Volleyball:Von der Not zur Jugend

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Und hoch das Bein: Daniel Kirchner (Mitte) ist wegen vieler Ausfälle aus Grafings Nachwuchs befördert worden - und brilliert dort auf Anhieb. (Foto: Christian Endt)

Der 16-jährige Daniel Kirchner verhilft Grafings Volleyballern zum wichtigen Heimsieg gegen Dresden

Von Philipp Jakob, Grafing

Der Freudenschrei von Daniel Kirchner war im frenetischen Jubel der Fans kaum zu hören. Mit geballten Fäusten stand er auf dem Spielfeld, umrahmt von seinen Mitspielern, die ihre Arme in die Höhe streckten. "Mann, Mann, Mann, der hat Eier aus Stahl", kommentierte ein Zuschauer, während um ihn herum die etwa 400 Fans in der Jahnsporthalle in Grafing völlig aus dem Häuschen waren. Er sprach von eben jenem Außenangreifer des Volleyball-Zweitligisten TSV Grafing, der soeben zwei Asse nacheinander geschlagen hatte. Mit vollem Risiko schickte er die krachenden Aufschläge übers Netz, für die Gäste aus Dresden waren sie nicht zu kontrollieren. Diese zwei Asse bescherten Grafing einen Vorsprung von acht Punkten im zweiten Satz. Dank des überragend aufspielenden Kirchner entschieden die Gastgeber auch die kommenden beiden Sätze für sich, mit 3:1 (24:26, 25:16,25:19, 25:21) sicherten sie sich einen wichtigen Sieg im Abstiegskampf.

"Saugeil" fand auch Trainer Alexander Hezareh die Leistung des gerade mal 16-jährigen Jungspunds. Nach anfänglichen Unsicherheiten überzeugte Kirchner mit starken Angriffsschlägen, druckvollen Services und, als wäre das noch nicht genug, auch mit dem ein oder anderen wichtigen Block. Kein Wunder, dass Kirchner im Anschluss an die Partie zum wertvollsten Spieler seines Teams gewählt wurde. "Der darf sich nicht weiterentwickeln, sonst halten wir ihn nicht lange", scherzte Hezareh anschließend.

Kirchner selbst hatte mit diesem starken Auftritt am wenigsten gerechnet: "Ich bin ziemlich froh und ziemlich überrascht, dass es so gut geklappt hat." Am Samstag gegen Dresden durfte Kirchner erst zum zweiten Mal überhaupt in der zweiten Liga durchspielen. Ein personeller Engpass machte vor einigen Wochen den Schritt nötig, Kirchner aus der Jugendmannschaft zu holen. Nun dominierte er gemeinsam mit Diagonalangreifer Michael Zierhut das erfolgreiche Angriffsspiel Grafings. Zwar ging der erste Satz nach hartem Kampf knapp verloren, anschließend legten sich die Grafinger, die zuletzt auf den vorletzten Tabellenrang abgerutscht waren, den eher langsamen Mittelblock der Gäste aber immer wieder gut zurecht. Schnelle Pässe des Zuspielers Fabian Wagner ermöglichten Kirchner und Zierhut vielversprechende Möglichkeiten, die sie mit starken Schmetterbällen zu nutzen wussten. Im zweiten sowie dritten Satz konnte sich Grafing dadurch schnell absetzen, im finalen vierten Satz ließ sich das Team von Hezareh nicht mehr aus der Ruhe bringen.

"Der Sieg hat gut getan", zeigte sich der Trainer erleichtert. "Der hat uns gezeigt, dass wir es eigentlich können" - trotz der weiterhin angespannten Personalsituation. Die fehlenden Stammkräfte wie Felix Langer, Dominik Dreyer oder Leopold Angerer (allesamt Außenangreifer) hatten es Hezareh in den vergangenen Wochen nicht leicht gemacht: "Ich wurde sogar schon von Trainerkollegen bemitleidet." Es passte dann irgendwie ins Bild, als sich vor zwei Wochen auch noch Simon Gürzing verletzte. Beim Spaziergang war der Diagonalangreifer auf einer Eisplatte ausgerutscht und verstauchte sich das Steißbein. Auch er hatte also beim ersten Heimspiel des Jahres gegen Stuttgart gefehlt, das prompt verloren ging. Drei Niederlagen in Serie hatten die Grafinger nach einem soliden Saisonstart in den Tabellenkeller befördert. "Das war schon hart", erklärte Hezareh.

Aus der Not heraus hatten die Grafinger zuletzt sogar zwei Ehemalige reaktiviert: Publikumsliebling David Schirmer und Yannick Beck, der seit April letzten Jahres nicht mehr im Trikot des TSV in der Halle stand. Von Erfolg gekrönt war deren kurzfristige Rückkehr gegen Stuttgart nicht, am Ende der Saison wird Hezareh allerdings wieder auf die beiden angewiesen sein: Dann werden einige seiner Spieler berufsbedingt fehlen. Den Optimismus des Trainers kann die dünne Personaldecke jedoch nicht schmälern. Gerade in der aktuell schwierigen Phase sei der Sieg gegen Dresden ein gutes Signal gewesen: Die Grafinger haben das Siegen nicht verlernt. Und Hezareh ist um eine wichtige Erkenntnis reicher: Die Lücke, die die vielen Verletzten hinterlassen haben, kann mittlerweile gut gefüllt werden. Nicht zuletzt dank Daniel Kirchner.

© SZ vom 16.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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