Brauchtum:Mehrere Hundert Menschen kommen zum Leonhardiritt in Utting

Lesezeit: 2 min

Gut zwei Dutzend Pferde umrunden samt Prozessionswagen die Kirche und werden gesegnet. Die Tradition geht auf das Jahr 1750 zurück.

Von Boris Messing, Utting

Seit nunmehr zwölf Jahren steht die Künstlerin Angelika Böhm-Silberhorn jedes Jahr an der Gabelung vor der Leonhardkirche in Utting und malt die Prozession des Leonhardiritts. Als alles schon vorbei ist und die Menge sich in die Halle des Sedlmeir-Hofs drängt, um bei Bier, Essen und Musik den Festakt ausklingen zu lassen, steht sie noch immer da und tupft die letzten Kleckse Öl auf die Leinwand. "Ich bin ein Leonhardikind", sagt sie fröhlich, "am 6. November ist mein Geburtstag." Das ist nämlich der eigentliche Termin für die traditionelle Pferdesegnung, die aus praktischen Gründen heuer aber auf den Sonntag, 4. November, vorgezogen wurde. Da ist weniger Verkehr und mehr Leute haben Zeit.

1 / 2
(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Selbst die Kleinsten haben die Zügel schon fest in der Hand - und die Zuschauer kommen zu Hunderten nach Utting.

2 / 2
(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Beim Leonhardiritt spendet heuer der Füssener Kaplan Christian Wolf, der aus dem Ort stammt, mit dem Uttinger Pfarrer Xavier Namplampara den Segen.

Zwölf Jahre - ein Klacks im Vergleich zur langen Geschichte des Leonhardiritts in Bayern. Seit 1750 findet die kirchliche Pferdesegnung in Utting statt und ist damit nicht viel jünger als die große Bruderveranstaltung in Bad Tölz. Und seit anno 1890 organisiert der Leonhardiverein den Ritt um die Leonhardkirche in Utting. Dreimal müssen die Pferde dabei der Tradition gemäß diese umkreisen, um sich vom Pfarrer der Gemeinde segnen zu lassen. So ist es auch in diesem Jahr.

Pferde und Wagen sind prächtig geschmückt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Punkt zehn Uhr am Vormittag startet der Tross an der Industriestraße und zieht im Laufschritt zur Leonhardkirche. Manch eine Dame und manch ein Herr unter den Zuschauern haben sich in Tracht besonders fein herausgeputzt, um im leider etwas matten Herbstlicht zu erstrahlen. Sogar zwei Reiter in Cowboy-Kluft haben sich eingefunden.

Gut zwei Dutzend Pferde, bestückt mit Fahnen und Standarten, bilden die Vorhut der Prozession, gefolgt von der Uttinger Blaskapelle und einigen anderen Prozessionswagen. Außer Trachten-, Schützen- und Gesangsverein, der Freiwilligen Feuerwehr und der Wasserwacht hat es mehrere Hundert Menschen aus der Umgebung nach Utting verschlagen, um dem feierlichen Ereignis beizuwohnen. Als der Tross endlich die Kirche erreicht und sie dreimal umkreist, segnen der aus Utting stammende Füssener Kaplan Christian Wolf und Pfarrer Xavier Namplampara jedes einzelne Pferd mit Weihwasser. Schwaden von Weihrauch erfüllen die Luft. Und der Geruch von Pferdeäpfeln. Diese werden, kaum sind die Menschen fort, vom Reinigungswagen der Gemeinde weggeputzt.

So geordnet soll es allerdings in früheren Zeiten nicht zugegangen sein, da kam es, so wird berichtet, auch schon einmal zu morgendlichen Alkoholexzessen und Schlägereien. Erst seit dem 19. Jahrhundert verläuft der Leonhardiritt in wohlgeordneten Bahnen.

Auch an diesem Sonntag geht die Prozession ohne Zwischenfälle zu Ende. Unaufgeregt, aber feierlich. Sehen und gesehen werden. Das halbe Dorf ist auf den Beinen - und auch der Landsberger Landrat Thomas Eichinger und der Uttinger Bürgermeister Josef Lutzenberger lassen sich in einer Kutsche um die Kirche ziehen. "Das ist halt authentisch", fasst es ein alter Mann zusammen, "Brauchtum seit Hunderten von Jahren".

© SZ vom 05.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: