Windsurfen:Sommer am Sotavento

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Alexa Escherich, 15, stößt gerade in die internationale Spitze vor. Beim Weltcup vor Fuerteventura wird die Münchnerin als Jüngste im Feld Achte im Freestyle - obwohl ihr im ersten Lauf der Mast bricht.

Von Sebastian Winter

Der Shaka also. Ihn möchte Alexa Escherich noch verfeinern, perfektionieren, denn so richtig zufrieden war sie mit ihm am vergangenen Dienstag noch nicht. Der Trick ist auch kompliziert: gegen den Wind fahren, abspringen, das Segel nach unten drücken, sich waghalsig darüber lehnen, die Hände natürlich am Griff. Und nach der Landung noch eine ganze Drehung machen. Der Trick liegt gerade voll im Trend, auch beim Windsurf-Weltcup vor Fuerteventura. Dort ist Escherich, weitaus Jüngste des Feldes, Achte in der Disziplin Freestyle geworden.

Es ist ihr bislang bestes Ergebnis auf der Profitour der Windsurfer, vor einem Jahr war die 15-jährige Münchnerin vor Sotavento, weit im Süden der Kanarischen Insel, noch Neunte geworden. Weil es in dieser Saison nur einen einzigen Freestyle-Wettbewerb gab, darf sich Escherich gar als WM-Achte bezeichnen. Weltcup-Siegerin - und damit zugleich Freestyle-Weltmeisterin - wurde zum zehnten Mal in Serie Sarah-Quita Offringa von der Karibikinsel Aruba. Offringa hat seit 2008 kein einziges Freestyle-Rennen verloren. So weit ist Escherich, der braungebrannte Teenager mit den langen, dunkelblonden Haaren aus Trudering, längst noch nicht. Aber die Schülerin des Michaeli-Gymnasiums in Berg am Laim ist auf einem guten Weg, in die absolute Weltspitze vorzudringen.

Gefährlicher Eisbach: "Wegen der ganzen Steine im Wasser hatte ich ständig blaue Flecken."

Apropos Schule: Während ihre Klassenkameraden in dieser Woche sehnsüchtig auf den Ferienbeginn am Wochenende warten, ist Alexa Escherich seit Anfang Juli für die Windsurf-Wettbewerbe auf den Kanaren von der Schule befreit. Den Stoff versucht sie, so gut es geht, in den Sommerferien nachzuholen. Dann hat sie auch mehr Zeit als jetzt, wo ein Wettbewerb den nächsten jagt. Seit 8. Juli startete sie schon bei zwei Weltcups: Zuerst vor Gran Canaria in der Disziplin Wave, wo es, wie der Name schon sagt, darauf ankommt, die beste Welle zu finden und zu reiten. Escherich wurde 13. im Frauenfeld. Es folgte nun Freestyle vor Fuerteventura, wo die Windsurfer Tricks und Wendemanöver zeigen, woraus sich eine Gesamtpunktzahl ergibt. In einer Woche setzt Escherich dann per Fähre nach Teneriffa über, dort steht wieder ein Wave-Wettbewerb auf dem Programm.

Wo der Wind weht: Alexa Escherich wurde Achte im Freestyle-Wettbewerb. (Foto: Tom Brendt/oh)

Danach verbringt sie noch die ganzen Ferien auf Fuerteventura, arbeitet dann für die Schule, aber auch an ihren Tricks auf dem Wasser. Praktischerweise kann sie die ganze Zeit im Haus ihrer Großeltern wohnen, das nur ein paar Autominuten entfernt vom wilden Strand von Sotavento liegt. Oma und Opa leben schon seit längerer Zeit auf den Kanaren. Ihre Mutter reist immer mit, ihr Vater, ein begeisterter Windsurfer, der die Fünfjährige damals an selber Stelle erstmals auf ein Surfbrett stellte, kommt meist nach, wenn es der Job erlaubt. Mit einem Miet-Kleinbus, den ein Sponsor zahlt, fährt die Familie Escherich ihre Tochter nun immer zu den Spots. Die Reisen finanzieren noch die Eltern, mittlerweile hat Alexa aber schon Surfbrett-, Finnen-, Segel- und Kleidungssponsoren.

In München hat Alexa Escherich seit Jahresbeginn viel am Eisbach trainiert, die stehende Welle ist in ihrer Heimat zum wichtigsten Übungsplatz für die Juniorin geworden. Einfach war es dort anfangs nicht. "Wegen der ganzen Steine im Wasser hatte ich ständig blaue Flecken. Außerdem haben manche Leute gesagt, dass Anfänger dort nicht erwünscht sind", sagt Escherich. Eisbach-Wellen-Anfänger, meint sie natürlich. Mittlerweile gehört sie dort zur festen Szene, ansonsten findet man sie oft am Ammer-, Walchen- oder Kochelsee.

Alexa Escherich hat guten Grund, neben der Weltcup-Flagge am Sotavento-Strand zu strahlen. (Foto: Tom Brendt/oh)

Internationale Konkurrenz bei den Juniorinnen hat Alexa Escherich quasi nicht, auf Fuerteventura war sie im Freestyle-Wettbewerb überhaupt als einzige am Start - und gewann als Junioren-Weltmeisterin den Rookie-Preis. Lisa Kloster, ihre einzige deutsche Rivalin, war dieses Mal nicht dabei. Als junge Windsurferin, deren Spezialgebiet Freestyle ist, hat es Escherich zugleich nicht gerade leicht. Männer bekommen beim Windsurfen wesentlich mehr Preisgeld als die Frauen, Freestyle steht noch dazu etwas im Schatten anderer Disziplinen wie Slalom, Wave oder Speed. Auch deshalb entdeckt sie gerade die Wave-Wettbewerbe für sich.

Im ersten Freestyle-Lauf am Sotavento hatte Alexa Escherich übrigens viel Pech, Wind und Wellen machten ihr zu schaffen, dann brach plötzlich der Mastfuß. Danach lief es besser, die Münchnerin kämpfte sich Runde für Runde weiter, bis sie auf Sarah-Quita Offringa traf, die Serien-Weltmeisterin aus der Karibik.

Achte also. Alexa Escherich weiß, dass sie auch künftig kaum leben kann vom Windsurfen. Sie möchte studieren. Nicht in München, bei aller Liebe zum Eisbach. Sondern am Meer.

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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