Volleyball:Wachmacher gegen Ruhepol

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"Die Spieler sind gierig", weiß Grafings Trainer Alexander Hezareh. Gerade bei den Aufschlägen haben sie aber noch viel Luft nach oben. (Foto: Johannes Simon)

Adrian Zoppelt gewinnt das Duell der Zweitligisten Dachau und Grafing

Von Maximilian Ferstl, Dachau

Samstagabend, Georg-Scherer-Halle in Dachau. In der zweiten Volleyball-Bundesliga spielt der ASV Dachau gegen den TSV Grafing. Es läuft der vierte Durchgang, Grafing hat bei 26:25 die Chance, die Partie auszugleichen. Trainer Alexander Hezareh schickt Angreifer Jakob Weiß aufs Feld, nicht vor ans Netz, sondern zum Aufschlag. Weiß schlägt den Ball hart auf die andere Seite, Dachau misslingt die Annahme, Grafing kann geordnet aufbauen und gewinnt den Satz. Hezareh stößt kurz die Faust nach oben, greift dann aber schnell zum Klemmbrett, um den entscheidenden Durchgang zu planen. Auf der anderen Seite traktiert Dachaus Trainer Adrian Zoppelt einen Stuhl mit den Fäusten. Im Sommer hat Hezareh bei Grafing Zoppelt abgelöst, der nach Dachau zurückkehrte. Am Ergebnis änderte das wenig: Den Tie-Break gewinnt Dachau deutlich. Wie so oft, wenn zuletzt beide Teams aufeinandertrafen.

Für Hezareh und Grafing ist das 2:3 (25:19, 15: 25, 23:25, 27:25, 9:15) die zweite Niederlage im zweiten Spiel. Nach der Partie steht er aufrecht am Spielfeldrand, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Die Haltung wirkt streng, doch Hezareh ist ein freundlicher Mensch. Er spricht leise, wägt die Worte sorgsam ab. Er freue sich, sagt er, dass seine Mannschaft zumindest einen Punkt mitnehmen konnte. Auch, weil Weiß den Aufschlag beim Satzball so druckvoll ins Feld manövrierte.

Die Aktion war eher die Ausnahme. Oft segelten Grafings Angaben ins Aus oder ins Netz. Dabei riskierten seine Spieler gar nicht viel. "Hop oder top wäre mir lieber gewesen", meint Hezareh: "Wir haben auch die einfachen verschlagen." Das reicht zwar, um den ersten Satz zu gewinnen. Doch Dachau steigert sich, Grafing patzt nun häufiger und bekommt vor allem Dachaus Diagonal-Angreifer Aleksandrs Ziskins nicht in den Griff. Dachau gewinnt die Sätze zwei und drei. Letzteren dank eines Grafinger Fehlaufschlags bei 23:24.

Hezareh versucht viel, immer wieder wechselt er den Aufschläger. Nur einmal mit Erfolg. "Da haben wir noch viel Luft nach oben", sagt der Trainer, der aber auch gesehen hat, dass sich seine Mannschaft ins Spiel zurückhieven kann. "Das Team funktioniert. Die Spieler sind gierig."

Hezareh fängt sie mit seiner ruhigen Art ein, wie in der Schlussphase des vierten Satzes: Grafing führt knapp, beide Teams gewinnen abwechselnd die Punkte. Die Schiedsrichterin Julia von der Weppen entscheidet zwei enge Bälle zugunsten Dachaus, das plötzlich führt. Grafings Kapitän Fabian Wagner diskutiert, sieht die gelbe Karte. Hezareh nimmt die Auszeit, stellt sein Team neu ein. Mit Erfolg. "Der Alex ist jemand, der eine Mannschaft beruhigen kann", sagt Wagner nach der Partie.

Ganz anders kommt Hezarehs Vorgänger Zoppelt daher. "Der Adi kann eine Mannschaft unglaublich heiß machen," vergleicht Wagner. Aber auch direkt sagen, wenn ihm etwas nicht passt. "Ich war total unzufrieden, natürlich", sagt Zoppelt über den vierten Satz. Er wägt seine Antworten nicht ab, feuert sie locker aus der Hüfte: "Ich hätte erwartet, dass wir deutlicher gewinnen. Der Aufschlag war am Anfang schlecht, die Annahme nur teilweise gut, der Block war quasi nicht existent." Er kennt Grafings starke Verteidigung und das variable Zuspiel, ebenso die "fehlende Durchschlagskraft" im Außenangriff: "Grafing hat das heute sehr gut gemacht," lobt Zoppelt. Er sei stolz auf sein ehemaliges Team, aber Dachau sei die Gegenwart.

Eine Mannschaft, die vorige Saison weniger gewann, als sie hätte gewinnen können. Zoppelt reicherte das Angriffsspiel mit schnellen Bällen an und glaubt: "Wenn die Annahme gut funktioniert, zerlegen wir jede Mannschaft." Das Selbstvertrauen ist nach drei Siegen zum Start groß: "Ich befürchte, dass wir wenig Spiele verlieren werden", sagt Zoppelt und lächelt. Er kann sehr zweideutig lächeln. Man ist nie ganz sicher, ob er es ernst meint. Vielleicht haben Grafing wie Dachau etwas gefunden, was zuletzt fehlte: Hezareh als ruhenden Pol eines jungen Kaders; Zoppelt als Wachmacher eines schlafenden Riesen. "Der eine ist ruhig, der andere temperamentvoll. Beides hat Vorteile", sagt Wagner, der in Grafing "neuen Schwung" feststellt. "Ich habe auch mit den Dachauern gesprochen. Die sagen dasselbe."

© SZ vom 20.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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