Flächenfraß:Grün gegen Geld

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Der Bund Naturschutz will neue Gewerbegebiete wie im Unterbrunner Holz in Gauting verhindern und regt eine Zusammenarbeit der Gemeinden an

Von Michael Berzl, Gauting

Bei der Planung ihres neuen Gewerbegebietes an der Gemeindegrenze zu Gilching müssen die Gautinger mit Widerständen von verschiedenen Seiten rechnen. Auch der Bund Naturschutz (BN) will verhindern, dass hektarweise Wald geopfert wird, um im großen Stil Platz für Firmen zu schaffen. "Wir werden versuchen, das Unterbrunner Holz zu retten", kündigte der neue BN-Landesvorsitzende Richard Mergner aus Nürnberg am Freitag bei einer Informationsfahrt durch den Landkreis Starnberg an. Er setzt dabei vor allem auf Öffentlichkeitsarbeit. Bei einem Ortstermin auf einer abgemähten Wiese räumte er zugleich ein, dass die Chancen für eine Klage nicht gut seien. Auch ein Bürgerbegehren habe wohl wenig Aussicht auf Erfolg.

Ganz wehrlos sind die Naturschützer jedoch nicht. "Sobald wir Konkretes haben, schlagen wir zu", erklärte der Kreisvorsitzende Günter Schorn. Derzeit sei das Verfahren noch nicht weit genug fortgeschritten, um einzugreifen. "Wir wissen genau, an welche Stellen wir uns dann wenden müssen." So wolle er Anfragen an die Regierung von Oberbayern, das Landwirtschaftsministerium und an das Landratsamt in Starnberg richten.

Gegen das Gewerbegebiet regt sich Protest, seit bekannt ist, was die Gemeinde Gauting vorhat. Eine Fläche von insgesamt etwa 60 Hektar soll überplant werden, etwa ein Drittel davon wird nach dem aktuellen Entwurf bebaut. Drei Jahre ist es nun schon her, dass der Gemeinderat beschlossen hat, einen Bebauungsplan dafür auf den Weg zu bringen. Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU) weist immer wieder darauf hin, wie wichtig mehr Steuereinnahmen für die Gemeinde sind.

Die Kommune arbeitet zusammen mit den Projektentwicklern der Asto-Gruppe. Das vorgesehene Areal in der Nähe der Lindauer Autobahn grenzt an den Sonderflughafen Oberpfaffenhofen und an das Gilchinger Gewerbegebiet Süd an. Dort wird gerade ein Neubau nach dem anderen betoniert. Wie schnell die Arbeiten vorankommen, hat die Naturschützer überrascht. "Die bauen ja wie die Wilden. Hier wird kräftig geklotzt", sagte Schorn und schlug die Hände über dem Kopf zusammen.

So könnte es in absehbarer Zeit auch gleich nebenan auf Gautinger Flur aussehen, wo derzeit noch ein dichter Wald steht. Landschaftsverbrauch, den Schorn gerne verhindern würde. Schließlich werde hier nicht nur wertvoller Bannwald geopfert, sondern auch ein Erholungsgebiet für die Gilchinger und eine Frischluftschneise für die Stadt München.

Zuvor hatten die Naturschützer den Standort einer Verpackungsfirma in Wieling besichtigt, der in ihren Augen ein "Paradebeispiel für die Zerstörung des Landschafts- und Ortsbildes" ist. Von einem "Anschlag auf die bayerische Kulturlandschaft" sprach dort der BN-Landesvorsitzende Mergner angesichts der "vom Himmel gefallenen Schuhschachtel" auf einem acht Hektar großen Areal direkt neben dem Gasthof Linde. Nächste Station der Fahrt war der Schmalzhof bei Pöcking. Der ehemalige landwirtschaftliche Betrieb wurde nach Darstellung des BN "kurzerhand" zum Gewerbegebiet deklariert, um weitere Flächen für Firmenansiedlungen anbinden zu können. Auch dies ist in den Augen der Naturschützer eine Fehlentwicklung, hier wäre eine überregionale Planung sinnvoll gewesen.

Mergners Fazit nach der Exkursion im Fünfseenland: "Die letzten zwei Stunden waren erschütternd für mich. Dass die Landschaft so verhunzt wird, hätte ich mir nicht vorstellen können", sagte er. In Wieling, beim Schmalzhof und im Unterbrunner Holz sieht er Beispiele für den "Missbrauch der kommunalen Planungshoheit". Er fordert eine landkreisweite Siedlungsentwicklung und ein abgestimmtes Gewerbeflächen-Management. Er regt außerdem an, dass Nachbargemeinden bei der Ansiedlung von Firmen mehr zusammenarbeiten sollten. Laut Schorn stünden schon ausreichend Gewerbeflächen zur Verfügung. Bis Firmen in dem neuen Areal an Gauting Gewerbesteuern zahlen, vergingen fünf bis zehn Jahre: "Die zahlen erst, wenn Gebäude und Maschinen abgeschrieben sind."

© SZ vom 09.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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