Wasserball:Paraden im Hexenkessel

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"Die sind jetzt erst mal ziemlich weggezogen", sagt Münchens Spielertrainer Ivan Mikic. Ein Aufstieg seines Teams war ohnehin nicht geplant. (Foto: Sebastian Gabriel)

Zweitliga-Tabellenführer Würzburg verdankt seinen Erfolg im Spitzenspiel gegen München vor allem der Leistung seines Torwarts. Es ist die Vorentscheidung um den Titel.

Von Raphael Weiss, München

Filip Barisic schmiss seine rote Kappe ins Wasser. Es lief das vierte Viertel in der Spitzenpartie der zweiten Wasserballliga Süd zwischen der SG Stadtwerke München und dem SV Würzburg 05. Gerade war die Mannschaft des 19-jährigen Torhüters noch im Angriff gewesen. Ein Offensivfoul, ein Gerangel zwischen ihm und dem Würzburger Center, der sich auf dem Weg zum freien Ball befand, und das Spiel war für Barisic beendet. Spielausschluss.

Ohne Torwart versuchten die Münchner, den nächsten Spielzug zu verteidigen. Vergebens: Marc Weinmann traf zum 6:4 für Würzburg. Die Vorentscheidung. Am Ende hieß es 5:8 aus Münchner Sicht. "Ich weiß nicht, wie ich diese Situation interpretieren soll", sagte Ivan Mikic, der Spielertrainer der Münchner, nach der Partie. "Die Würzburger sind eine sehr erfahrene Mannschaft. Der Spieler wusste genau, wie er sich zu verhalten hat, um genau das zu bekommen." Diese Aktion sei allerdings nicht der Knackpunkt im Spiel gewesen. "Wir hätten in der ersten Halbzeit den Sack zumachen müssen", fand Mikic.

Die ohnehin schon enge Schwimmhalle im Anton-Fingerle-Schulzentrum, in das die Wasserballer der SG Stadtwerke während der Sanierung des Olympiabads ausweichen müssen, wurde durch die Zuschauer, die sich Spitzenpartie nicht entgehen lassen wollten, noch mal um ein gutes Stück enger. Die Fans sitzen dort so dicht am Becken, dass sie von den vorbeikraulenden Wasserballern nass gespritzt werden. "Wir sind solche Bedingungen nicht gewohnt", sagte Gäste-Trainer Matthias Försch. "Das ist so heiß hier, so eng, darauf mussten wir uns erst mal einstellen." Würzburg war als souveräner Tabellenführer nach München gereist. Zwölf Spiele, elf Siege, ein Unentschieden. Die Nullfünfer sind der große Favorit auf die Meisterschaft. Einzig die ebenfalls ungeschlagenen Münchner hätten ihnen durch einen Sieg noch gefährlich werden können.

Und lange sah es auch so aus, als würde der Kampf um die Meisterschaft durch dieses Spiel deutlich spannender werden. Die Münchner waren zu Beginn klar überlegen, sie verteidigten stark und hatten viele Chancen, scheiterten aber immer wieder am starken Würzburger Torwart Benjamin Flammersberger. Erst ein Strafwurf brachte die Münchner in Führung. Anderthalb Minuten vor Ende des ersten Viertels glichen die Gäste aus, ehe Ignacio Marián de Diego sieben Sekunden vor Schluss zum 2:1 ins Kreuzeck traf.

Auch das zweite Viertel gehörte den Münchnern. Marko Ristic und Haris Hadjioannou erhöhten auf 4:1, und es lag erneut nur an Flammersberger, dass die SG Stadtwerke nicht höher führte. "Ich weiß nicht, wie viele Bälle der heute gehalten hat. Wenn der einen schlechteren Tag erwischt, hätten wir das auch gut verlieren können", bekannte Försch. Doch Flammersberger hatte eben einen richtig guten Tag erwischt, und so änderte sich in den letzten Minuten des zweiten Viertels das Spiel durch zwei fast identische Szenen: Würzburg im Angriff, Foul der Münchner, schlechtes Umschalten in der Defensive, freier Wurf aufs Tor. Würzburg verkürzte auf 3:4.

In der zweiten Halbzeit dreht sich das Spiel dann komplett. Würzburg war nun die deutlich bessere Mannschaft, spielte sich in einer umkämpften Partie mehr Chancen heraus und nutzte sie. Nach Ende des dritten Viertels manifestierte sich die Wendung auch auf der Anzeigetafel: Die Gäste führten 5:4. Die Rolle von Torwart Barisic und das anschließende 6:4 durch Würzburg raubte den Münchnern jede Hoffnung. "Für uns war das heute ein absoluter Big Point. Die Münchner sind nach uns die beste Mannschaft, aber die Meisterschaft ist damit noch nicht entschieden", sagte Försch. Auch Stadtwerke-Trainer Mikic wollte die Meisterschaft noch nicht komplett abschreiben: "Die sind jetzt erst mal ziemlich weggezogen. Wir sind auf Schützenhilfe angewiesen, wenn wir den Meistertitel noch irgendwie haben wollen. Aber Würzburg hat 'ne gute Truppe. Ich gönn's ihnen, wenn sie hochgehen."

Einen Tag nach der ersten Saisonniederlage konnte seine Mannschaft das Wochenende noch versöhnlich abschließen. Beim 16:8-Sieg gegen den Tabellenletzten SV Bietigheim kamen vor allen Dingen die jungen Spieler zum Einsatz, die in Zukunft die Meisterschaft nach München holen sollen.

Der Aufstieg sei diese Saison ohnehin nicht das erklärte Ziel gewesen, sagte Mikic. Ohne die Olympiahalle fehlte der SG Stadtwerke in der Vorbereitung ein Ort, um mit dem Ball zu trainieren. Deshalb hätten taktische Defizite die gesamte Saison begleitet. Zur nächsten Spielzeit soll die Olympiaschwimmhalle dann endlich fertig saniert sein und die Wasserballer können dann wieder zurück in ihre gewohnte Umgebung. "Die Halle hier ist schon ganz cool, die wird immer zum Hexenkessel. Wir werden es sicher irgendwie vermissen, hier zu spielen", sagte Mikic und blickte sich um. "Aber ich spiele doch deutlich lieber im Olympiabad."

© SZ vom 11.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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