Wintersport:Weißer Fleck

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Plan B: Sollte es mit dem B-Kader nicht klappen, will Theresa Straßberger Medizin studieren. (Foto: Beautiful Sports/Imago)

Theresa Straßberger, Biathletin aus Au in der Hallertau, will in den DSV-Kader

Von Fabian Swidrak, Au in der Hallertau

Als Hopfenanbaugebiet ist die Hallertau weltberühmt, als Wintersportregion eher weniger. Nicht einmal während der letzten Kaltzeit im Alpenraum, die vor etwa 10 000 Jahren endete, soll die hügelige Region mit Eis bedeckt gewesen sein. Nun kann auch Theresa Straßberger nichts am Klima in ihrer Heimat ändern. Sie will jedoch zeigen, dass auch eine dort gestartete Karriere im Wintersport erfolgreich sein kann.

Straßberger, 20, lange blonde Haare, Sommersprossen, ist Biathletin. Die neue Saison hat gerade begonnen, es ist ihre letzte als Juniorin. Im Frühjahr fällt sie deshalb aus dem Nachwuchskader des Deutschen Skiverbands (DSV). In den kommenden Monaten entscheidet sich, ob ihr direkt der Sprung in den B-Kader der Nationalmannschaft gelingt. "Es ist schwer. Im ersten Jahr schaffen das nur wenige", sagt Straßberger, die als Sportsoldatin bei der Bundeswehr arbeitet und in Ruhpolding trainiert. Saisonhöhepunkt sind die Junioren-Weltmeisterschaften, die Ende Februar im russischen Ostrow stattfinden. "Wer dort eine Einzelmedaille holt, ist sicher im B-Kader", sagt Straßberger. "Es ist auf jeden Fall wichtig, sich dort gut zu positionieren. Ich will unter die ersten Zehn kommen. Das ist ehrgeizig, aber realistisch."

Erstmals startet Straßberger in dieser Saison für einen Verein aus ihrer Heimat, den Skiclub Au in der Hallertau. Die Idee sei aus einem Spaß heraus entstanden, sagt Straßberger. "Das ist aber ganz cool, weil jetzt öfter Leute von zu Hause mit zu Wettkämpfen reisen. Es gibt da ja sonst niemanden, der etwas mit Wintersport am Hut hat." Zu Beginn ihrer Sportlerlaufbahn war ihre Herkunft dagegen ein Problem. Nach einem Schnupperkurs in Ruhpolding fasste Straßberger als Zwölfjährige den Entschluss, Biathletin werden zu wollen. Weil es in Bayern jedoch keine Sportschule gab, die Kinder in ihrem Alter ohne Langlauferfahrung aufnahm, ging sie auf das Sportinternat ins 300 Kilometer entfernte Oberwiesenthal (Sachsen). Dort allerdings hätte sie die Oberstufe regulär in zwei statt verteilt auf drei Jahre absolvieren müssen. "Das ist mit dem Sport kaum möglich", sagt Straßberger, die sich nach der zehnten Klasse für einen Wechsel ins thüringische Oberhof entschied, um ihre Karriere nicht beenden zu müssen. "Ich dachte damals: Wenn du jetzt aufhörst, wirfst du dir später vor, dass du es nicht probiert hast."

Heute mache Ehrgeiz nicht mehr den Unterschied, sagt Straßberger. "Alle, die es bis in den Nachwuchskader geschafft haben, sind ehrgeizig. Jetzt geht es darum, ein Gefühl für den eigenen Körper zu entwickeln, zur richtigen Zeit auf dem Höhepunkt zu sein, nicht zu denken: viel hilft viel." Straßberger weiß, wovon sie spricht. Im Oktober setzte sie das Training zwei Wochen lang unfreiwillig aus. "Ich hatte Entzündungswerte im Bauch. Übertraining." In dieser Saison werde sie es daher schwer haben, sich direkt für den B-Kader zu empfehlen, sagt Straßberger. "Manchmal muss man eben erst auf die Schnauze fallen, bevor man weiß, wie es richtig geht."

Sollte Straßberger für die kommende Saison tatsächlich nicht in den B-Kader berufen werden, ist ihre Biathlon-Karriere jedoch nicht automatisch beendet. Die Aufnahme in einen Förderkader des DSV würde es ihr wahrscheinlich ermöglichen, bei der Bundeswehr angestellt zu bleiben und es erneut zu versuchen. Theoretisch immer wieder. "Wie lange man es dann noch probiert, muss jeder für sich selbst entscheiden", sagt Straßberger. "Wenn ich kommende Saison verletzungsfrei bleibe, alles gebe und es dann auch nicht reicht, dann reicht es eben nicht. Es dann noch weiter zu versuchen, wäre Zeitverschwendung." Straßberger macht sich selbst keinen Druck, sie hat bereits einen Plan B. Wenn aus der Karriere im Nationalkader nichts wird, will Straßberger Medizin studieren. "Ich bin froh, dass ich eine Alternative habe. Viele, die es nicht schaffen, wissen nicht, was sie machen sollen, und fallen erst einmal in ein Loch." Straßberger hat ihren Plan B sogar schon konkretisiert. Nach ihrem Studium würde sie als Sportärztin für den DSV arbeiten wollen. So oder so: Spätestens in einigen Jahren wird die Hallertau im deutschen Wintersport vertreten sein.

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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