Bewusstsein geschärft:Rudern nur mit Schwimmweste

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Zwar liegen die Dampfer noch im Hafen, aber die Ruderclubs machen ihre Boote startklar. Heuer steht die Sicherheit verstärkt im Fokus. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nach den tragischen Ereignissen in den vergangenen zwei Jahren, bei denen unter anderem ein 13-jähriger Schüler mit seinem Boot verunglückte und ertrank, achten die Clubs am Starnberger See auf mehr Sicherheit

Von Christian Deussing, Starnberg

Bald beginnt wieder die Rudersaison und noch mehr Sportler trainieren in ihren Booten auf dem Starnberger See. Doch das Wasser ist mit knapp fünf Grad noch eiskalt. Wenn ein Boot wegen tückischen Böen und Wellen kentern sollte, ist das lebensgefährlich, weil der Körper schnell auskühlt. Die Sportler hätten diese "Gefahren ständig selbst einzuschätzen und sich entsprechend zu verhalten", warnt der Münchener Ruder-Club (MRC) aus Starnberg auf der Homepage seine Mitglieder. Es sollten Rettungswesten getragen und bei "unsicheren Bedingungen im Zweifelsfall lieber nicht gerudert werden".

In dem Verein mit seinen 557 Mitgliedern ist die "Sicherheit" ein großes Thema - besonders nach dem Tod eines 13-jährigen Schülers am 19. April 2015 auf dem Starnberger See. Er hatte an einer Sport AG des Münchner Wilhelmsgymnasiums mit dem MRC teilgenommenen und war im acht Grad kalten Wasser ertrunken. Der Anfänger war in seinem Einer-Rennboot abgetrieben und entgegen der Vorschrift von keinem Motorschiff begleitet worden. Zwei Übungsleiter sollen damals beim Training gegen die Aufsichtspflicht verstoßen haben und wurden wegen "fahrlässiger Tötung durch Unterlassen" bereits vor 16 Monaten von der Staatsanwaltschaft München II angeklagt. Doch ein Prozesstermin steht noch immer nicht fest.

Nach diesem tragischen Ereignis war es vor gut einem Jahr wieder zu einem Unglück gekommen, an dem Teammitglieder des MRC beteiligt waren. Die vier leicht bekleideten Ruderer kenterten, weil ihr Boot ohne Abdeckung vollgelaufen war. Eine 31-jährige Frau wurde schwer unterkühlt in letzter Sekunde von der Starnberger Wasserwacht aus dem Wasser gezogen. Die Münchner, die sich offenbar eigenverantwortlich für die Ausfahrt entschieden hatten, trugen keine Rettungswesten.

Es seien jedoch ganz unterschiedliche Fälle gewesen, betont der MRC-Präsident Eler von Bockelmann. Er verweist darauf, dass es schon immer Vorgaben und Sicherheitsregeln in seinem Verein gegeben habe. Allerdings sei nach den Vorfällen das "Bewusstsein geschärft" worden und die Quote der Westenträger inzwischen erfreulich hoch. Es gebe zudem weiterhin Sportarbeitsgemeinschaften mit Gymnasien - aber nicht mehr mit dem Wilhelmsgymnasium.

Auch der Münchener Ruder- und Segelverein (MRSV) in Starnberg bietet seit langem Ruderkurse für Schüler an, kooperiert wird mit dem Starnberger Gymnasium. Sie sitzen in breiten, unsinkbaren Gig-Vierern und in Achtern, nicht in kippeligen Rennbooten. Es seien beim Schulrudern stets ausgebildete Steuermänner dabei, ebenso ein Motorboot. Nur bei "optimalen Bedingungen" werde mit Anfängern auf dem Wasser trainiert, versichert MRSV-Ruderwart Thomas Thallmair. In Rennbooten gelte bei Jugendlichen aus dem Verein generell die Pflicht, Schwimmwesten zu tragen. Das werde bei kalten Wassertemperaturen auch dringend den erwachsenen Sportlern geraten. Zudem müsse jede Fahrt beim MRSV genau dokumentiert werden. "Bei Windstärke 4 geht es aber nicht raus", sagt Thallmair. Die Wasserwachten und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) haben auch die Rudersportler im Blick. "Wir sind mit den Vereinen in guten Gesprächen", berichtet Walter Kohlenz, Sprecher der DRLG im Landkreis Starnberg. Es gehe hierbei unter anderem um Rettungswesten, geeignete Kleidung und gemeinsame Übungen mit Einsatzkräften, erläutert Kohlenz. Voriges Jahr haben die Wasserwacht und DLRG zwei Ruderboote des Münchener Ruder-Clubs getauft und die Patenschaft übernommen. Dessen Vorsitzender, von Bockelmann, hofft aber inständig, dass diese und alle andere Boote nicht zum Anlass einer Rettungsaktion werden. Zu tief sitzt ohnehin noch der Schock nach den schlimmen Ereignissen.

Der Tod des Schülers ist aber nicht nur für dessen Angehörigen und Freunde, sonder auch für die beschuldigten Aufsichtspersonen weiter eine große seelische Belastung. Die 50 und 67 Jahre alten Übungsleiter gelten als sehr erfahren. Für die Staatsanwaltschaft wäre allerdings das tödliche Ruderunglück vor knapp zwei Jahren vermeidbar gewesen.

© SZ vom 30.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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