Bernried:Barocke Baustelle

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Die voraussichtlich drei Millionen Euro teure Sanierung der Pfarrkirche St. Martin wird sich zweieinhalb Jahre hinziehen. Heizung, Elektrik und Installationen müssen erneuert werden

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Die schwere Eingangstüre zur katholischen Kirche Sankt Martin in Bernried ist von einem großen Bauzaun abgeriegelt. Gerade sind die Handwerker mit dem Aufbau des Gerüsts im 33 Meter langen und 13,5 Meter hohen Kirchenschiff fertig geworden. Jetzt machen sie eine wohlverdiente Pause und sitzen auf dem Baumaterial, das innerhalb des Bauzauns gelagert wird. Kirchenpfleger Bernd Schulz ist die Erleichterung anzusehen. "Ich bin froh, dass wir nach 20 Jahren Vorlauf anfangen können", sagt er.

Schon seit Mai ist die Kirche geschlossen. Denn es waren zahlreiche Voruntersuchungen nötig, beispielsweise am so genannten Scheingewölbe. Diese Holzlattenkonstruktion war nach Angaben des beauftragten Architekten Martin Spaenle zur Zeit des Barocks üblich gewesen, wahrscheinlich weil sie ein geringeres Gewicht hatte und kostengünstiger war. Doch bei dieser Konstruktion können sich nach seinen Erfahrungen Lockerungen einstellen. Zudem müssten der Schmutz entfernt und Kirchenmalerarbeiten, etwa die Restaurierung der Deckengemälde, vorgenommen werden. Außerdem sei die statische Erneuerung der Empore geplant. Einen großen Teil der veranschlagten Kosten verschlingen eine neue Heizung, Elektrik und Installation. Alleine die Elektroarbeiten sind laut Spaenle mit etwa 480 000 Euro veranschlagt. Nach Auskunft des Staatlichen Bauamtes Weilheim werden die Sanierungsarbeiten insgesamt 3,14 Millionen Euro kosten. Der staatliche Anteil mache 1,66 Millionen Euro aus, den Rest müsse die Kirche übernehmen. Das Bistum habe seinen üblichen Zuschuss von 60 Prozent großzügig auf 75 Prozent aufgestockt, freut sich Schulz. Dennoch konnte die Pfarrgemeinde nach Angaben des Kirchenpflegers den veranschlagten Eigenanteil von 800 000 Euro - im Zuge der Sanierung ist auch die Restaurierung der Orgel geplant - nicht alleine stemmen. "Wir mussten viele Arbeiten verschieben", so Schulz. Jetzt steuert die Diözese 50 Prozent bei, der Rest kam durch großzügige Einzelspenden zusammen. Aber es werde noch mehr Geld benötigt, sagt Pfarrer Bernd Reithemann. Daher sei jede Spende willkommen, und sei sie noch so klein.

Die beweglichen Teile wie die Statuen, das Taufbecken oder Teile der Altäre in der im Jahr 1663 erbauten ehemaligen Klosterkirche der Augustiner Chorherren und heutigen Pfarrkirche sind bereits entfernt worden. Alle Mitglieder der Kirchenverwaltung haben laut Reithemann mitgeholfen, die Barockkirche zu räumen. Bevor die eigentliche Sanierung beginnt, müssen aber noch viele Bereiche wie die festen Teile der Altäre fest verpackt und geschützt werden.

An andere Stellen, beispielsweise an die Engel unter dem Deckengewölbe, komme man erst jetzt heran, nachdem das Gerüst fertig aufgestellt ist, erklärt der Architekt, der sich auf Denkmalpflege und kirchliches Bauen spezialisiert hat. Zunächst will er mit dem Pflegeprogramm beginnen, bevor er die Sanierungsarbeiten in Angriff nimmt.

Leider hätten sich bei den Ausschreibungen nicht viele Firmen gemeldet, da die Handwerker nach Spaenles Erfahrungen stark ausgelastet sind. "Es ist Glückssache, ob man Handwerksbetriebe bekommt", sagt er. Bis Ende 2023, also etwa zweieinhalb Jahre, werden die Arbeiten an der deutschlandweit beliebten Hochzeitskirche voraussichtlich dauern.

So lange werden die Gläubigen in Bernried auf die 1382 gebaute und später barockisierte Hofmarkskirche ausweichen müssen. Pfarrer Reithemann bezeichnet das als Glücksfall. Die Hofmarkskirche, die die Bernrieder nach der Säkularisation für 175 Gulden gekauft und so vor dem Abriss bewahrt hatten, ist zwar viel kleiner, steht aber in unmittelbarer Nähe am anderen Ende des Klosterhofs. Der Umzug der Messbücher, Kelche und Messgewänder war daher nicht weit. Für Mesner Helmut Schindler allerdings sei der Aufwand groß, sagt der Pfarrer. Er müsse jetzt alles umorganisieren, etwa Taufen und Beerdigungen. Die Anzahl der Hochzeiten ist nach Angaben des Mesners stark zurückgegangen. Das liege aber nicht nur daran, dass die bekannte Barockkirche nicht mehr zur Verfügung stehe, sondern auch an den Einschränkungen durch die Pandemie.

© SZ vom 21.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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