Bernried:Kapitalismuskritik in Gold

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Alles Gold, was glänzt: Petra Winterkamp vor ihrer Installation "Eldorado", die in der Galerie Marschall ausgestellt ist. (Foto: Arlet Ulfers)

Petra Winterkamp, Konrad Schmid und Johannes von Stumm zeigen in der Ausstellung "Der goldene Schnitt" ihre Installationen, minimalistischen Holzschnitte und Plastiken

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Er ist von Natur aus in Schneeflocken und Muscheln, in Samen, Lilien, Ananasfrüchten, ja sogar in der menschlichen DNA zu finden, aber auch in Pyramiden, gotischen Kathedralen und Kunstwerken: der Goldene Schnitt. Die als "göttliche Proportion" bezeichnete Aufteilung nach einem einzigartigen harmonischen Verhältnis fasziniert die Menschen und dient seit mehr als 2500 Jahren als ästhetischer Leitfaden für Kunst und Architektur.

Laut Professor Gunter Klabes, dem Laudator der Ausstellung "Der Goldene Schnitt" in der Bernrieder Galerie Marschall, wurde sogar das Design des Apple- I-Phones nach dem Maßstab des Goldenen Schnitts entworfen und sei auch deshalb so erfolgreich. Künstler wie Petra Winterkamp, Konrad Schmid sowie Johannes von Stumm haben quasi schon von Berufs wegen ein gutes Gefühl für Proportionen und beschäftigen sich daher meist intuitiv mit dem Goldenen Schnitt als Symbol für Harmonie und Schönheit. Für die Ausstellung in Bernried haben sie eigene Werke nach dem mathematschen Prinzip des Goldenen Schnitts entworfen.

Der niederbayerische Künstler Konrad Schmid hat zunächst seine älteren Werke untersucht und festgestellt, dass er aus einem "reinen Bauchgefühl" heraus dem Prinzip des Goldenen Schnitts gefolgt ist. Manches sei zwar asymmetrisch, doch letztendlich wirke ein Kunstwerk nur ruhig und ausgeglichen, wenn es im Verhältnis zwei Drittel zu einem Drittel, also grob nach dem Prinzip des Goldenen Schnitts eingeteilt sei, sagte er. Sogar wenn man seine äußerst minimalistisch gestalteten Holzschnitte dreht, sind sie in sich stimmig, weil das Prinzip des Goldenen Schnitts und damit die ästhetische Wirkung bestehen bleibt. Durch die andere Perspektive bekommen sie aber eine andere Aussage.

Der Passauer Künstler fühlt sich dem Zen-Buddhismus verwandt. Seine Holzschnitte erinnern an japanische Tusche-Zeichnungen. Schmid beginnt seine Werke immer mit einer schwarzen Fläche. Die Farbe Schwarz, die er aus verschiedenen Tönen mischt, habe für ihn fast etwas Meditatives, sagt er. Nachdem er helle Farbe darübergelegt hat, wird der schwarze Untergrund nach seinen Vorstellungen wieder herausgefräst. Als Vorlage für seine Werke dienen Bleistift-Skizzen. Schmidts fertigt stets stille, leise Handdrucke in sehr kleiner Auflage. Im Gegensatz dazu stehen die Gemälde von Petra Winterkamp. Ihre leuchtenden, tiefen Farben, die in unzähligen Schichten aufgebracht werden, bringen ihre Bilder zum Strahlen. Graue oder weiße Farbe ist unterlegt mit Blattgold. Winterkamp arbeitet mit Spachtelmasse, in die sie Textilien wie Jeans oder Schnittmuster einarbeitet. Sogar das "Kapital" von Karl Marx hat sie gespachtelt und vergoldet. Für die Installation "Eldorado" trug sie verschiedene Goldtöne in 18, beziehungsweise 22,5 Karat hauchfein auf die Oberfläche von 64 Holztäfelchen auf. Als Gesamtkunstwerk - alleine das Aufhängen nahm fünf Stunden in Anspruch - bilden sie eine dramatische Einheit. Winterkamps Kunstwerke erzeugen Tiefe und geheimnisvolle Wirkung.

Die Plastiken des Bildhauers Johannes von Stumm wiederum sind Wunderwerke aus Glas gemischt mit Bronze, Stein oder Holz. Der Künstler, der in der Nähe von London lebt, hat sieben Jahre lang Glasbläserei im Bayerischen Wald erlernt. Die Formen in verschiedenen Materialen überschneiden sich und fügen sich passgenau im Maßverhältnis des Goldenen Schnitts zu einer dreidimensionalen Räumlichkeit zusammen.

"Seien wir uns gewiss, dass der Goldene Schnitt, also das richtige Maß, sich gegen alle Maßlosigkeiten und Hässlichkeiten letztendlich durchsetzen wird", sagte Galeriebetreiberin Martina Marschall bei der Eröffnung.

Die Ausstellung ist noch bis 30. April, jeweils am Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr, in der Galerie Marschall in Bernried zu sehen.

© SZ vom 21.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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