Erdfunkstelle Raisting:Neue Haut für Raistings Wahrzeichen

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Menschen ziehen sich täglich an und aus, Radome eher selten. Fast 50 Jahre nach ihrem Bau hat die Erdfunkstelle in Raisting eine neue Hülle bekommen.

Armin Greune

In einer spektakulären Aktion ist am Mittwoch und Donnerstag die Traglufthülle des Raistinger Radoms ausgetauscht worden. Hunderte Schaulustige verfolgten, wie im Laufe des gestrigen Tages die neue am Kran hängende Haube zunächst mit im Boden verankerten Seilen aufgespannt wurde. Danach musste die Membran genau in 360 nummerierte Bolzen am Betonsockel eingefädelt und festgeschraubt werden. Erst am späteren Abend konnte die neue Hülle mit 50000 Kubikmeter Druckluft gefüllt werden.

Des Radoms neue Kleider: In einer spektakulären Aktion hat die Erdfunkstelle in Raisting eine neue Hülle bekommen. (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

Für alle Anwohner im weiten Umkreis bot sich am Donnerstagmorgen ein völlig ungewohnter Anblick: Fast 50 Jahre lang hatte die hellgraue Kugel mit ihren 50Metern Durchmesser das Landschaftsbild beherrscht. Jetzt präsentierte sich die leuchtend rote Anlage ebenso nackt wie die übrigen 15 Schüsseln der Erdfunkstelle. Daneben hing, aufgehängt an einem auf 92 Meter Höhe ausgefahrenen Kran, faltig und schlaff die neue Membran herab. Zwei weitere Kräne für die Monteure und ein Dokumentationsteam standen bereit.

Um 11.20 Uhr begann der 400 Tonnen schwere Kran wie in Zeitlupe die Hülle über die flach liegende Empfangsschüssel zu heben und zu schwenken. Anschließend wurden die herabhängenden Seilrollen im Boden verankert: 18 Mann, darunter acht Raistinger Feuerwehrleute, zogen im Verlauf von Stunden die Taue zunächst von Hand, dann mit Fahrzeugen an, bis die zehn Tonnen schwere, neue Membran festgeklemmt werden konnte.

Heinz-Günther Hetterich, "Radom GmbH"-Geschäftsführer, bescheinigte dem Team um die planende Firma "Barthel und Maus" "sehr professionell zu arbeiten" und sprach von einem "Meilenstein" in der auf zwei Jahre angelegten und 2,93 Millionen Euro teuren Sanierung des Industriedenkmals. Ob aber der zweite Bauabschnitt realisiert werden kann, sei derzeit noch offen: Dazu werden rund eine Million Euro aus Bundesmitteln benötigt, über deren Vergabe erst im Oktober entschieden werden soll. 2011 sollen unter anderem Betonsanierungen des Hüllenkragens und diverser Flachdächer sowie die Erneuerung der Beheizung mittels einer rund hundert Meter reichenden Fernleitung von einem benachbarten Gebäude erfolgen.

Bei der Fertigung der 5200 Quadratmeter großen, PVC-beschichten Polyesterhülle hatte die niederländische Firma nach Torsionstests zweimal nachbessern müssen und die Membran bis in sechs Meter Höhe doppellagig gefertigt. Darüber kam es zu einem ernsten Zerwürfnis zwischen der vom Eigentümer, dem Landkreis Weilheim-Schongau gegründeten GmbH, und dem Förderverein des Industriedenkmals: Vereinsmitglieder fürchten, dass die doppelte Hülle die Empfangseigenschaften beeinträchtigt - und so die noch betriebsbereite Anlage nicht mehr für wissenschaftliche Zwecke genutzt werden kann. "Es war nie geplant, die Antenne um jeden Preis funktionsfähig zu halten", sagt hingegen Hetterich.

Gerade aber die Betriebsbereitschaft der Antenne macht das Radom zum mittlerweile weltweit einzigartigen Denkmal aus den Pioniertagen der Satellitenkommunikation. Kurz nach dem Bau erkannte man, dass beim Antennenbau auf eine Schutzhülle gegen Wind und Wetter verzichtet werden kann - nur in der Bretagne ist ein weiterer, allerdings funktionsuntüchtiger "Bovist" erhalten geblieben. In Raisting musste die marode Tragflufthülle nach 47 Jahren ausgewechselt werden, weil akute Einsturzgefahr bestand.

Nach Abschluss der Sanierung ist geplant, im Inneren ein Museum unterzubringen.

© SZ vom 01.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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