100 Tage im Amt:In kleinen Schritten voran

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Nur zehn Minuten Fußweg trennen ihr Zuhause vom Rathaus: Dießens neue Chefin Sandra Perzul. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dießens Verkehrsprobleme und die hohen Erwartungen mancher Bauherren bereiten Sandra Perzul viel Arbeit. Am neuen Job als Bürgermeisterin gefallen ihr vor allem die Vielfalt der Aufgaben und der Austausch mit den Bürgern

Von Armin Greune, Dießen

Einen neuen Anstrich hat sie dem Bürgermeisterbüro verpassen lassen - das war's. Klar hätte man den Schreibtischstuhl oder die Sessel um den Konferenztisch ausmustern können, nachdem sie mehr als 24 Jahre unter Perzuls Vorgänger Herbert Kirsch gedient haben - doch neues Mobiliar "passt nicht in die Coronazeit; wo Firmen nicht wissen, wie sie ihre Mitarbeiter bezahlen sollen", findet die neue Dießener Rathauschefin. Mit den Sorgen von Firmen und Mitarbeitern ist die 40-Jährige bestens vertraut: Acht Jahre lang war sie in der Agentur für Arbeit Weilheim für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Weil sie sich auch ihrem heute neunjährigen Sohn widmen wollte, war Perzul bei der Agentur lediglich in Teilzeit beschäftigt. Doch auch dort musste sie wegen der vielen Abend- und Messetermine ihre Arbeitszeit flexibel einteilen - in dieser Hinsicht musste sie sich im neuen Job nicht groß umstellen. Als nach ihrem Amtsantritt im Mai coronabedingt die Veranstaltungen ausfielen, konnte sie die freien Abende zum Aktenstudium nutzen.

"Aber allmählich rollt der Betrieb jetzt an", erzählt Perzul: Am Sonntag nahm sie an der Generalversammlung der Dießener Feuerwehr teil, am Montag tagte der Ferienausschuss, am Mittwoch sprach sie Grußworte für die Jagdgenossen in Dettenschwang, am Freitag wird sie bei den Dießener Waidmännern erwartet. Die vielen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen sieht Perzul als besonderes Privileg ihres Amts. Den Austausch mit Kindern, Senioren, Vereinen und Künstlern fand sie sehr wertvoll. "In Dießen gibt es eine unheimliche Vielfalt an Malern, Keramikern und Musikern."

Auch mit Uschi Wacke vom örtlichen Gewerbeverband sei der Kontakt gut angelaufen. Die Erweiterung der Ausschankflächen im Freien für Dießener Gastronomen war eine der ersten Genehmigungen, die sie unterzeichnete, die Nutzungsgebühren dafür wurden für ein halbes Jahr ausgesetzt und danach reduziert.

Um eine vorübergehende Betreuungslücke zu schließen, musste am Kindergarten in Riederau kurzfristig ein Container angemietet werden. Außerdem wurden im Rahmen der Umgestaltung der Seeanlagen die Sanierungen von"Rialto"-Brücke und Ufermauer beschlossen, im September soll der Gemeinderat gestalterische Elemente wie Beläge, Bänke und Bepflanzung festlegen.

Als eher unangenehm empfindet Perzul die hohen Erwartungen mancher Bauherren, die zum Teil mit bereits längst abgelehnten Vorhaben wieder bei ihr vorsprechen. Die Bauvorschriften ließen freilich kaum Gestaltungsfreiheit: "Das Recht verbiegen geht nicht", stellt die Bürgermeisterin fest. Auch die Verkehrsproblematik in Dießen verursache viel Arbeit, "obwohl man nicht gleich etwas ändern kann und allenfalls in kleinen Schritten vorankommt." Kürzlich hat sich Perzul im Straßenbauamt zur Lage informiert, im Herbst ist eine Verkehrsschau mit Polizei und Behörden anberaumt. Für die seit Jahren brach liegende Planung des Radwegs nach Raisting will sie neu auf die Grundstücksbesitzer zugehen, Termine sind schon vereinbart.

Sie selbst kommt meist zu Fuß ins Büro, der Weg dauert nur zehn Minuten. Die Vielfalt der Aufgaben dort sei doch sehr reizvoll. Der Tag, an dem Perzul mit der SZ sprach, begann mit einem Gespräch über kommunale Mobilitätskonzepte. Anschließend durfte sie zum zweiten Mal ein Paar trauen, am Nachmittag folgten ein Termin im Dießener Wasserwerk und schließlich die Jahresversammlung des Förderkreises Schacky-Park. Abgesehen von den Pandemie-Einschränkungen habe sie für ihre ersten 100 Tage im Amt beste Startbedingungen vorgefunden: "Es gab eine sehr gute Übergabe von meinem Vorgänger, wie sie nicht alle neuen Bürgermeister erleben", sagt Perzul, "und auch die Mitarbeiter haben mich sehr freundlich aufgenommen".

© SZ vom 28.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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