Coronavirus im Landkreis Starnberg:Testen auf Rädern

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Der Kraillinger Veranstaltungsmanager Marcus Gebhard hat seine Event-Anhänger für kostenlose Abstriche auf das Coronavirus umgerüstet

Von Carolin Fries, Krailling

Normalerweise verwandeln sich die zehn Meter langen Trailer von Marcus Gebhard aus Krailling in Biergärten, Konzertbühnen oder Ausstellungsräume. Jetzt sehen sie aus wie Arztpraxen auf Rädern - inklusive Empfangsbereich und abgeschirmtem Behandlungszimmer. Der durch die Pandemie derzeit auftragslose Veranstaltungsmanager bietet in seinen mobilen Stationen Corona-Schnelltests an - und zwar überall dort, wo sich viele Menschen aufhalten. Zuletzt standen seine Teststationen auf Rädern in der Bahnhofsstraße in Planegg und in Martinsried. Von dieser Woche an sind auch Standorte in Starnberg geplant.

"Super", sagt eine 73-Jährige aus Inning, die für einen Arzttermin vom Ammersee ins Würmtal gefahren ist und im Anschluss die Teststation entdeckt hat. "Es ist ohnehin an der Zeit, dass ich mich mal wieder teste", sagt sie. Womöglich nutze sie dann gleich noch die Gelegenheit, in das ein oder andere Geschäft zu schauen. Seit die Sieben-Tage-Inzidenz in der Region über 100 liegt, ist ein negatives Testergebnis Voraussetzung, um auch in Geschäften außerhalb des täglichen Bedarfs einkaufen zu können. "Deshalb lasse ich mich alle zwei Tage testen", erzählt eine andere Frau. Ihr Sohn ziehe gerade aus, ständig gelte es, Besorgungen in Möbelhäusern und Baumärkten zu machen. Natürlich könne sie dort jedes Mal einen Selbsttest machen - doch der gilt dann nur für dieses eine Geschäft. Ein Schnelltest, der 24 Stunden Gültigkeit hat, sei ihr lieber.

Die rollenden Corona-Testzentren sind zehn Meter lang und dank Solarmodulen sogar eine gewisse Zeit ohne Steckdose einsatzbereit. (Foto: Georgine Treybal)

Apotheker Florian Max, der die mobile Teststation vor seinem Geschäft mitinitiiert hat und diese mit Strom versorgt, ist ebenfalls begeistert. Seine Apotheke biete nicht die räumlichen Möglichkeiten für Schnelltests, "das funktioniert im Freien viel besser". Als Apotheker hatte er zum Start die Lizenz zur Durchführung der Tests. Inzwischen hat Gebhard auch die Zulassung als mobile Station der Landkreise München und Starnberg. Sein Plan ist es, dort zu testen, wo der Bedarf groß ist. Aktuell seien das Einkaufsstraßen oder Parkplätze vor großen Super- und Baumärkten, kommende Woche will er zentrale Plätze in Starnberg anfahren.

In Zukunft könnten es aber auch Abiturienten vor ihren Prüfungen sein oder Besucher vor Konzerten oder Veranstaltungen. Aktuell komme er täglich im Schnitt auf 100 Personen, die einen Abstrich machen lassen - doch da sei noch deutlich Luft nach oben. 100 Tests pro Stunde und Trailer seien möglich, rechnet er vor. Gebhard besitzt zwei der meterlangen Gefährte, außerdem noch ein Wohnmobil, das ebenfalls eingesetzt werden könne. Zeitlich begrenzt seien die Trailer sogar autark einsatzbereit, Solarmodule speisen dann die Batterien zur Stromversorgung. "Ich könnte also auch mal eine Stunde für eine Aktion in Pentenried stehen."

Bis zu 100 Abstriche am Tag will Marcus Gebhard pro umfunktioniertem Anhänger anbieten. (Foto: Georgine Treybal)

Während viele Kommunen anfangs zögerlich gewesen seien, herrsche inzwischen sowohl auf politischer Ebene als auch bei den Einzelhändlern große Zustimmung, wie Apotheker Florian Max erzählt, der für die Freien Wähler im Planegger Gemeinderat sitzt und Mitglied im Gewerbeverein ist. "Vor wenigen Wochen noch hatten die Einzelhändler überlegt, alle Schaufenster schwarz zu machen." Nun dürfe man doch öffnen und dank Gebhard müsse nicht jeder Inhaber selbst ein Test-Konzept entwickeln. Stattdessen hängen an den Türen der Geschäfte Zettel von Gebhards mobiler Station inklusive Barcode-Scan.

Es geht ganz einfach und ohne Zettelwirtschaft: Wer sich einmal registriert hat, kann künftig immer wieder kommen und ohne erneute Eingabe sämtlicher Daten einen Abstrich machen. Es muss auch keiner vor Ort auf das Ergebnis warten - das kommt zehn bis 15 Minuten später per E-Mail aufs Smartphone. Wer es lieber schwarz auf weiß haben will, könne selbstverständlich auf den Ausdruck warten.

Wer sich nicht öfter als einmal in der Woche testen lässt, zahlt nichts. Bislang hat Gebhard auch ein Auge zugedrückt, wenn jemand zweimal kam oder Firmen reihenweise ihre Mitarbeiter schickten. Noch hat er die Tests nicht über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet, "die 44 Seiten Papier muss ich mir noch durchlesen". Er habe einfach losgelegt, sagt der 56-Jährige, weil er nicht länger unzufrieden mit dem Tun anderer sein wollte. Ob sich das rechnet? Die Einkaufskosten für die Schnelltests bekomme er erstattet, zusätzlich erhalte er zwölf Euro pro durchgeführten Test. "Meine Leute und die Ausstattung sind damit hoffentlich gedeckt", sagt Gebhard. Dass die Tagesmiete für einen seiner Trailer vor der Pandemie bei 900 Euro lag - geschenkt.

Einen Überblick, wo die mobilen Teststationen stehen, gibt es unter www.corona-testcenter.net

© SZ vom 27.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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