Ärger mit dem Verpächter:David gegen Goliath

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"Solange diese Ladenzeile nicht abgerissen ist, werde ich drin bleiben": Wirt Ömer Sevengül mit Gast vor seinem "Café Stellwerk". (Foto: Nila Thiel)

Der Betreiber des Starnberger Cafés "Stellwerk" fühlt sich von der Bahn schikaniert - und will dennoch bis Mai 2021 bleiben

Von Christian Deussing, Starnberg

Ömer Sevengül hat vor dreieinhalb Jahren aus einer Schmuddelecke ein schmuckes kleines Lokal mit Terrasse und Blumenbeeten gemacht. Der Diplom-Ingenieur aus München investierte 50 000 Euro in das Projekt "Café Stellwerk " am Seebahnhof in Starnberg. Und er strich auch selber noch die hässliche Fassade des leeren Lagergebäudes. Der Familienvater, der sich auf eine Bahnanzeige hin gemeldet hatte, zahlt nach eigenen Worten regelmäßig und pünktlich seine Pacht - doch er fühlte sich von Anfang an wegen Kleinigkeiten von der Bahn AG schikaniert. Das neueste Beispiel: Die Gasheizung ist noch immer nicht eingebaut worden. Damit die Gäste nicht frieren, muss Svengül mit einem behelfsmäßigen Elektroofen heizen. Aber das geht auf Dauer nicht. Der Gastronom sieht sich deshalb gezwungen, sein Lokal vorerst für einige Wochen zu schließen. "Die wollen mich kaltstellen und loswerden", glaubt der 52-Jährige.

Er vermutet, dass dies vor allem mit der genutzten Option zusammenhängt, seinen Mietvertrag um fünf Jahre zu verlängern. Somit kann er sein "Café Stellwerk" bis Mai 2021 betreiben. Das hat einen Dominoeffekt: Die anderen Geschäfte in der selben Hauszeile profitieren davon, auch ihre Mietverträge verlängern sich automatisch. Wenn Sevengül bleibt. In der Ladenpassage befinden sich eine Bäckerei, ein Reisetaschen-Geschäft, ein Atelier und eine Boutique. Für die seit langem geplante Seeanbindung müsste diese Passage abgerissen werden, doch weil die Läden gültige Mietverträge haben, ist dies bisher nicht möglich. Und Sevengül lässt sich nach wie vor nicht aufs Abstellgleis schieben. Das freut wiederum seine zahlreichen Stammgäste, die sich zugleich auch über das "kleinkarierte Trauerspiel" um dieses Bistro direkt an den Gleisen wundern.

Denn erst vor kurzem forderten die " DB Netze" und "DB Station & Service AG" den Betreiber in einem Brief auf, es zu unterlassen, "ohne vertragliche Grundlage dauerhaft 4 Tische, 8 Stühle und 2 Sonnenschirme auf unserer Nutzungszinsfläche" abzustellen. Mitgeliefert wurde ein rot umrandetes Beweisfoto von der fünf mal ein Meter breiten Fläche. Sevengül kann über das Vorgehen der Bahn nur den Kopf schütteln - einen so schmalen Streifen neben seiner Terrasse als unbefugt erweiterte Nutzung zu reklamieren und mit einer kostenpflichtigen Entsorgung seines Inventars zu drohen. "Das ist eine Farce", ärgert sich Sevengül. Schließlich würde das niemanden stören, zudem wäre er bereit, auch zusätzlich Miete für die winzige Terrassenfläche zu bezahlen. Doch von dem Vermieter habe er dazu nichts mehr gehört. Sevengül würde auch zwei leere Räume für sein Gestühl mieten, aber daraus wird jetzt offenbar nichts. Eigentlich müsse er selbst der Bahn einiges in Rechnung stellen, sagt der Gastronom und zeigt auf die liebevoll angelegten Beete und das neue Ambiente, das auch Fahrgäste vom Bahnsteig aus seit Jahren bemerken können. "Die Ecke war vorher ein Müllhaufen und Pennerquartier", berichtet der Bistro-Betreiber. Dass er den Bereich mit der Einkehr "aufgewertet" habe, sei ihm von der Bahn nie gedankt worden.

Dafür bekam er plötzlich Mahnungen, weil sein Werbe-Hinweisschild am Fußweg "nicht zum Mietumgriff" gehöre. Auch durfte Sevengül sein Auto nicht beim Café parken, weil er den Stellplatz nicht bezahle. Diese "Nadelstiche" seien aber inzwischen vorbei.

Auf Anfrage teilte am Montag ein interner Dienstleister der "DB Netze" mit, dass die Sache mit der Heizung eigentlich schon erledigt sein müsste. Zudem hieß es, dass der Mietvertrag mit dem "Café Stellwerk" im Mai 2021 endgültig beendet sein werde.

Das weiß natürlich auch der Gastronom Ömer Sevengül. Allerdings kündigte er bereits an, deswegen nicht aufgeben zu wollen. "Solange diese Ladenzeile nicht abgerissen ist, werde ich drin bleiben". Denn er habe in das Lokal "einfach zu viel Zeit, Geld und Euphorie investiert", betont Sevengül.

© SZ vom 27.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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