Besuch:Lehrer aus Taiwan lernen die Berufsschule kennen

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Neu geknüpfte Kontakte tragen Früchte. Der Austausch im Bildungssystem soll noch weiter vertieft werden

Von Astrid Becker, Starnberg

Es ist etwas mehr als zwei Wochen her, dass eine Delegation des Landkreises rund um Landrat Karl Roth aus Taiwan zurückgekehrt ist. Dort hatte sie die Partnerstadt des Kreises, New Taipei City, besucht, neue Freundschaft mit dem Landkreis Hualien im Osten des Inselstaats im Pazifik geschlossen und viele Kontakte auf schulischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene geknüpft. Die dort begonnene Vertiefung der Beziehungen zwischen dem Landkreis und dem ostasiatischen Land zeigt bereits Folgen: Am Montag und Dienstag haben Vertreter einer taiwanischen Berufsschule ihr Pendant in Starnberg besucht. Eines ist dabei klar geworden: Auch auf dieser speziellen Bildungsebene wollen beide Seiten künftig verstärkt zusammenarbeiten.

"Schön ist Ihr Landkreis", das sind die ersten Worte, die bereits am Montag von Chung-Ju Chen zu hören sind, einer Vertreterin der Stadtverwaltung von New Taipei City, die sich auch Sophie nennt. Das ist eine Besonderheit, die hierzulande nicht ganz schlüssig erscheint. Aber in Taiwan ist es normal, dass die Menschen neben ihren eigentlichen Namen auch welche aneignen, die nicht gerade landestypisch klingen. Dafür erhalten Europäer auch in Taiwan Namen, die für die Menschen dort leichter auszusprechen und zu verstehen sind. Aber recht lange halten sich diejenigen, die an diesem Montag aufeinandertreffen, nicht mit derartigen Nebensächlichkeiten auf. Denn es geht um Wichtigeres: Auszuloten, ob und wie eine Zusammenarbeit, eine Kooperation zwischen Berufsschulen der beiden Länder funktionieren kann. Dafür sind gleich drei Lehrer und der Schulleiter Tsun-Pang Cheng (der sich als "Daniel" vorstellt) der Tung Hai High School nach Starnberg gekommen, um hier am Staatlichen Berufsschulzentrum alles über das duale Ausbildungssystem in Deutschland zu erfahren, über Unterrichtsmethoden an den Berufsschulen und Einblick in einzelne Ausbildungsrichtungen zu erhalten und dabei auch zu erzählen, wie das Thema in Taiwan gehandhabt wird.

Auch dort gibt es in einzelnen Branchen duale Systeme, das heißt: Die Auszubildenden arbeiten in einem Betrieb und besuchen dann für die Theorie eine Schule. Wieder andere absolvieren ihre gesamte Ausbildung an einer schulischen Einrichtung. Das klingt zunächst ähnlich. Doch zum Beispiel weichen die Lehrpläne an den Schulen dort stark von dem ab, was Ausbildungsbetriebe in der Praxis leisten können. "Da klaffte es oft auseinander", erzählt "Daniel" Tsun-Pang Chen. In diesem Jahr jedoch habe ihre Regierung den Schulen mehr Flexibilität im Curriculum eingeräumt. "Wir können theoretisch auch neue Jobs beziehungsweise Inhalte kreieren", sagt er.

Zum Beispiel in Gastronomieberufen, die neben Ausbildungen in der IT-Branche oder dem Design an der Tung Hai High School absolviert werden. Lauter Fächer, die es so am Berufsschulzentrum in Starnberg nicht gibt. Wohl aber artverwandte Ausbildungen, zum Beispiel zur Fachkraft für Lebensmitteltechnik oder zum Fischwirt. "Es ist wichtig, dass jemand, der in der Gastronomie arbeitet, auch weiß, mit welchen Produkten er umgeht und woher sie kommen", sagt "Daniel" Tsun-Pang Chen. Diesen Satz spricht er am Dienstagvormittag aus, bei dem Besuch der Taiwaner im Institut für Fischerei der Landesanstalt für Landwirtschaft in Starnberg. Dort werden die Fischwirte in Kooperation mit der Berufsschule ausgebildet. Für Taiwan ist dies insofern recht interessant, weil Fisch fester Bestandteil der Kultur dieses Landes ist. Es ist sogar dafür weltberühmt, wie der Starnberger Institutsleiter Helmut Wedekind sagt. Sämtliche Fischzuchten hierzulande, Karpfenbecken und Co., gingen auf das 2000 Jahre alte Wissen darum in Taiwan und China zurück. Mittlerweile seien die Menschen dort auch wahre Meister in Aquakultur, auch in den damit verbundenen Technologien und in der Forschung dazu, meint er. Daher sei er "äußerst interessiert" an einem intensiveren Austausch: "Wir können da eine Menge lernen", sagt er. Und umgekehrt offenbar auch. Denn am Ende dieses Besuchs sind sich alle einig über eine Zusammenarbeit in Zukunft. Wie diese genau aussehen könnte, das soll nun noch im Detail geklärt werden.

© SZ vom 09.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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