Bernried:Spanischer Spiegel in Bernried

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Das Bayerische Fernsehen zeichnet seine Sendung "Kunst und Krempel" im Schloss Höhenried auf

Sylvia Böhm-Haimerl

Bernried "Bei uns wäre ein Schreiner, der so etwas gemacht hätte, aus der Zunft geworfen worden - diese etwas großzügige Art der Bearbeitung spricht für den südeuropäischen Raum", beurteilt Gert Nagel, Experte der Sendung "Kunst und Krempel", den spanischen Spiegel des ehemaligen Bürgermeisters von Tutzing, Peter Lederer. Zusammen mit seiner Frau Christa wurde er mit dem Erbstück zur Sendung Kunst und Krempel eingeladen, die für das Bayerische Fernsehen drei Tage lang auf Schloss Höhenried in Bernried aufgezeichnet wird.

Alleine für den Themenschwerpunkt Möbel sind 60 Bewerber angemeldet. Viele haben einen langen Anfahrtsweg in Kauf genommen, um in der Sendung auftreten zu können. Der Spiegel mit dem aufwändig geschnitzten und mit Bibel-Motiven bemalten Rahmen des Ehepaares Lederer hat es nicht vor die Kamera geschafft. Auch das Lüsterweibchen von Angela und Wolfgang Böhm aus Hanfeld kommt nicht in die engere Wahl. Nur kurz lassen die beiden Möbel-Experten Hans Ottomeyer und Uwe Dobler ihren professionellen Blick durch den Raum schweifen, um 15 Antiquitäten für die Sendung auszuwählen. Fragen werden nicht gestellt, das heben sich die Experten auf, bis sie vor der Kamera stehen.

Redaktionsleiter Florian Maurice hatte zuvor die Gäste gewarnt. Es gehe nicht alleine nach dem Wert des Objekts, hatte er gesagt, sondern auch darum, in der Sendung - aus der Aufzeichnung entstehen bis zu 20 Sendungen - Abwechslung zu bieten, etwa durch seltene Stücke oder durch unterschiedliche Formate und Größen. Und nach Angaben von Franziska Dessauer, der Expertin für Uhren und Spielzeug aus Tutzing, wurden bislang selten so viele Objekte von so hoher Qualität angemeldet wie für Bernried.

Dennoch haben die Experten nicht die Qual der Wahl. "Es springt einen an", erklärt Ottomeyer, warum er manche Antiquitäten innerhalb von Sekunden auswählt, während er andere nicht einmal eines Blickes würdigt. Zahlreiche große Objekte werden bereits im Saal in Position gebracht, in dem gedreht wird. Der Bauernschrank eines Ehepaares aus Eichstätt ist ausgewählt worden und Stühle mit aufwändigen Lederarbeiten, die der Urgroßvater von Susanne und Alexandra Wehner aus München hergestellt hat.

Nun fehlen noch kleinere Gegenstände. Doch bei einem verzierten Beistelltisch winkt Ottomeyer ab. Später sollte sich herausstellen, dass die Einlegearbeiten nicht wie von den Besitzern angenommen aus Elfenbein sind, sondern aus Kunststoff. Ottomeyer muss jetzt in die Maske. Das Gesicht wird nur gepudert, viel Zeit nehmen sich die beiden Maskenbildner für die Hände. Denn bei einer Großaufnahme seien die Hände in 40-facher Vergrößerung zu sehen, sagt der ehemalige Präsident des Deutschen Historischen Museums Berlin, der seit mehr als 20 Jahren als Experte für Möbel und Gemälde in der Sendung auftritt. Der Drehbeginn rückt näher. Unter den rund 35 Mitarbeitern des Fernsehteams herrscht Betriebsamkeit, aber keine Hektik. Das meiste ist eben Routine, schließlich gibt es die Sendung schon seit 25 Jahren.

Für Eigentümer von Antiquitäten, die nicht in die Sendung kommen, gibt es einen Trost. Ihre Objekte werden nicht nur von einem anderen Expertenteam beurteilt, sie werden auch gefilmt für ein so genanntes "Making of" rund um die Sendung. Das Ehepaar Lederer jedenfalls geht positiv überrascht nach Hause. Auch wenn ihr rund 150 Jahre alter Spiegel nicht als Antiquität, sondern als Dekoration eingestuft wurde, schätzte der Experte den Wert immerhin auf rund 2000 Euro.

© SZ vom 11.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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