Bücherschränke:Herzerwärmendes aus dem Eisfach

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Eine Starnberger Initiative will Literatur auch für Menschen zugänglich machen, die sich keine Bücher leisten können. Sie hat zwei ausrangierte Kühlschränke voll mit Lesestoff in Percha und Possenhofen aufgestellt, an denen sich jeder kostenlos bedienen darf

Von Martina Griessbacher, Starnberg

Die Initiatoren (stehend v.li.) Stephanie Moder, Anja Morandell, Cathrin Dierks (Betreiberin Steg1), Karin Gaul, Alexander Vell sowie (sitzend) Lilian Kura, Anja Moritz und Enya Herbst vor dem Kühlschrank in Possenhofen. (Foto: Indi Herbst)

Die Liegewiese beim Badegelände in Percha ist gut gefüllt, die Schlange vor dem Kiosk ist konstant lang. Mitten in diesem Gedränge, unmittelbar neben den Wartenden, steht ein großer, leuchtend rot lackierter Kühlschrank. Doch in dem Kühlschrank sind keine eiskalten Getränke zu finden, sondern Bücher: Kriminalromane, Liebesgeschichten, Zeitschriften, Kinderbücher - im "Bücher-Kühli" ist bestimmt für jeden Geschmack etwas dabei. Dieser ist einer von zwei Bücherkühlschränken, die kürzlich von der Initiative "Starnberger Bücherschrank" eingerichtet wurden. Das zweite Stück steht am Steg 1 in Possenhofen.

Begonnen hatte alles mit einem Posting in einer Facebook-Gruppe. In diesem erkundigte sich eine Nutzerin, ob es in Starnberg Pläne für öffentliche Bücherschränke gebe. Das war im vergangen Januar. Daraufhin haben sich neun Leute zusammengetan und das Projekt "Starnberger Bücherschrank" ins Leben gerufen. Cathrin Dierks, Karin Gaul, Enya Herbst, Indi Herbst, Lilian Kura, Stephanie Moder, Anja Morandell, Anja Moritz, Matthias Reichert und Alexander Vell arbeiteten seit Februar in ihrer Freizeit an der Umsetzung ihrer Pläne. Als die Gruppe Thomas Frey, dem Inhaber der "Seestubn" in Percha, vorgeschlagen hat, einen ihrer Schränke bei seinem Kiosk aufzustellen, hat er sofort zugesagt. Im Juli war es dann soweit: Der knallrote Kühlschrank wurde angeliefert. "Es ist alles nach und nach wie ein Puzzle entstanden", sagt Karin Gaul.

Die Gruppe hat das Projekt ganz ohne Budget verwirklicht. Finanzielle und materielle Spenden von Sponsoren sowie die Mithilfe von Freunden und Bekannten der Initiatoren machten es möglich. So kamen sie an ausgemusterte Kühlschränke, an ein Logo und Aufkleber davon, Farben zum Lackieren der Schränke, Einlegebretter aus Holz und das wohl Wichtigste: zahlreiche Bücherspenden. "Das war nur in Gemeinschaft möglich", sagt Stephanie Moder rückblickend.

Bücher auch für die Kleinsten. (Foto: Arlet Ulfers)

Dass sich die Gruppe für Kühlschränke anstelle von herkömmlichen Bücherschränken oder -regalen aus Holz entschied, hat einen einfachen Grund: Die Kühlschränke sind wasserdicht und wetterfest. Und da diese ganzjährig im Freien stehen werden, war das ausschlaggebend für die Wahl.

Nach einem Spendenaufruf auf Facebook meldeten sich einige Personen, die Bücher abzugeben hatten, und auch die Initiatoren selbst und ihre Familien und Freunde sortierten ihre Bücherregale aus. An drei Tagen hat Gaul dann zahlreiche Kisten mit Büchern eingesammelt, die für die Erstbestückung auf die Kühlschränke verteilt wurden. In Zukunft soll sich das Projekt aber zum Selbstläufer entwickeln, indem Bürger eigenständig Bücher herausnehmen, tauschen oder in die Schränke stellen.

"Zeilen zum Teilen" ist in großen Lettern auf dem Kühlschrank zu lesen. Das ist einer der Gründe, warum die Gruppe das Projekt verwirklicht hat. "Ein Ziel war es, Bücher zugänglich zu machen. Besonders für Menschen, die sich das sonst nicht leisten können", erklärt Moder. Auch Nachhaltigkeit war ein wichtiges Thema: Ausgediente Kühlschränke landen nicht auf dem Schrottplatz, sondern werden wiederverwendet. Für die Bücher gilt dasselbe, denn durch ihre Initiative werde ihnen "neues Leben eingehaucht", so Moder. Natürlich war es der Gruppe auch ein Anliegen, mehr Menschen zum Lesen zu animieren. Alle Beteiligten engagierten sich gerne für die gute Sache, sagt Gaul. "Wir wollten für die Bürger in Starnberg etwas Positives bewegen." Das ist dem Team wohl auch gelungen, bisher hat es nach eigenen Angaben kein negatives Feedback erhalten.

Mit den beiden "Bücher-Kühlis" ist die Arbeit der Initiative noch nicht getan. Es wird noch einen dritten Standort geben; wo das sein wird, steht aber noch nicht fest. Zudem ist die Gruppe seit einigen Monaten auch mit der Stadt im Gespräch, die auf ihre Initiative hin zwei Bücherschränke bauen lässt, die in Zukunft am Kirchplatz und im Seebad stehen werden.

© SZ vom 30.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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