Volleyball:Zitternd im Hexenkessel

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Frauen-Zweitligist SV Lohhof gewinnt Spitzenspiel in Offenburg

Von Alexander Mühlbach, München

Als der Schiedsrichter pfiff, verstanden die Lohhoferinnen die Welt nicht mehr. Sie hatten sich doch schon beinahe in den Armen gelegen. Wollten den Sieg gegen die Spielerinnen des VC Offenburg feiern, die längst den Kopf gesenkt hatten und ins Leere blickten. Zweieinhalb Stunden lang hatten sie sich gegen den Tabellenführer abgemüht, ihn vor immer wieder neuen Aufgaben gestellt und den Kampf schließlich mit dem Matchball zum 15:10 im fünften Satz vollendet. Bis der Schiedsrichter pfiff - und den vermeintlichen Siegpunkt plötzlich Offenburg gab. Das Spiel ging weiter.

"Die Schiedsrichter haben nicht gesehen, dass der Offenburger Block unseren Angriff deutlich touchiert hat, als der Ball ins Aus ging", erklärt Lohhofs Trainer Jürgen Pfletschinger später. Er redete so schnell, als wäre er noch mittendrin in diesem Offenburger Hexenkessel vor 800 Zuschauern. Dort, wo Lohhof vom vermeintlichen Siegestaumel plötzlich Richtung Niederlage taumelte. 14:11, 14:12, 14:13. Zudem hatten die Gäste auch keine Auszeiten mehr übrig. "In solchen Situationen muss man einfach seinen Spielerinnen vertrauen", sagt Pfletschinger, der sich nun erlauben kann, etwas langsamer zu reden. Das Vertrauen zahlte sich aus: 3:2 (26:24, 24:26, 22:25, 25:21, 15:13) für Lohhof.

Die Spielerinnen, sagt Pfletschinger, seien glücklich, aber auch kaputt: "Das sind die Offenburger aber auch." Für Lohhof war es das erste Mal in dieser Saison, dass es über fünf Sätze ging; für Offenburg gerade das zweite Mal. Beide Mannschaften wollten sich nichts schenken. Offenburg scheiterte immer wieder am starken Lohhofer Block und in der Ballannahme. Der SVL wiederum hatte Probleme, den gegnerischen Angriff um die US-Amerikanerin Jeane Horton in den Griff zu bekommen. Auch deswegen sagte die ehemalige Managerin der Lohhofer, Richarda Zorn, die mittlerweile bei Offenburg zuspielt, dass "nur Nuancen" den Unterschied ausmachten.

Letztendlich wirkte sich wohl auch der bisherige Saisonverlauf aus: Der SV Lohhof hatte bislang immer wieder Partien, in denen er gefordert war. In Offenburg galt er zum ersten Mal seit langer Zeit nicht als Favorit und konnte befreit aufspielen. Offenburg hatte hingegen neun Kontrahenten in Serie mühelos geschlagen und war als unbezwungener Erster ein Spiel auf Augenhöhe nicht mehr gewohnt. "Seit September hatten wir keinen Gegner, bei dem wir auch nur ansatzweise unsere Taktik ändern mussten", beklagte sich die Offenburger Trainerin Tanja Scheuer hinterher.

Trotzdem denkt Pfletschinger gar nicht an die Meisterschaft. Offenburg hat einen Sieg mehr auf dem Konto und ist immer noch Tabellenführer, mit drei Punkten Vorsprung. "Jetzt geht es vorrangig darum, die drei Partien vor Weihnachten zu gewinnen", sagt er. Dann hoffentlich mit dem ersten Matchball.

© SZ vom 01.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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