Allergien:Wenn Heuschnupfen zu Asthma wird

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Der sogenannte Etagenwechsel kann jederzeit auftreten, erklärt der Chefarzt der Lungenfachkliniken in Gauting, Professor Jürgen Behr. Woran man das erkennt

Von Blanche Mamer, Gauting

Der Frühling könnte so schön sein, doch für viele Menschen ist es eine Zeit des Leidens, sie reagieren allergisch auf Pollen: Niesen oder extrem verstopfte Nase, juckende und tränende Augen, eine bleierne Müdigkeit - Heuschnupfen. Wenn bei den Betroffenen auch noch trockener Husten und Luftnot hinzu kommen, hat sich Asthma entwickelt. Worauf Allergiker achten müssen, erklärt Professor Jürgen Behr, Chefarzt der Asklepios-Lungenfachklinik in Gauting am Donnerstag in seinem Vortrag "Noch Heuschnupfen - oder schon Asthma?" Die SZ befragte Professor Behr vorab.

Immer mehr Menschen leiden an Allergien. Kennt man die Gründe?

Professor Jürgen Behr: Ein eindeutige Erklärung dafür ist bisher nicht gefunden. Zwei mögliche Gründe können jedoch genannt werden. Zum einen ist es der "westliche Lebensstil", der möglicherweise die Balance des Immunsystems von der Infektabwehr, die weniger "benötigt" wird hin zur allergischen Reaktion verschiebt. Diese als "Hygienehypothese" bekannte Theorie ist jedoch nicht unumstritten und in wesentlichen Einzelheiten auch nicht vollständig verstanden. Der zweite Aspekt ist die Beeinflussung der Allergene durch Umweltschadstoffe, hier gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Schadstoffexposition der Pflanzen zu einer höheren Allergenität von Pollen führt.

Gibt es Vorsichtsmaßnahmen?

Ganz wesentlich ist es, ein erkanntes Allergen soweit als möglich zu vermeiden und auch das zukünftige Verhalten anzupassen. So ist es zum Beispiel wenig hilfreich, wenn bei bestehender Katzenallergie, Zwerghasen oder Meerschweinchen als Haustiere angeschafft werden.

Zum Heuschnupfen. Was macht den Übergang zu Asthma aus? Hängt das mit der Zahl der Allergene zusammen oder mit der Schwere und Dauer der Allergie?

Der Übergang von Heuschnupfen zu Asthma, auch als Etagenwechsel bezeichnet, kann jederzeit auftreten. Aber je länger eine Allergie besteht und je breiter der Patient gegen verschiedene Allergene sensibilisiert ist, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass auch ein Asthma auftritt. Von Patienten mit Heuschnupfen weiß man, dass in 50 Prozent der Fälle bei entsprechender Provokationstestung bereits ein latentes Asthma nachweisbar ist, welches durch zusätzliche Triggerfaktoren, wie Atemwegsinfekte oder starker Allergenexposition zum manifesten Asthma bronchiale werden kann.

Prof. Jürgen Behr, 58, hat 2013 den ersten Lehrstuhl für Pneumologie an der LMU und die Leitung der entsprechenden Medizinischen Klinik in Großhadern übernommen. Er ist zudem Chefarzt der Asklepios-Kliniken Gauting. (Foto: Georgine Treybal)

Woran erkennt man, dass sich Asthma entwickelt?

Typische Symptome sind Atembeschwerden und Brustenge in Zusammenhang mit pfeifenden Atemgeräuschen. Die Beschwerden treten häufig auch nachts oder in den frühen Morgenstunden auf.

Kann auch eine andere allergische Reaktion, zum Beispiel Neurodermitis zu Asthma führen?

Neurodermitis ist ein Krankheitsbild, das unter dem Oberbegriff der "Atopie" gefasst wird und als assoziiert mit Allergien bekannt ist. Neurodermitis ist also ein Indikator und insofern ein Risikofaktor für Allergien wie Asthma und Heuschnupfen.

Welche weiteren Folgeerkrankungen sind bekannt?

Ein chronische, schwere Asthmaerkrankung kann zu einer dauerhaften Verengung der Bronchien führen und damit eine Leistungsminderung und anhaltende Atembeschwerden verursachen. Darüber hinaus sind Patienten mit Asthma bronchiale vermehrt infektanfällig und sollten Impfungen gegen Lungenentzündung (Pneumokokken-Impfung) und gegen Grippe (Influenza-Impfung) durchführen lassen.

Wie viele Patienten behandeln Sie etwa pro Jahr in der Klinik in Gauting und in welchen Fällen?

In die Lungenfachklinik in Gauting kommen nur die wirklich gravierenden Fälle: im Jahr sind das mehr als 300 Patienten mit schwerem Asthma, etwa die Hälfte mit allergischen Primärsymptomen. Der Großteil der Erkrankten wird von den Hausärzten betreut.

Stellen Sie einen Unterschied fest zwischen der Stadt und der Region?

Nein. Die Zahl der Erkrankungen ist in etwa gleich.

Vortrag am Donnerstag, 11. April, 19 Uhr, im Bosco. Anmeldung unter Telefon 089 / 857 91 33 33 oder per E-Mail an k.kuehnl@asklepios.com

© SZ vom 11.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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