Dießen:Feinsinnig, aber auch unterhaltsam

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Das Publikum schwitzte fast mehr als die Musiker, die unter dem renovierten Monopteros des Schacky-Parks immerhin etwas Schatten fanden. (Foto: Georgine Treybal)

Das Ammersee-Quartett spielt ein Frühwerk Schuberts und ein Stück einer fast unbekannten Komponistin

Von Reinhard Palmer, Dießen

Angekündigt war eigentlich ein Programm mit Schwerpunkt auf Haydn und Beethoven. Aber nachdem die Protagonisten des Ammersee-Quartetts schon für den kürzlich veranstalteten Kapellentag der Ammerseerenade Schuberts G-Dur-Quartett D 46 und das g-Moll-Quartett op. 14 von Emilie Mayer (1812 - 1883) aufpoliert hatten - und Dießen weit genug vom Erstaufführungsort Hechenwang weg liegt - kamen am Sonntag die zahlreichen Besucher im Dießener Schacky-Park nun ebenfalls in den Genuss dieses ausgesprochen sinnenfreudigen Programms.

Während in dieser Saison schon eine ganze Reihe von geplanten Veranstaltungen am Monopteros des Schacky-Parks ins Wasser gefallen waren, musste man bei diesem Open-Air-Konzert am späten Vormittag eher achtgeben, nicht von der Sonne gegrillt zu werden. Dem Wetter entsprechend traf auch die zur Pause aufgestellte Prosecco-Bar auf regen Zuspruch beim Publikum.

Nachdem die Primaria Regine Noßke irgendwie nicht mehr so recht zum Ammersee-Quartett gehört, sprang erneut das einstige Gründungsmitglied Marie-Josefin Melchior für Noßke ein - was im Verlauf des Konzerts durchaus stimmig funktionierte. Mit Stefanie Hauser an der zweiten Violine, Sanna Müller an der Viola und Tobias Melle am Violoncello musizierte hier jedenfalls ein recht entspannt harmonierendes Ensemble.

Und doch vernachlässigte es nicht die feinen Nuancen und sensiblen Details in der Literatur: Schuberts Quartett ist zwar "bloß" das Werk eines 16-Jährigen, der bald darauf nichts mehr von seiner frühen Kammermusik hielt. Doch das G-Dur-Quartett changiert in der Charakteristik ebenso unentwegt wie reichhaltig - und überrascht immer wieder mit reizvollen Wendungen. Etwa wenn das forsche Menuetto im Trio ein heiteres Tänzchen in Staccato-Leichtigkeit wagt. Und schon der Kopfsatz legte kaum merklich eine weite Strecke in der Ausprägung des Ausdrucks zurück. Düster beginnend, hellte das Ensemble die Stimmung sehr gemächlich auf, bis die versöhnliche Schlusspassage schon recht schwungvoll daher kam.

Mayers g-Moll-Werk forderte das Ammersee-Quartett freilich nicht weniger. Das bevorzugte Gestaltungsmittel der Komponistin ist dabei offenbar die Imitation, die den Sätzen einen spürbaren Bewegungsdrang verlieh. Mayer, die aus Mecklenburg stammte und die meiste Zeit über in Berlin lebte, war auch eine gewandte Klangbildnerin, was den vier Musikern die Möglichkeit an die Hand gab, bunte Klangfarben erblühen zu lassen. Wunderbar hingehuscht wirkte das wirbelnde Scherzo, das mit einem schönmelodisch getragenen Trio ganz nach Art Beethovens kontrastierte.

Das ausdrucksstarke Adagio mit subtil aufbrausenden Verdichtungen und behutsam dramatisierenden Momenten offenbarte wiederum eine Komponistin, die niemals hätte in Vergessenheit geraten dürfen. Trotzdem blieb das Werk in seiner romantischen Grundhaltung auch ein wunderbares Stück Unterhaltungsmusik von höchstem künstlerischen Anspruch.

© SZ vom 17.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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