Squash-Bundesliga:In den eigenen vier Wänden

Lesezeit: 3 min

Beim Derby Taufkirchen gegen Deisenhofen bleiben die besten deutschen Squasherinnen unter sich.

Johannes Schnitzler

Sartre hat mal gesagt, Fußball ist ein einfaches Spiel, das durch die Anwesenheit eines Gegners arg verkompliziert wird. Auf Squash übertragen muss man Sartre dahingehend weiterdenken, dass auch die Abwesenheit eigener Spieler die Sache nicht einfacher macht.

"Wir werden uns teuer verkaufen": Carola Weiß vertritt beim SC Deisenhofen Pamela Hathway an Position eins. (Foto: Claus Schunk)

Squash ist ja auch ein recht einfaches Spiel: Zwei Menschen stehen in einem Raum ("Court") und dreschen abwechselnd einen kleinen Gummiball gegen die Wand. Mehr muss man fürs Erste über Squash nicht wissen. So viel vielleicht noch: Der Weltmeister heißt immer Khan. Von den frühen Achtzigern bis in die neunziger Jahre war das so, als Squash sich als Trendsport etablierte. Im Sog des Becker/Graf-Booms entstanden überall Tennishallen, und zumeist wuchsen gleich daneben Squash-Courts aus dem Boden - eine schlagende Symbiose. Als Boris Becker 1985 mit 17 Wimbledon eroberte, hatte der Pakistaner Jahangir Khan bereits zum vierten Mal die British Open (BO) im Squash gewonnen. Bei seinem ersten Sieg war er 15. Fünf Jahre und unglaubliche 555 Spiele lang blieb er unbesiegt. Am Ende standen sechs World-Open-, sechs US-Open- und zehn BO-Titel in seiner Rekordliste. Khan war ein Weltstar. Heute ist er 46, Präsident der World Squash Federation und 20 Kilo schwerer als zu seiner aktiven Zeit.

Tennis geht es so lala, aber Squash? Viele Courts sind verschwunden, umgewidmet zu Beachvolleyballhallen oder abgerissen. Außerhalb der eigenen vier Wände übt Squash kaum Attraktion aus, was am Mangel an einheimischen Weltklassespielern und TV-Präsenz liegt. Die besten Profis kommen aus Großbritannien, Australien, Neuseeland und Asien. Umso sehnsüchtiger richtet sich der Blick der hiesigen Szene nach Taufkirchen, wo die Deutsche Squash-Liga am Wochenende ihre ganze Strahlkraft bündelt: Die Squash-Insel, Meister 2008 und 2009, empfängt am zweiten Spieltag (Samstag, 13 Uhr) den SCDeisenhofen sowie Tabellenführer SRC Hünxe.

Bei der Squash-Insel (SI) machen sie keinen Hehl daraus: "Wir wollen als erste deutsche Damenmannschaft das Triple holen", den dritten Titel in Folge, sagt Mannschaftsführerin Astrid Kern. Den ersten Schritt haben sie vor fünf Wochen in Krefeld gemacht mit Siegen gegen Erlangen und den SCNiederrhein. Sina Wall, Nummer eins der SI und einzige deutsche Profispielerin, gewann zwei Mal; unter anderem schlug sie die Engländerin Emily Whitlock, Nummer 101 der Welt, 3:1. Die 20-Jährige, noch an 91 geführt, dürfte in der nächsten Rangliste der Women's International Squash Players Association auf etwa Position 70vorrücken. In Nationalspielerin Kern, 21, und U-19-Europameisterin Lisa Marie Sedlmeier, 19, setzt die SI auf weitere deutsche Talente.

Der richtige Weg, findet Uli Brennstuhl, Cheftrainer des Lokalrivalen SC Deisenhofen. "Ich bin ein Fan von eigenem Nachwuchs", sagt der Mann mit dem graumelierten Kurzhaar. Der SC tritt zu seinem Saisondebüt mit Carola Weiß, Jennifer Hathway, Sylvia Schnellrieder und/oder Stephanie Müller an. Die deutschen Top Ten sind nahezu komplett versammelt. Nur Pamela Hathway fehlt. Die 23-jährige Biochemie-Studentin absolviert ein Gastsemester in Neuseeland. Hathways Absage schmälere die Chancen an Position eins erheblich, sagt Brennstuhl. "Aber wir geben den Punkt nicht kampflos her."

Die Nummer eins hat in dieser Saison noch größeres Gewicht bekommen. Die Bundesligateams bestehen nur noch aus drei statt vier Spielerinnen, Unentschieden wie im Vorjahr, als der SC der SI einen Punkt abknöpfte, gibt es nicht mehr. Wer es sich leisten kann, fliegt internationales Personal ein. Hünxe trat in Krefeld mit Natalie Grinham an, einer Australierin mit niederländischem Pass. Grinham, 32, war mal die Nummer zwei der Welt. Theoretisch könnte es zum Schwesterduell kommen, die SI hat für diese Saison Rachael Grinham, 33, gemeldet, Natalies ältere Schwester. Rachael Grinham war mal die Nummer eins. Aber Taufkirchen wird "ohne ausländische Spitzenspielerin antreten", sagt Astrid Kern. Der Verein hat gerade erst seine Männer aus der Bundesliga zurückgezogen, der Kosten wegen.

Sollte Hünxe mit Grinham anreisen, werde es schwer für die Münchner Teams, prophezeit Deisenhofens Trainer Brennstuhl: "Wir repräsentieren nicht Weltniveau." Sina Wall sei gut. Aber eine Nummer zwei, auch eine ehemalige, "das ist noch etwas anderes als die Nummer 72". Wenn Grinham in Taufkirchen aufschlägt, "dann wird das eine schöne Autogrammstunde"; spannend aber eher nicht. Die 10.000Euro, die man in etwa pro Jahr in eine Spitzenspielerin wie Grinham investieren müsse, "die stecken wir lieber in die Jugend", sagt Brennstuhl. Beim SC konzentrieren sie sich auf den Nachwuchs - und auf das Derby: "Darauf freuen wir uns." Sina Wall war früher in Deisenhofen, auch Sonja Elsayed, die zu dieser Saison nach Taufkirchen wechselte. "Wir schauen mal, was die Verwandtschaft so macht", scherzt Brennstuhl. Doch bei aller Freundschaft: Die Rivalität ist groß. "Wir werden uns teuer verkaufen." Wer blamiert sich schon gern vor der Verwandtschaft.

© SZ vom 12.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: