Ehemaliger Starnberger Bürgermeister:Tunnel als "ultima ratio"

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Starnberger Bürgermeister von 1969 bis 2002: Heribert Thallmair. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Altbürgermeister Heribert Thallmair gibt im Internet "eine kurze Erklärung zu einer unendlichen Geschichte" ab: Im Fokus steht Starnberg und der Verkehr

Von Peter Haacke, Starnberg

In die Debatte um eine machbare Starnberger Verkehrslösung hat sich überraschend Heribert Thallmair eingebracht: Starnbergs Altbürgermeister, der die Geschicke der Kreisstadt von 1969 bis 2002 lenkte, hatte sich seither zum Thema Tunnel oder Umfahrung in der Öffentlichkeit kaum geäußert. Nun aber schildert Thallmair, der in Kürze seinen 80. Geburtstag feiert, in einem Gastbeitrag für den Internet-Blog von Thorsten Schüler (www.politik-starnberg.de) seine Sicht der Dinge und kommt zu einem bemerkenswerten Fazit: Weil sich schon in den 70er Jahren die Realisierung einer Umgehungsstraße praktisch als unmöglich erwiesen hat, wurde nach Alternativen gesucht und letztlich in einer Tunnellösung gefunden. "Dabei war allen Beteiligten, auch dem damaligen Stadtrat von Starnberg klar, dass die Lösung 'Tunnel' sozusagen 'Ultima ratio', also die letzte, aber eben auch die einzig denkbare Lösung sein konnte."

Thallmair dürfte mit seinem Beitrag die Diskussion zur Historie um Starnbergs Verkehrsproblematik neu beleben. Der einstige Präsident des bayerischen Gemeindetages, des deutschen Städte- und Gemeindebunds sowie des bayerischen Senats ist Träger des bayerischen Verdienstordens und der kommunalen Verdienstmedaille in Gold; 1991 wurde er mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. 1966 rückte er für die CSU in den Stadtrat, 1969 wurde er Bürgermeister. In seinen Überlegungen skizziert Thallmair den Werdegang der Stadt, die er als "eine kurze Erklärung zu einer unendlichen Geschichte: Starnberg und der Verkehr" verstanden wissen möchte. "Die frühere Gemeinde - und nach der Stadterhebung 1912 die Stadt - hat sich in Schüben unorganisch entwickelt, insbesondere hat Starnberg keinen historisch gewachsenen Stadtkern.", schreibt er. "Die Anbindung durch die Bahn ab 1854 an München und die für die Winterolympiade 1936 (Garmisch) gebaute Olympiastraße B2 haben die bauliche Entwicklung Starnbergs stark beschleunigt."

Bereits Mitte der 60er Jahre - also vor rund 50 Jahren - gab es Überlegungen zu Lösungsmöglichkeiten des innerstädtischen Verkehrs; auch eine Umfahrung wurde diskutiert. "Das Grundanliegen — überörtlicher Verkehr raus aus Starnberg — war mir aus Diskussionen im Bürgermeisterwahlkampf, aber auch im politischen Freundeskreis bekannt", schreibt Thallmair. Dabei war Starnberg bis zur Gemeindegebietsreform 1978 mit zirka acht Quadratkilometern flächenmäßig nur außerordentlich klein. Von 1972 bis 1978 kamen die bis dahin selbstständigen Gemeinden Söcking, Perchting, Wangen, Leutstetten und Hadorf hinzu. "In allen Gesprächen wurde eine mögliche Verkehrslösung für die künftige Stadt Starnberg durch eine Umgehung angesprochen", betont Thallmair.

Doch schon früh erwiesen sich die Umfahrungspläne als nicht machbar. Noch vor Abschluss der Gebietsreform gab es Planvorstellungen über eine "Würmparallele" - eine Trasse von Neuried über Gauting und Königswiesen zur Waldkreuzung, über die Maisinger Schlucht zur B2 (Maxhof) mit Seeabstieg nach Pöcking. Zwar stimmte der Stadtrat dem Ansinnen schon 1970 grundsätzlich zu. Doch die Trasse war "politisch weder ernsthaft gewollt noch durchsetzbar": Allein im Bereich des oberen Würmtals signalisierten mehr als 20 Bürgerinitiativen erbitterten Widerstand. Realisiert wurde nur die Brückenüberquerung über die Maisinger Schlucht sowie - aktuell - der Bau der "Westtangente" als weiteres Teilstück. "Die Stadt Starnberg wollte sich ohne Lösung für den überörtlichen Verkehr nicht zufrieden geben", schreibt Thallmair. Doch Vorgaben wie Landschafts-, Natur- und Trinkwasserschutz, FFH-Gebiet, Bannwaldfestlegungen und anderes mehr machten die Realisierung einer Umgehungsstraße praktisch unmöglich. "Hätte der Stadtrat eine andere Lösung als realisierbar gesehen, wäre er nicht die Untertunnelung Starnbergs mit Hilfe aller beteiligten Stellen angegangen", schreibt Thallmair. Einer Bewertung der aktuellen politischen Ereignisse und Entscheidungen im Starnberger Stadtrat enthält sich der Altbürgermeister allerdings.

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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