Ausstellung:Häppchenweise Kunst

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Elf Künstler präsentieren bei den Ateliertagen am Starnberger See ihre neuen Werke. Interessierte Besucher können auch noch am kommenden Wochenende einen Blick hinter die kreativen Kulissen werfen

Von Patrizia Steipe, Starnberg

Elf Ausstellungen in fünf Stunden, das ist schon ein gewaltiges Pensum. Wer das gesamte Angebot der "Offenen Ateliers" schaffen möchte, darf weniger als eine halbe Stunde pro Künstler einplanen, schließlich liegen die Ateliers zwischen Starnberg, Pöcking und Feldafing verteilt. Ein wenig erinnert das Ganze an einen dieser Tagesausflüge in eine Großstadt. Immer ist die Liste der Sehenswürdigkeiten, die abgeklappert werden sollten, viel zu lang, und immer müssen spätestens nach dem vierten Museum die Segel gestrichen werden. Der Kopf ist einfach zu voll. Deswegen ist es keine schlechte Idee, dass die Veranstalter die Ateliertage auf zwei Wochenenden gelegt haben. So kann man die Kunst in kleinen Happen genießen.

Der Charme der Ateliertage liegt in dem Alltagsumfeld. Man blickt hinter die Kulissen, und die vielen Indizien eines kreativen Malerdaseins lassen erahnen, woher die Inspiration kommen könnte. Zum Beispiel bei Ulrike Prusseits Collagen. Die Frontseite ihrer an das Wohnhaus angebauten Galerie in Starnberg hat sie für ihre Installation "Private Cinema" reserviert. Ein Hemdkragen mit Krawatte, eine Frau mit Trockenhaube, eine andere mit gesenktem Blick und Gesichtsschleier, eine Hand mit langen Fingern. Dünne Schläuche, die aus der Wand ragen, setzen die einzelnen Komponenten in Beziehung zu einander. Die Bilder würden immer auch etwas von ihr preisgeben, erklärt die Malerin ihren Gästen. Noch schnell einen Blick in die kleinen Schaukästen mit ihren surrealen Kompositionen geworfen. Ähnlich der Reizwortgeschichten, bei denen wenige Begriffe die Fantasie für eine Geschichte anregen, sind es hier Gegenstände und Motive wie das eines Skeletts, das sich mit einem glitzernden Kreuzanhänger zum "Kleinen Tod" zusammenfügt.

Weiter geht es in das Malatelier im Hof, das Prusseit ihrem Gast Elis Hoymann überlassen hat. Hoymann genügen wenige Farben. Zum Beispiel bei ihren Bildern, die sie mit links gezeichnet hat. Ein wenig zittrig und krakelig sind die Konturen, die Motive abstrakt-reduziert. Für Hoymann ist das Linksmalen ein meditativer Vorgang. Ein Zeichenlehrer habe ihr den Kniff mit dem Linksmalen gezeigt als Tipp, wie man Malblockaden lösen könnte. Daneben hängen schwarz-weiße Fotografien. Doppelbelichtungen aus Südafrika, auf denen der Maschendraht eines Hühnerstalls ein interessantes Muster zwischen Eiche und Palme wirft oder Fotos aus Venedig, die sie mit dem Pinsel erweitert und verfremdet hat, um dem abgeklatschten Motiven einen neuen Aspekt abzugewinnen.

Bei Helga Henckmann, die ihr Atelier in einer kleinteiligen Wohnsiedlung in Niederpöcking hat, erwartet die Besucher ein Kontrastprogramm. Ihre Acrylbilder, die sie dieses Jahr gemalt hat, strahlen Lebensfreude aus. Orange-, Rot- und Pinktöne, mal ein saftiges Türkisgrün setzen Akzente. Henckmann ist das erst während des Aufhängens bewusst geworden. Sie freut sich darüber, ein Jahr zuvor sei sie sehr krank gewesen. Düstere Farbtöne dominieren das Bild aus dieser Zeit. "Vieles aus dem Unterbewusstsein überträgt sich auf die Leinwand", sagt Henckmann. Die Malerin experimentiert mit Materialien. Ihre Collagen mit Zeitungspapier sind stets auch Decollagen. Das heißt, die Künstlerin reißt Aufgeklebtes wieder ab. Vorbild sind alte Plakatwände mit ihren Überresten vergangener Ankündigungen.

Malerisch mit Blick auf das Sisi-Schloss liegt das Atelier von Ursula Steglich-Schaupp. In den Baracken waren früher Kriegsverletzte untergebracht, berichtet sie. Nun teilt sie sich die Räume mit dem Bauhof. Die Geschichte der Gemäuer passt zur Künstlerin. Bei ihren Werken geht es viel um Gefangenheit im psychischen Sinn, um Befreiung. Ein mit kleinen Strichen skizzierter Kokon hält eine dunkel verdichtete Form. Es sei ein Gedanke, der erst wachsen müsse, bevor er aus der Hülle schlüpfen kann, erklärt die Künstlerin. Daneben stehen Tonskulpturen. Schmale, durchbrochene Bänder bilden Silhouetten von Torsi oder Köpfen. Das gibt dem Ganzen etwas Mumienhaftes und erinnert wiederum an die Verletzbarkeit ihrer Kokons.

Susanne Mansen stellt als Gast aus. Ihre Arbeiten sind heiter und haben etwas Comic-, Karikaturartiges an sich und bestechen mit einer an Kinderzeichnungen erinnernden Spontaneität. Auf den selbst gebrannten, bemalten und glasierten Fliesen erzählen witzige Fabelwesen ihre Geschichte. Bei einer Zeichnung auf Papier schleckt mit langer Zunge ein Wesen an einem Behälter - Bonbonniere heißt das Werk.

Die Ateliers können noch am Samstag, 23. und Sonntag, 24. April, jeweils von 14 bis 19 Uhr besichtigt werden. ( www.offene-ateliers-starnberg.de)

© SZ vom 18.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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