Ausstellung:Der Natur auf der Spur

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Lorella Selvi-Wendt zeigt in Starnberg ihre plastischen, mit Sand und Gips angereicherten Gemälde

Von Martina Grießbacher, Starnberg

Mit einem Pinsel in der einen Hand und einer Farbpalette in der anderen, stehend vor eine Staffelei - so oder so ähnlich stellt man sich einen Maler bei der Arbeit vor. Lorella Selvi-Wendt macht es anders. Denn die Künstlerin arbeitet weder mit Pinsel noch mit klassischen Öl- oder Acrylfarben. Bei ihr kommen Werkzeuge wie Spachtel und vor allem ihre Hände zu Einsatz. Auf der Leinwand verteilt sie Baustoffe und Naturmaterialien, zu denen sie Farbpigmente hinzufügt. Selvi-Wendts plastische Malerei ist aktuell im Starnberger Kunstkabinett zu sehen.

Die Ausstellung beschäftigt sich mit zwei Themen: Im einen Raum sind Gemälde von Bäumen, genauer gesagt von Baumstämmen, zu sehen. Die Werke sind Teil der Serie "Cortecce", italienisch für Rinde, und in Naturtönen gehalten. Mit Hilfe ihrer Technik ahmt die Künstlerin die pergamentartige Haut der Bäume nach. Gut vier Jahre lang hat sich Selvi-Wendt mit dieser Thematik beschäftigt und unzählige Stunden in der Natur verbracht, um diese zu beobachten. Was sie an Bäumen so fasziniert, ist ihre symbolische Kraft. "Das hat mir auch geholfen, in Bayern Wurzeln zu finden", sagt die Künstlerin, die im italienischen Ligurien aufgewachsen ist. Nach dem Studium an der Accademia di Belle Arti in Florenz ist sie nach Berlin gezogen, um nach zehn Jahren in der Bundeshauptstadt schließlich in Münsing am Starnberger See sesshaft zu werden, wo die 59-Jährige mittlerweile seit 20 Jahren lebt und arbeitet.

Thema des zweiten Teils der Schau sind Kreise. Die "Tondi" (italienisch für "rund") sind kreisförmige Bilder in unterschiedlichen Rottönen mit goldenen Akzenten, deren Gestaltung auf den ersten Blick an Mandala erinnert. Ihr Gedanke dahinter: Im Universum ist alles rund, von Mikro- bis in den Makrokosmos dominiert diese Form. Kreise haben keinen Anfang und kein Ende, sind unendlich und vollkommen. Sie strahlen für sie etwas Warmes aus, was durch die rote Farbe noch verstärkt wird. Was alle Werke der Ausstellung verbindet, ist das Plastische. Neben der Oberfläche der Rinde war auch die Struktur von Fossilien Inspirationsquelle für Selvi-Wendt. "Was wir heute sind, ist das Resultat der Vergangenheit", sagt sie. Fossilien seien nämlich nicht nur schön anzusehen, dass sie bis in unsere Zeit erhalten sind, zeige auch ihren langen Atem, so die Künstlerin.

Seit mehreren Jahren stellt die Malerin regelmäßig aus. Neben Gruppenausstellungen zeigt sie ihr Werk auch in ein bis zwei Einzelausstellungen pro Jahr, momentan hauptsächlich in Bayern. Aufgrund ihrer Technik dauert es meist Monate, bis ein Bild fertiggestellt ist. Auf die Leinwände trägt sie mit Spachtel und oft auch mit ihren Händen Baustoffe wie Sand, Gips und Zement auf, die sie zuvor mit Farbpigmenten vermischt hat. Jedes Werk besteht aus mehreren Schichten, daher muss sie immer wieder Pausen einlegen, um die Materialien trocknen zu lassen. Oft kommt ihr in diesen Unterbrechungen auch erst die Idee, wie sie ein Bild vollenden wird. Im Grunde sind all ihre Werke Experimente, denn Selvi-Wendt hat keine fertigen Bilder, sondern lediglich Ideen und Motive im Kopf, wenn sie an die Arbeit geht. "Was am Ende dann daraus wird, weiß ich selbst auch nicht", sagt sie.

Die Ausstellung "Tondi e cortecce" ist noch bis zum 28. Juli im Kunstkabinett Starnberg, Hanfelder Straße 82, zu sehen. Die Galerie ist am Freitag, Samstag und Sonntag von 15 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

© SZ vom 26.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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