Bernried:Die Brücke-Maler und ihr Interieur

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Kurator Kai Schupke (li.) ist der erste externe Kurator, den Direktor Daniel J. Schreiber ins Buchheim-Museum geholt hat. (Foto: Ulfers)

Das Buchheim-Museum zeigt 170 Exponate von Kirchner, Nolde, Heckel und Schmidt-Rottluff auf drei Ebenen

Von Katja Sebald, Bernried

"Wir sind derzeit das größte Brücke-Museum der Welt", verkündete der Direktor des Buchheim-Museums in Bernried Daniel J. Schreiber stolz. Obwohl er gleich darauf einschränken musste, dass es sich dabei nur um eine gefühlte Wahrheit handelt, so sprechen doch allein die 170 Exponate, die vom Samstag, 2. Juli, an auf drei Ausstellungsebenen präsentiert werden, für die Richtigkeit seiner Behauptung. Die exquisiten Leihgaben und vor allem das Thema macht die Ausstellung zu etwas Besonderem. Erstmals widmet sich ein Museum dem zeitgeistigen Zusammenhang zwischen der 1905 in Dresden gegründeten Künstlergemeinschaft "Die Brücke" und der Lebensreform-Bewegung, die um 1900 nicht nur in Künstlerkreisen en vogue war, sondern weite Teile der Gesellschaft erfasst hatte.

Neben den Brücke-Künstlern Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Max Pechstein, Otto Mueller und Emil Nolde sind in der Ausstellung auch zeitgenössische Fotografien sowie Einrichtungsgegenstände und Objekte zu sehen, die nach ihren Entwürfen entstanden. Absolutes Highlight wird das berühmte Bett sein, das Kirchner für seine Lebensgefährtin Erna Schilling schnitzte und das den Besuchern des Buchheim-Museums bislang nur von dem Bild "Interieur mit Maler" bekannt war, auf dem es abgebildet ist. Dieses Bild von 1920 ist auch da, ist es doch ein bedeutendes Zeugnis für die Lebens- und Arbeitsweise der Brücke-Künstler: Ganz im Sinne der von der Lebensreform propagierten Durchgestaltung der eigenen Lebenswelt richtete man sich mit selbstgebauten und geschnitzten Möbeln ein, bemalte die Wände und wiederholte deren Motive in Gemälden, auf Kissen und Wandteppichen.

Die sich wiederholenden Motive ziehen sich als roter Faden durch die von Kai Schupke für Bernried konzipierte Ausstellung. Er ist Mitarbeiter der Galerie Henze & Ketterer in Wittrach bei Bern, die neben vielen anderen renommierten Institutionen als Leihgeber an der Ausstellung beteiligt ist. Das Bett, das allerdings nicht rechtzeitig zur Eröffnung da sein wird, kommt aus dem Kirchner Museum in Davos. Von der Nolde Stiftung in Seebüll wurde das Gemälde "Erste Menschen" von 1922 zur Verfügung gestellt - eine kleine Sensation.

Während die frühen Architektur-Zeichnungen von Kirchner, die während seines Studiums bei dem Reformarchitekten Fritz Schumacher entstanden, gesondert im Grafikkabinett gezeigt werden und auf der Galerie zeitgenössische Dokumente zur Lebensreform zusammengestellt wurden, sind die Exponate im zentralen Ausstellungsraum thematisch geordnet: In der Mitte dreht sich alles um das Atelier als Gesamtkunstwerk, aber auch um das wilde Leben, das darin stattfand. Die Darstellungen von Badenden stehen für den körperbetonten Lebensstil, für Nudismus und die Entdeckung des Sonnenbadens. Eine ganze Wand des Saals ist dem Thema Bewegung gewidmet, zu dem neben Turnen und Wandern vor allem der Kunsttanz gehörte. Eine weitere Wand ist dem propagierten "einfachen" Leben von Fischern und Bauern vorbehalten.

Die Zusammenstellung streng nach Inhalten erscheint ein wenig lehrerhaft. Und so reicht die Ausstellung, in der so viele Nackt- und Liebesszenen zu sehen sind, bei Weitem nicht an die Sinnlichkeit und feinsinnige Farbigkeit der zuletzt von Schreiber inszenierten Ausstellungen heran. Daran können auch die farbigen Wände nichts ändern, die strikt die Farben des Umschlags und des Vorsatzpapiers eines von Kirchner gestalteten Buchs wiederholen.

Die Ausstellung "Brücke und die Lebensreform" eröffnet am Samstag 2. Juli, um 18 Uhr. Sie ist bis zum 9. Oktober jeweils dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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