf-Diesel-Straße äußerst ärgerlich, zumal die Behörde selbst ihre Hausaufgaben bereits Anfang des Jahres erledigt hatte - nämlich einen Container und das Zelt für Küche und Verpflegung auf dem Gelände betriebsbereit aufzustellen. Mittlerweile prüft das Landratsamt die Option, wegen der Mängelliste aus dem Projekt "Traglufthalle" in Gilching auszusteigen. Es sei denn, die Parteien einigen sich in letzter Minute.

© SZ vom 25.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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