Würm-Mittes:"Ich verfechte die Konkurrenzsituation"

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„Es fühlt sich gut an“: Nach sechs Jahren bei der HSG Würm-Mitte hört Trainer Claus Lohmann, 57, auf. (Foto: Claus Schunk)

Der scheidende Trainer Claus Lohmann über den Abstieg, Aufwand und Ertrag, die Nachbarn und das Wandern.

Interview von Ralf Tögel

SZ: Mal ehrlich: Sind Sie froh, dass es vorbei ist?

Claus Lohmann: Diese Frage wurde mir jetzt schon ein paarmal gestellt, Sie meinen die Saison?

Zunächst einmal.

Es war natürlich eine der schwierigsten, das zieht sich dann schon lange hin. Ja, es ist gut, dass es vorbei ist.

Wie steht es mit dem Ende der Trainertätigkeit?

Ich bin jetzt nicht froh, dass alles vorbei ist, aber auch nicht unglücklich. Es fühlt sich gut an.

Und jetzt?

(lacht) Sicherlich ein Jahr kein Handball. Jetzt habe ich Zeit für Familie, die Freundin und muss nicht mehr drei, vier Tage unter Stress pro Woche für Handball freihalten. Jetzt kommt der Sommer, Zeit zum Radln, Wandern, solche Sachen.

Kommt der Trainer Lohmann zurück?

Das weiß ich wirklich nicht. Ich habe Gröbenzell, Ismaning und jetzt Würm-Mitte trainiert, mehr geht im Frauenhandball in der Region nicht. Aber: mal sehen.

Sie waren zuletzt sechs Jahre bei der HSG Würm-Mitte, sind zweimal aufgestiegen und nun abgestiegen. Sind Sie zufrieden?

Wir sind aus dem hinteren Mittelfeld der Landesliga bis in die dritte Liga gekommen, der Vorstand sagte, es war die mit Abstand erfolgreichste Zeit der HSG im Damenhandball. Das ist nicht so schlecht.

Ein Nachfolger ist aber noch nicht in Sicht.

Dazu kann ich nicht viel sagen, aber es tun sich alle schwer.

Warum ist das so?

Der Aufwand ist enorm. Allein die Fahrten, Stuttgart, Mannheim, Freiburg. Wenn man im semiprofessionellen Bereich arbeitet, muss man die Mannschaft vorbereiten, Trainingslager, Video- und Gegnerstudium, da kommt viel zusammen.

Und der Ertrag?

Die Frage ist ja, wer kann das überhaupt leisten? Ich habe 45 Stunden im Beruf, da ist es schon schwierig, eine gehörige Stundenanzahl pro Woche draufzulegen. Und leben kann man davon sicherlich nicht. Für junge Trainer, die noch nicht im Berufsleben stehen, ist ein Trainerjob auf diesem Niveau aber sehr anspruchsvoll.

Sie hatten durchaus gute Spiele, sind aber als Letzter abgestiegen. Was hat gefehlt?

Es war von vorneherein klar, dass wir nur mit einer glücklichen Saison die Liga halten können. In der Süd-Gruppe waren allein drei Bundesliga-Reserven, die sich leicht verstärken können. In der Breite waren wir auch nicht so aufgestellt, dass wir bestimmte Ausfälle kompensieren können. Genau das ist passiert: Belma Beba hat fast die Hälfte aller Spiele gefehlt, Vera Laipple hat sich mit einem Knieschaden durch die gesamte Rückrunde gequält und ist immer wieder ausgefallen.

Wie geht es nun weiter?

Ziel war es, dass die Mannschaft trotz der Belastungen durch Niederlagen und Abstieg intakt bleibt. Das ist der Fall, sie bleibt fast komplett zusammen. Auch die Toptalente Laura und Chiara Steger haben sich trotz Angeboten für uns entschieden.

Dachau steigt auf, es bleibt bei zwei Drittligisten aus der Region, die HSG strebt zurück. Die Konkurrenz bleibt groß. Wäre es nicht eine Idee, Kräfte zu bündeln?

Das muss ja auch Sinn machen. Ich bin eher ein Verfechter der Konkurrenzsituation, auch weil ich glaube, dass zwei Mannschaften aus der Region in der dritten Liga möglich sind. Perspektivisch denken wir schon auch, dass wir uns in der dritten Liga halten können.

Also ist die Rückkehr geplant?

Das denke ich schon, allein wenn ich an unseren Jugendbereich denke.

Die Region bringt ja immer wieder große Talente hervor. Neben der HSG gilt das vor allem für Ismaning und Gröbenzell. Die besten gehen aber weg. Wie kann man das verhindern?

Schwer, die Situation in Regionen mit gestandenen Erst- und Zweitligisten ist schon ganz anders. Da gibt es Talentsichtungen, die Klubs können mit der Aussicht auf die Bundesliga locken, da gibt es ganz andere wirtschaftliche Möglichkeiten.

Vielleicht läuft der HSG ja wieder eine Belma Beba über den Weg?

Die ist ja nicht vom Himmel gefallen. Wir haben über unseren Männertrainer das Angebot bekommen und uns um sie bemüht. Man sollte findige Projekte schaffen, um solche Spielerinnen zu bekommen. Ich glaube, das ist möglich. Natürlich ist ein Profi schwer zu binden, aber es gibt genügend Spielerinnen, die so eine Situation mit Arbeitsstelle nicht schlecht fänden.

Dann bleibt es dabei: Die Region München ist Ausbildungszentrum für den Rest der Republik?

Das muss man gar nicht negativ sehen. Aber es gibt schon Nachholbedarf, vor allem im wirtschaftlichen Bereich.

© SZ vom 09.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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