Volleyball:Viel Platz auf der Bank

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"Wir haben uns nicht gegenseitig hoch-, sondern runtergezogen": Grafings Zuspieler Fabian Wagner. (Foto: Johannes Simon)

Dem ersatzgeschwächten Zweitligisten Grafing fehlen die zuletzt wertvollen Impulse von außen. Gegen Hammelburg scheitert er aber auch an übergroßem Frust

Von Katrin Freiburghaus, Grafing

Freunde des Übersinnlichen ahnten am Samstag vor dem ersten Punkt: Die Partie der Grafinger Zweitliga-Volleyballer gegen den Überraschungsdritten Hammelburg stand unter keinem guten Stern. Die Anzeigentafel über dem Feld wies Hammelburg - der besseren Übersicht wegen - im ersten und dritten Satz als Heim-Team aus. Das war kein gutes Omen, denn die Aufsteiger gaben zu Hause bislang erst zwei Punkte ab. Und tatsächlich: So hoch Grafing führte (13:6, 20:16), so dominant das Team von Trainer Alexander Hezareh auch agierte - der erste Satz ging wie von Geisterhand gesteuert an die Gäste.

Dafür, dass Grafing nach zwei Stunden mit 1:3 (23:25, 25:22, 19:25, 15:25) unterlag, gab es allerdings auch ein paar sehr geerdete Erklärungen. Beispielsweise die, dass bei Angreifer Felix Langer beim Einspielen eine unter der Woche auskuriert geglaubte Muskelverletzung an der Fußsohle wieder aufgebrochen war. Am Morgen hatte sich bereits Außenangreifer Dominik Dreyer wegen Rückenproblemen dienstunfähig gemeldet, so dass sich die Annahme-Positionen mit den einzig verbliebenen Experten Benno Voggenreiter und Leopold Angerer von allein besetzten.

Ungeachtet der Qualität der beiden Verletzten waren es eigentlich gar nicht sie persönlich, die von Grafing mit zunehmender Spieldauer immer schmerzlicher vermisst wurden, sondern Alternativen im Allgemeinen. Während Grafings sechsteiliger Siegesserie hatte Trainer Hezareh mit dem Verweis auf die starke Bank stets Schmunzeln hervorgerufen, zu sehr hatte es nach einer Floskel geklungen, wie sie in erfolgreichen Zeiten üblich ist. Gegen Hammelburg zeigte sich, dass es keine Floskel war. "Es kam immer jemand von draußen, der neue Impulse gesetzt hat", sagte Zuspieler Fabian Wagner, "das ging uns heute ab."

Grafing spielte nicht schlecht, den zweiten Durchgang hätte der TSV sogar deutlich höher gewinnen müssen. Doch zur Satzmitte zeichnete sich ab, was später zum Problem werden sollte: Das Team ließ sich von strittigen Entscheidungen aus dem Konzept bringen und verlor seine Unbeschwertheit. "Dann macht einer einen blöden Fehler, dann der nächste, so haben wir uns nicht gegenseitig hoch-, sondern runtergezogen", bilanzierte Wagner.

Konstantin Schmid, mit 28 Jahren Team-Ältester, hüpfte nach Assen schon beinahe grotesk begeistert übers Feld, Hezareh sprach nach Fehlern beschwörend auf seine Spieler ein - vergeblich. Der Coach versuchte gegenzusteuern, indem er Mittelblocker und Zuspieler als Angreifer einwechselte. Simon Gürzing respektive Christoph Senckenberg erfüllten ihre Rolle als Impulsgeber auch gemäß Aufgabenstellung, aber gute Laune verzaubert Blocker und Steller eben nicht in Annahmewunder, weshalb Schmid nach der Partie konstatierte, dass "das in der zweiten Bundesliga dann halt mal nicht reicht".

Spielerisch hatte Hezareh wenig auszusetzen, selbst die rote Karte gegen Thomas Stretz wegen zu ausgelassenen Jubelns im vierten Satz störte ihn nicht. "Aber wenn wir uns über Schiedsrichterentscheidungen so ärgern, schaffen wir es nicht, uns positiv zu stimmen. Da müssen wir drüber stehen, denn die Stimmung war in den letzten Spielen das Erfolgsrezept", sagte der 45-Jährige.

Bange ist in Grafing nach zwei Spielen ohne Punkte trotzdem niemandem. Zwar rutschte die Mannschaft vom fünften auf den siebten Tabellenplatz ab. Aber exakt diesen siebten Rang hatte sie ja ohnehin als - nach der schwachen Vorsaison ambitioniertes - Saisonziel ausgegeben. "Wir dürfen uns trotzdem weiter nach oben orientieren", sagte Hezareh und fügte hinzu, was noch vor einem Jahr undenkbar war: "Nach unten haben wir mehr als genug Luft."

© SZ vom 07.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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