Volleyball:Zu kleiner Teich

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Ohne Kapitänin: Marion Mirtl baggert künftig für Sonthofen, obwohl sie Lohhof zuvor zugesagt hatte. (Foto: Claus Schunk)

Münchner Frauen-Zweitligisten buhlen um dieselben Spielerinnen

Von Sebastian Winter, München/Unterschleißheim

In Lohhof sind sie schon wieder fleißig im Trainingsbetrieb, Läufe durch das angrenzende Mallertshofer Holz mit Heiden, viele Krafteinheiten: Grundlagen sollen sich die Zweitliga-Volleyballerinnen aneignen für ihre Mitte September startende Saison. Viermal pro Woche schwitzen sie, um ihrem Trainer Jürgen Pfletschinger - der seinen Vertrag bis 2018 verlängert hat - die Entscheidung bezüglich der Startaufstellung schwer zu machen. Wobei: So einen schlanken Kader wie zurzeit hatte Lohhof selten. Und auch neben dem Platz ist einiges in Bewegung geraten, nicht nur zum Vorteil des Klubs aus Unterschleißheim. Lohhof muss sich strecken, um denselben Etat zu haben wie im vergangenen Jahr, zurzeit fehlen ein paar Euro. Außerdem ist die Trainings- und Spielhalle des Klubs an der FOS/BOS immer noch gesperrt. Nicht mehr wegen der Flüchtlinge, sondern weil es nun einige Schäden auf dem Hallenboden gibt.

In sportlicher Hinsicht ist der Aderlass an Führungsspielerinnen bemerkenswert. In Kapitänin Marion Mirtl, Außenangreiferin Tamara Zeller und Mittelblockerin Carolin Strobl (ehemals Herrmann), die vergangene Saison schwanger war und Pfletschinger an der Seitenlinie als Co-Trainerin half, verlässt ein wichtiges Trio Lohhof ausgerechnet in Richtung des Ligakonkurrenten Allgäu Team Sonthofen. Mirtls Weggang hinterließ auch deshalb größtes Erstaunen, weil sie Lohhof eigentlich mündlich ihren Verbleib zugesichert hatte, um dann "eine Woche vor dem Vorbereitungsstart abzusagen", wie Teammanagerin Inga Vollbrecht sagt: "Das tat ziemlich weh."

Die Konkurrenz ist groß im Münchner Frauen-Volleyball, die drei besten Klubs fischen im selben Teich - und schwächen sich gegenseitig. Nicht erst, seit die DJK München-Ost in die zweite Liga aufgestiegen ist und Lohhof Spielerinnen abspenstig machte. Lohhof bietet mit und verpflichtete nun DJK-Libera Sandra Baier, der es nach nur einem Jahr offenbar nicht mehr gefallen hat im Münchner Osten. Zuvor spielte sie in: Sonthofen. Jenem Klub, der sich gerade das Lohhofer Führungstrio geangelt hat. Und der auch bei der DJK ordentlich wildert: Mittelblockerin Loraine Neumann (ehemals Henkel) und Außenangreiferin Sabrina Karnbaum wechseln zum Allgäu Team. Karnbaum begann ihre Volleyball-Karriere in: Lohhof. "Die Situation ist nicht ganz einfach", sagt SVL-Trainer Pfletschinger, "anscheinend sind wir nicht so kapitalträchtig wie andere Vereine. Andererseits ist das auch eine Chance für Spielerinnen, die bisher im Schatten standen." Mittelblockerin Lisa Haddick zum Beispiel, die aus Lohhofs zweiter Mannschaft kommt. Teammanagerin Vollbrecht macht aber auch klar: "Der Spielermarkt ist durch den Aufstieg der DJK noch schwieriger geworden. Wir schauen uns daher auch auf dem ausländischen Markt nach einer Außenangreiferin um."

Sonthofen, das vergangene Saison fast aus der zweiten Liga abgestiegen wäre, locke die Spielerinnen "eher mit Taschengeld, einem guten Konzept und voller Halle mit 800 Zuschauern", wie Trainer und Teammanager Andreas Wilhelm betont. Die Strategie ist geschickt: Weil viele Spielerinnen des Allgäu Teams, das eigentlich mehr als 150 Kilometer südwestlich beheimatet ist, in und um München leben, findet das Training in München-Solln statt, nur zu Heimspielen müssen die Spielerinnen ins Allgäu reisen. "Wir haben sicher keine Lust, Lohhof und München-Ost zu schwächen, aber buhlen eben immer um dieselben", sagt Wilhelm - der im Hauptberuf Geschäftsführer des ASV Dachau ist. Sonthofens Zuspielerin ist übrigens Veronika Kettenbach - ein Lohhofer Gewächs. Der SVL ist seit jeher stolz auf seine Ausbildungsarbeit. Aber dass seine Talente nur wenige Kilometer weiter zur unmittelbaren Konkurrenz wechseln, war nicht seine Intention.

Die größten Ambitionen hat, so darf man seine Einkaufspolitik interpretieren, Sonthofen. Lohhof hat seine eigenen Ziele deshalb schon heruntergeschraubt. "Sonthofen hat die Favoritenrolle", sagt Pfletschinger. Und München-Ost? Hat die Hälfte seiner Spielerinnen verloren, mag aber noch keine Zugänge verkünden. Stand jetzt hatte die DJK in diesem Sommer am meisten Pech beim Münchner Wettangeln.

© SZ vom 30.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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