Städtischer Haushalt:Lange hat München geplant, jetzt wird gebaut

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  • München hat sein Mehrjahresinvestitionsprogramm aktualisiert: mehr als sieben Milliarden Euro will die Stadt bis 2022 ausgeben.
  • Fast die Hälfte steckt sie in die Bildung der jungen Münchner, ein weiterer großer Brocken wird in Wohnungsbau investiert.
  • Auch der Haushaltsplan für 2019 steht soweit, am Mittwoch soll er im Stadtrat verabschiedet werden: Einnahmen von 7,211 Milliarden Euro stehen dabei Ausgaben in Höhe von 6,766 Milliarden gegenüber.

Von Heiner Effern, München

An solche Zahlen wird er sich erst noch gewöhnen müssen, auch wenn der neue Kämmerer Christoph Frey jahrelange Erfahrung als Manager hat. Deshalb in Worten: sieben Milliarden sechshundertneunundzwanzig Millionen Euro wird die Stadt bis 2022 investieren. Fast die Hälfte steckt sie in die Bildung der jungen Münchner: 3,285 Milliarden fließen in die Schulen und Kitas. Und der zweitgrößte Brocken soll dafür sorgen, dass Familien und alle anderen, die nicht zu den Großverdienern gehören, in der Stadt überhaupt noch leben können. Mehr als 1,2 Milliarden Euro werden in den Wohnungsbau investiert. So steht es im aktualisierten Mehrjahresinvestitionsprogramm (MIP), das der Stadtrat am Mittwoch in der Vollversammlung endgültig beschließen soll.

Die vergangenen Jahre waren politisch stark geprägt von Beschlüssen und Planungen, nun folgen die Jahre des Bauens. 4,35 Milliarden Euro will die Stadt bis 2022 dafür ausgeben. "Das Schulbauprogramm greift nun voll", sagt Kämmerer Frey. "Die für den Bau bereitgestellten Mittel werden seit diesem Jahr voll abgerufen." In der größten kommunalen Schulbauoffensive Deutschlands will die Stadt bis 2030 neun Milliarden Euro ausgeben. Solche Beträge kann nicht einmal das finanzstarke München ohne neue Schulden stemmen.

Wie gut es der Stadt derzeit finanziell geht, lässt sich daran erkennen, dass trotz dieser hohen Investitionen neue Kredite nach derzeitiger Planung erst vom Jahr 2021 an nötig werden. Aufgrund der hohen Steuereinnahmen konnte dieser Zeitpunkt Jahr für Jahr nach hinten geschoben werden. Bereits im Herbst 2015 hatte der damalige Kämmerer Ernst Wolowicz "ein kleines Wunder" für nötig gehalten, um nicht bereits 2017 neue Kredite aufnehmen zu müssen. Nachfolger Frey hofft nun, dass die Stadt auch das Jahr 2020 ohne zusätzliche Schulden schafft. Er hat aber schon nach eineinhalb Monaten Amtszeit einen Kerncharakterzug vieler Kämmerer angenommen. "Das wirtschaftliche Hoch hält nun schon ungewöhnlich lange an", mahnt er zur Vorsicht. Die Lage könne sich ganz schnell auch verschlechtern.

Läuft alles nach Plan, wird die Stadt bis Ende 2022 etwa 1,25 Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen. Wie sehr sie dabei an die Grenzen geht, zeigt ein Blick auf die geschätzten Einnahmen aus der Gewerbesteuer, einem der wichtigsten Einzelposten. Diese soll im Jahr 2019 den Rekord von 2,67 Milliarden Euro erreichen und bereits 2023 erstmals die Marke von drei Milliarden Euro knacken. Das Problem bei solch mittelfristigen Planungen ist jedoch, dass die Politik in diesem Zeitraum neue Wünsche und Zwänge hat, die im Moment noch nicht absehbar oder nicht so weit fortgeschritten sind, dass sie mit hinterlegten Kosten vollständig auftauchen.

Deshalb erstellt die Kämmerei jedes Jahr eine Liste mit großen Vorhaben, die im Raum stehen, aber in die Finanzplanung noch nicht fix eingeflossen sind. Dabei handelt es sich durchaus um gewichtige Brocken, deren Planung oder Realisierung zumindest in Teilen sogar bis 2022 anstehen könnten. Der Landschaftspark Freiham zum Beispiel mit 101 Millionen Euro, der Neubau des Referats für Umwelt und Gesundheit (80 Millionen) oder die Errichtung und Erweiterung der Feuerwehr- und Rettungsdienstschule (85 Millionen). Die Politik werde also Prioritäten setzen müssen, wenn sie diese Wünsche in konkrete Haushaltspläne aufnehmen wolle, sagt der Kämmerer Frey. Das gilt insbesondere, weil auch in den Jahren nach 2022 noch größere Vorhaben dazukommen: die Straßentunnels in der Landshuter Allee (550 Millionen) und im Englischen Garten (130 Millionen) zum Beispiel, oder die Tram-Westtangente (170 Millionen).

Angesichts dieser Summen dürfte es für den Kämmerer beruhigend sein, dass er dem Stadtrat am Mittwoch auch einen "sehr erfreulichen" Haushaltsplan für 2019 zur Abstimmung vorlegen kann. Der Überschuss aus dem laufenden Geschäft der Verwaltung soll mit 445 Millionen Euro der Halbe-Milliarde-Grenze nahekommen. Einnahmen von 7,211 Milliarden Euro stehen dabei Ausgaben in Höhe von 6,766 Milliarden gegenüber. Und trotz beabsichtigter Investitionen von 1,472 Milliarden Euro muss die Stadt 2019 nur 117 Millionen aus ihren flüssigen Rücklagen opfern. Damit bleibt allein in diesem Topf fast eine Milliarde Euro auf der hohen Kante. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Stadt überraschend von der Messegesellschaft ein Darlehen über 277 Millionen zurückerhält.

Frey erkennt die Ausgabendisziplin des Stadtrats an. "Er hat die selbst gesetzten Eckwerte eingehalten." Für sich selbst nimmt er noch kein Lob in Anspruch, höflich verweist er darauf, dass er einen Großteil der guten Zahlen zu seinem Amtsantritt am 1. November "geerbt" habe.

© SZ vom 17.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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