Coronavirus im Landkreis Starnberg:Stoff in der Krise

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Nachschub im Landratsamt: Näherin Christiane Grötsch bekommt die 28 Meter Stoff von Conny Schulz und Isabell Bernlochner (von links) vom Starnberger Heimat- und Trachtenverein zugeschnitten. (Foto: Nila Thiel)

Gemeinden bitten Freiwillige in Initiativen und Vereinen, Schutzmasken für örtlichen Pflegedienste und Altenheime zu nähen

Von Astrid Becker und Carolin Fries, Starnberg

Landratsamtssprecherin Barbara Beck hat am Sonntag spontan zwei Frauen vom Starnberger Trachtenverein ins Landratsamts bestellt. Nicht etwa zum Auszählen der Briefwahl, sondern zum Schneiden von Meterware Stoff, wie sie die bayerischen Landkreise auf Initiative von Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger geliefert bekommen haben. 400 Meter Vlies am Stück holte Kreisbrandrat Peter Bauch am Nachmittag aus dem Katastrophenschutzlager in Oberpfaffenhofen ab, im Sitzungssaal des Landratsamtes warteten dort schon die Damen mit ihren Scheren.

Der Stoff ist laut Ministerium für FFP2- und FFP3-Masken zertifiziert, jedoch: Die Masken müssen erst noch genäht werden. Darum sollen sich im Landkreis Starnberg nun die Bürgermeister der 14 Gemeinden kümmern. "Jede Gemeinde bekommt 28 Meter Stoff", so Landratsamtssprecherin Barbara Beck. Freilich müssten die Bürgermeister nicht selbst zu Nadel und Faden greifen, sondern auf Initiativen und Vereine zugehen. Anleitungen und Musterstücke hätte das Ministerium mitgeschickt, so Beck. Die fertigen Schutzmasken sollen dann vorrangig an die örtlichen Pflege- und Altenheime sowie die ambulanten Pflegedienste verteilt werden.

Bereits am vergangenen Freitag hatten sich erneut die Bürgermeister zum Krisen-Jour Fixe im Landratsamt getroffen. "Wir bekommen täglich neue Anweisungen, die dann wieder Fragen aufwerfen", so Landratsamtssprecherin Beck dazu. In den Gemeinden würden die Sitzungen der Ratsgremien aufs Notwendigste beschränkt, auch der Publikumsverkehr in Rathäusern und Kreisbehörde ist nur noch in dringenden Fällen möglich. In Wörthsee etwa arbeitet die Verwaltung mittlerweile in zwei Schichten und im Homeoffice. Wer dort persönlich vorsprechen will, muss erst ein Formular mit gesundheitlichen Angaben ausfüllen. Zudem seien alle Maifeiern im Landkreis abgesagt, postete Bürgermeisterin Christel Muggenthal auf Facebook. Großveranstaltungen wie diese machten derzeit keinen Sinn, so auch die Sprecherin des Landratsamts, Beck. Der "Peak" der Ansteckungen im Landkreis werde erst Mitte Mai erwartet. Unterdessen lockte das Frühlingswetter am Samstag Hunderte an den Starnberger See und an den Ammersee. Allein die Polizei Dießen kontrollierte am Westufer mehr als 100 Mal. Die meisten Bürger zeigten sich laut Polizei verständig, in Einzelfällen mussten die Beamten aber Platzverweise aussprechen.

© SZ vom 30.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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