Ausstellung:Heitere Stahl-Männlein

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18 Künstler zeigen in den Ateliers in der Gautinger Reismühle ihre Arbeiten. Zu den auffallendsten Werken gehören die bunten Skulpturen von Ulrich Schweiger

Von Blanche Mamer, Gauting

Das Wetter ist herbstlich trüb, der Himmel verhangen. Doch es gibt einen Lichtblick: Eine mannshohe Stahlskulptur in poppigem Rosa steht am Eingang zum Hof der Gautinger Reismühle. Sie winkt den Besuchern sozusagen zu und zeigt den Weg zu den offenen Kunsträumen von 18 Künstlern, die ihre Ateliers an diesem grauen November-Wochenende unter dem Motto "Lichtblicke" geöffnet haben.

Es ist unverkennbar eine Skulptur von Ulrich Schweiger, der hier gleich am Zugang zum Hof seine Werkstatt hat. Die Figur ist die erste von einer Reihe von abstrakten Manschgerln mit riesigen Nasen und großen Schaufelhänden, die durch die Räume tanzen, springen, sich verrenken. Fast alle sind aus gewalztem Stahl, trotz dieses schweren kalten Materials sprühen sie vor Leben und Leichtigkeit. Ihre karikierten Köpfe zeigen einen lachenden, neugierigen Ausdruck, die platten Körper und Gliedmaßen wirken schwerelos.

Schweiger, der seit 1999 zur Ateliergemeinschaft der 40 Maler, Bildhauer, Keramiker, Fotografen, Schmuck- und Lichtdesigner gehört, ist vor ein paar Jahren auf die Farben gekommen. Seine neueren Skulpturen sind nicht aus rohem silbrig glänzenden Stahl oder mit einer Patina aus Rost überzogen, sondern jeweils in einer knalligen Farbschicht lackiert, von Zitronengelb über Grellorange und Apfelgrün bis Pink. Es gehe ihm um die Bewegung, sagt Schweiger, daraus ergebe sich die passende Farbe. "Characters of evolution" nennt er die Serie der etwa 30 Zentimeter hohen, farbigen Figuren, die ohne jede Erdenschwere und jeder Statik zum Trotz stehen. Da macht eins der Männlein einen Kopfstand gestützt auf nur einen Finger, ein anderes verrenkt den Kopf unters Bein und steht yogamäßig auf einem Fuß. Auch einige Skulpturen mit einfachen runden Köpfen und langen Gliedern aus der Reihe "Raumgestalten" wirken, als ob sie ansetzen, den Himmel zu umarmen.

Auch bei der Keramikkünstlerin Jutta Körner faszinieren die leuchtenden Farben und einfachen Formen der Objekte, von sattem Gelb bis Kirschrot, deren Rezeptur aber ein Geheimnis bleiben. Und sie fertigt einfache, stark abstrahierte Büsten, die sich durch die Stellung des Kopfes unterscheiden, deren angedeutete Kopfbewegung mal als zuhörende, mal als sprechende Figur gesehen werden kann. Zudem hat Körner eine besondere Affinität zum Stier. Sie fertigt gehörnte Stierköpfe in abstrahierter Form, die große Kraft ausdrücken und zugleich die Ruhe und Konzentration vor dem Angriff.

Sport und Bewegung sind die Themen, die Martina Hamrik aus Tutzing interessieren. Sie hat vor kurzem ihr Atelier in der Reismühle bezogen und ist erstmals bei "Lichtblicke" dabei. Ihr Markenzeichen ist die von ihr erfundene und als Design patentierte Schlaufentechnik. "Ich liebe es, Tänzerinnen und Sportler in Bewegung zu malen, und die natürliche Schönheit des aktiven Menschen festzuhalten. Aber ich hatte nie so richtig Lust auf den Hintergrund", erzählt Hamrik. Sie kam auf die Idee, alte Leinwände in Streifen zu schneiden, in Schlaufen zu legen und in Wellen auf die neue Leinwand zu tackern. Dadurch entstand eine ganz eigene Dynamik; sie verfeinerte die Technik - jetzt klebt sie die Schlaufen- und hat die Methode schließlich patentieren lassen. Ihren meist großformatigen Bildern gibt dies eine ganz eigene Form und eine interessante Plastizität. Sie wirken dreidimensional und verändern sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Die Ballerina beispielsweise scheint aus dem Bild heraus zu springen, das Boot scheint auf dem Wasser zu schaukeln.

Relativ neu in der Reismühlen-Gemeinschaft ist die Licht-Künstlerin Simona Petrauskaite, die in einem dunklen fensterlosen Raum ihr Werk präsentiert. Die grafischen beweglichen Lichtobjekte bestehen aus unzähligen LED-Lämpchen und Leuchtpunkten. Die Farbigkeit entstehe nicht durch die Lämpchen, sondern durch ein besonderes Verfahren, sagt die Künstlerin. Das will sie aber auf keinen Fall verraten.

Eine besondere Faszination geht immer noch von den großen Ölbildern von Lina Sudholt aus. "Verschwindende Landschaften" nennt sie die Bilder in nebligen Farbtönen von Grün, Blau und Grau. Es sind weite Meeres- und Flusslandschaften die nahtlos unscharf in den Horizont fließen. In den Bildern gehe es nicht um konkrete Orte, sondern um Erinnerungen, sagt die Malerin. Mit ihren aktuellen Arbeiten wolle sie indes auch auf den Klimawandel hinweisen.

© SZ vom 19.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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