Finanzen in Seeshaupt:Streit um rote Zahlen

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Rücklagen geschont oder die Verschuldung nicht gestoppt? Die Bürgermeisterkandidaten (v.li.) Fritz Egold (CSU) und Bernd Habich (PfB). (Foto: Kia Ahrndsen, privat)

Schulden der Gemeinde werden zum Wahlkampfthema

Von kia Ahrndsen, Seeshaupt

In der ersten Ratssitzung des Jahres Mitte Januar hatte CSU-Bürgermeisterkandidat Fritz Egold (vormals SPD) an seine Kollegen appelliert, trotz des Wahlkampfes nicht zu viel Porzellan zu zerschlagen. Schließlich werde man sich danach wieder sechs Jahre im Gemeinderat treffen. Der 54-jährige Egold, Projektleiter im Weilheimer Bauamt, hat viel Erfahrung im Gemeinderat: Er war 2008 für die Parteifreien Wähler (PfW) gewählt worden, 2014 für die SPD. Sein Konkurrent Bernd Habich vermisste sechs Wochen später eben jenen "fairen Wahlkampf".

Der 48-jährige Bankkaufmann vertritt seit 2014 die Parteifreien Bürger (PfB, früher PfW) im Gremium. Habich hatte sich über eine "Wahlzeitung" des CSU-Ortsverbandes geärgert, die in Seeshaupt verteilt worden war. Darin wurde in einem sogenannten Faktencheck vorgerechnet, die Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinde sei in den vergangenen zehn Jahren um 14 000 Prozent gestiegen. Im Text wurde der Vergleich allerdings von 2013 zu 2017 gezogen: von rechnerisch drei Euro pro Einwohner zu 444 Euro pro Einwohner. Habich verwahrte sich leidenschaftlich gegen die Behauptung, die Verschuldung der Gemeinde sei nicht gestoppt worden. Er habe angesichts niedriger Zinsen 2016 gemeinsam mit allen anderen Ratsmitgliedern dafür gestimmt, für die Sanierung des Campingplatzes einen Kredit aufzunehmen, der aus den Einnahmen des Platzes getilgt werde. Dadurch habe die Gemeinde ihre Rücklagen schonen können.

Kurz zuvor hatten die Räte den aktuellen Haushalt verabschiedet. Das Volumen für 2020 beläuft sich auf insgesamt 12,2 Millionen Euro, das sind knapp 800 000 Euro mehr als im Vorjahr. Die Steigerung sei, so erläuterte Geschäftsleiter Georg Bäck, vor allem auf die gestiegenen Personalkosten zurückzuführen. Im Kindergarten sind deutlich mehr Kinder angemeldet, deshalb steigt die Zahl der Planstellen von 24,47 auf 26,61. Für alle Mitarbeiter sei überdies die Tariferhöhung berücksichtigt worden.

Kredite sollen heuer erst einmal nicht aufgenommen werden, die Gemeinde hat zu Jahresbeginn 1,2 Millionen Euro Schulden und Rücklagen von 2,3 Millionen. Davon sollen allerdings rund 900 000 Euro für die Sanierung der Trinkwasserversorgung, vor allem den Bau eines neuen Hochbehälters, verwendet werden.

Völlig unklar ist momentan, welche Kosten durch den Um- oder Neubau eines Feuerwehrhauses auf Seeshaupt zukommen. Im vergangenen Haushalt waren noch knapp zwei Millionen Euro vorgesehen gewesen, die eigentlich 2020 verbaut werden sollten. Das Feuerwehrhaus genügt nicht mehr den berufsgenossenschaftlichen Vorschriften, einen entsprechenden Umbau schätzte das Planungsbüro zunächst auf etwa 2,2 bis 2,5 Millionen Euro. Dabei hätte auch noch der Gemeindesaal im ersten Stock einen barrierefreien Zugang erhalten und eine öffentliche Toilette eingerichtet werden sollen. Bei der konkreten Planung errechnete das Büro dann aber Kosten von etwa 4,5 Millionen Euro - die Umbaupläne wurden gestoppt, jetzt wird über einen Neubau an anderer Stelle nachgedacht. Bürgermeister Michael Bernwieser (PfB) versichert, dass es dafür Grundstücke gebe, das sei nur eine Frage des Preises. Das Gelände neben dem Bauhof sei beispielsweise für etwa 1,3 Millionen Euro zu haben. Auch die Kosten eines Neubaus werden mit 4,5 Millionen Euro veranschlagt, was dann aus dem bisherigen Feuerwehrhaus mit Gemeindesaal wird, ist offen.

Im aktuellen Haushalt sind für das Feuerwehrhaus nur Planungskosten angesetzt. Bernwieser erläuterte, es sei eine bewusste Entscheidung, dem neuen Gemeinderat nicht vorzugreifen. Peter Blaut (GrAS) forderte, 1,2 Millionen Euro für einen Grundstückserwerb einplanen, sonst werde er dem Haushalt nicht zustimmen. Lieber habe man Schulden bei der Bank als bei den Bürgern oder der Feuerwehr.

Max Amon (parteilos) befand, es sei besser einen Nachtragshaushalt auf Basis von Fakten zu erstellen. Und Fritz Stuffer (PfB) bekräftigte, dann sei es auch durchaus legitim, Kredite aufzunehmen. Man schaffe schließlich Werte und versenke das Geld nicht mitten im See. Der Haushalt wurde mit einer Gegenstimme verabschiedet.

© SZ vom 12.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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