Ende der Gemeinsamkeiten:Rechenexempel im Stadtrat

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Nach dem Bruch der größten Starnberger Fraktionsgemeinschaft von BLS und WPS formieren sich die Mehrheitsverhältnisse neu.

Sabine Bader

Zweieinhalb Jahre hielt das Bündnis der größten Fraktion im Starnberger Stadtrat, jetzt ist der Bruch vollzogen: Die Bürgerliste (BLS) und die Wählergruppe Pro Starnberg (WPS) gehen getrennte Wege. Dass stärkt wiederum die Position der dritten freien Gruppierung im Gremium, der UWG. Sie avanciert zur stärksten Fraktion.

Doch auch für die Bürgerliste (drei Sitze) könnte die Trennung ungeahnte Vorteile haben. Immerhin machen zwei Mitglieder der fünf Sitze starken WPS sich nach SZ-Informationen Gedanken über einen möglichen Wechsel. So könnte es sein, dass sich die WPS mit ihrem Schritt, das Bündnis einseitig aufzukündigen einen Bärendienst erweist - zumindest was sie Sitzverteilung angeht.

Zwei Gründe haben offenbar zum Bruch geführt: Der interne Machtkampf um die Meinungsführerschaft zwischen Walter Jann (BLS) und Günther Picker (WPS) und der Unmut an der Basis. Letzteren hat die WPS bereits vor zwei Jahren zu spüren bekommen, als sie im November 2008 einen Stadtratsbeschluss mittrug, den die meisten ihrer Wähler nicht nachvollziehen konnten. Damals hatten BLS wie WPS der B2-Tunnelplanung ihr Plazet gegeben - unter der Maßgabe, dass zusätzlich die Möglichkeit einer Umfahrung im Osten der Stadt untersucht wird. Ein Kompromiss, der vor allem der WPS Sympathien kostete.

Denn die mehr als 2000 Mitglieder in einer Bürgerinitiative gegen den Tunnel fühlten sich von ihren Mandatsträgern schlicht verraten. Kein Wunder also, dass die Gruppierung jetzt im Alleingang versucht, Boden gut zu machen und ihr Profil zu schärfen. Im Gegensatz zur BLS, die auf viele Jahre Stadtratsarbeit zurückblicken kann, ist die Erfahrung der WPS in dieser Hinsicht ebenso begrenzt wie ihre Themenvielfalt. Trat sie doch 2008 allein mit dem Ziel an, den heute planfestgestellten Stadttunnel zu verhindern und stattdessen eine ortsnahe Umgehung zu bauen. Auch die BLS, kämpft seit Jahrzehnten um eine Umfahrung - allerdings eine ortsferne Trasse. So gesehen, sind die Ziele beider Gruppierung nicht mal in diesem Punkt identisch.

Für Starnbergs Bürgermeister Ferdinand Pfaffinger ist der Bruch des Parteienbündnisses zu allererst einmal eine Frage der Mathematik. Schließlich dürfte das Ganze Auswirkungen auf die Sitz- und Ausschussverteilung haben. Davor allerdings müssen sich die Mitglieder von BLS und WPS entscheiden, für welche Gruppierung sie künftig in Stadtrat sitzen. Das dürfte vor allem für zwei WPS-Stadträten eine Überlegung wert sein: Christian Vell und Axel Stang. Stang will sich mit der Entscheidung indes Zeit lassen.

Sollte er nicht bei der WPS bleiben, sagt er, wäre wohl die BLS die Fraktion der Wahl. "Oder aber ich bleibe als Fraktionsloser im Stadtrat und schaue, wer sich um meine Stimme bemüht." Auch Vell, der im Bürgermeisterwahlkampf tatkräftige Unterstützung durch BLS-Chef Walter Jann erfuhr, dürfte dem ehemaligen Bündnispartner schon darum nahe stehen. Außerdem bleibt ihm auch der Weg zur CSU, in der er ebenfalls Mitglied ist.

Welche Auswirkungen die neue Konstellation auf die wenig harmonische Stadtratsarbeit hat, weiß noch niemand. Während Rathauschef Pfaffinger sich abwartend gibt, rechnet CSU-Chefin Eva John nicht mit weitreichenden Veränderungen. Allein Grünen-Chefin Martina Neubauer hegt die vage Hoffnung auf Besserung. "Vielleicht", so Neubauer, "können manche Stadträte jetzt freier agieren" und so zu positiven Veränderungen beitragen.

© SZ vom 23.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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