Ausstellung am Ammersee:Wunderland im Garten

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Ein begehbarer Garten, eine Rauminstallation der besonderen Art: Im Uttinger "Raum B 1" ist eine Ausstellung von Kunststudenten zu sehen. (Foto: Georgine Treybal)

Im Uttinger Raum B 1 ist eine besondere Installation zu sehen

Von Katja Sebald, Utting

Zwei Wochenenden lang verwandelt sich der "Raum B 1" in der Abenddämmerung in einen begehbaren Garten: Mit ihrer Installation "Then on the Other Side" untersuchen die beiden Kunststudenten Franziska Koppmann und Valentin Hesch unterschiedliche Rituale am Ammersee. Zur Ausstellungseröffnung am Donnerstagabend reichte Pierre Baumann, auch er angehender Künstler, verschiedene "ortsbezogene" Getränke.

Harry Sternberg, Kurator des kleinen Ausstellungsraums am Uttinger Bahnhofsplatz und Mitglied im Verein "Kunst hält Wache", hat das Projekt zum "Happening der bildenden Kunst" im Rahmen des Landsberger Kultursommers zwar angestoßen und die drei jungen Künstler eingeladen. Ausgangspunkt für die Ausstellung war jedoch eine Sprachnachricht, die ein Mitglied des Burschenvereins Unterfinning vor einiger Zeit versandte und die sich in den sozialen Netzwerken wie ein Lauffeuer verbreitete: Im betrunkenen Zustand war der junge Mann nachts auf dem Heimweg versehentlich in ein schamanisches Schwitzhütten-Ritual geraten, aus dem er sich erst in den Morgenstunden wieder befreien konnte. Diese Begegnung in unmittelbarer Nähe zu seinem Heimatort, aber offensichtlich auf der anderen Seite einer imaginären Grenze und in einer völlig anderen Welt, gab Anlass für den Ausstellungstitel "Then on the Other Side".

Im Raum "B1" nun ist das Diesseits ein Kunstrasen, auf den von einem imaginären Baum echte Äpfel gefallen sind. An der rückwärtigen Wand ist eine runde gestickte Tischdecke, gleichsam als Wappenschild der Idylle, angebracht. Seitlich steht ein mit Blümchenporzellan zum Kaffeeplausch gedecktes Gartentischlein, das mittels einer Projektion von Zeit zu Zeit in surreales Licht getaucht wird. Mitten in der Rasenfläche aber tut sich ein Loch auf, durch das der Betrachter wie Alice durch den Kaninchenbau ins Wunderland gerät. Auf der rechteckigen Projektionsfläche sind kurze Videosequenzen zu sehen, die verschiedene, am Ammersee-Westufer praktizierte Rituale zeigen: Einige entstammen zwar dem Bereich des volkstümlichen Brauchtums, während andere eher esoterischen Weltanschauungen entsprungen sein dürften - die Filme sind jedoch so arrangiert, dass am Ende der Schützenkönig ebenso skurril erscheint wie der "Fire Walker", das Bierzelt ebenso jenseitig wie der Kornkreis.

Franziska Koppmann, 1995 geboren und aufgewachsen in Utting, und Valentin Hesch, 1995 geboren in Windach, hinterfragen mit dieser gemeinschaftlichen Rauminstallation nicht zuletzt den Kulturbegriff, der sie geprägt hat. Koppmann studiert mittlerweile Medienkunst an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Hesch studiert ebenfalls an der AdBK Nürnberg und hat derzeit ein Stipendium an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Von dort brachte er den Fotostudenten Pierre Baumann mit an den Ammersee, der sich den regionalen Gebräuchlichkeiten als Außenstehender nähert: Er praktizierte einen Maibaumklau im virtuellen Raum, indem er ein Facebook-Foto vom Maibaum der Unterfinninger Burschenschaft in die analoge Welt zurückholte, wo er es mit einem nachhaltigen Entwickler aus Fichtenrinden bearbeitete. Nicht zuletzt mixte er am Vernissagenabend Drinks aus heimischen Pflanzenextrakten wie Holunderblüten und Fichtennadeln, Enzian und Korn.

Die Ausstellung "Then on the Other Side" am Bahnhofsplatz 1 in Utting ist bis zum 19. September 2021 jeweils Freitag, Samstag und Sonntag von 16 bis 20 Uhr zu sehen.

© SZ vom 11.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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