Volleyball:Video-Bekanntschaft

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Der TSV Herrsching holt Außenangreifer Artem Sushko vom kasachischen Klub Almaty in die Bundesliga - und kündigt einen weiteren Zugang für die von Nationalspieler Tom Strohbach verlassene Schlüsselposition an.

Von Julian Ignatowitsch, Herrsching

Dass der neue Außenangreifer der Herrschinger Volleyballer keinen Berater hat, hält Marketingmanager André Bugl schon mal für ein gutes Zeichen. "Er wirkt sehr bodenständig und selbstverantwortlich", sagt er über Neuzugang Artem Sushko.

Der 24-jährige Russe war den Herrschingern beim Videoscouting aufgefallen. Trainer Max Hauser und Scout Michael Mattes verbringen das ganze Jahr über Hunderte Stunden vor dem Fernseher - und schauen dabei besonders gerne auf die kleineren Ligen in Europa. Hier gibt es noch Spieler zu entdecken, die günstig zu haben sind, bei größeren Vereinen nicht gehandelt werden und dazu "mit beiden Beinen auf dem Boden stehen", wie es Bugl nennt. Zudem fällt so auch des Öfteren der unliebsame und teurere Umweg über einen Berater weg.

2,02-Meter-Mann Sushko kommt aus Kasachstan vom Klub VC Almaty. Er hat in den Gesprächen "einen sehr guten Eindruck gemacht", sagt Bugl. Die osteuropäische Mentalität, die Bugl als "zäh und verbissen" beschreibt, haben sie am Ammersee in den vergangenen Spielzeiten schätzen gelernt, und zuletzt mit dem Musterprofi und Leader Michal Sladecek gute Erfahrungen gemacht. Sportlich sieht Trainer Hauser "viel Talent und Entwicklungspotenzial". Zwei Eigenschaften, auf die der Herrschinger Klub nach wie vor großen Wert legt - und aufgrund seiner überschaubaren finanziellen Möglichkeiten auch legen muss. "Wir sind ein Ausbildungsverein", betonen die Verantwortlichen immer wieder unisono.

Insbesondere die Besetzung der Außenangreiferposition dürfte in der kommenden Saison darüber entscheiden, ob die WWK Volleys Herrsching, wie sie nach dem frisch abgeschlossenen Sponsorendeal nun heißen, einen weiteren Schritt nach vorne in der Bundesliga machen können. Denn in Tom Strohbach ist der stärkste Spieler gegangen und hat eine große Lücke hinterlassen. Der 36-malige Nationalspieler war in Herrsching der unumstrittene Topscorer, was sowohl seine Qualitäten in der Annahme als auch bei Punkten im Angriff betraf. Fortan wird er für den renommierten kalabrischen Klub Vibo Valentia in Italien spielen, für Herrsching war er "ein absoluter Glücksfall", meint Bugl. "Wir können ihn nicht eins zu eins ersetzen." Deshalb soll in der kommenden Saison die Angriffslast im Herrschinger Spiel auf sechs relativ gleich starke Schultern verteilt werden.

Neben Sushko wird der 20-jährige Tim Peter mehr Verantwortung übernehmen, der bereits am Ende der vergangenen Saison mit einer ordentlichen Angriffsquote überzeugte. Dazu ist die Verpflichtung eines dritten Außenangreifers "so gut wie fix", sagt Bugl. Anfang der nächsten Woche soll der Neue, "den wir schon aus der Bundesliga kennen und der eine besondere Beziehung zu Herrsching hat", vorgestellt werden - mehr will er nicht verraten. Unter den drei Außenangreifern gilt dann ein offener Konkurrenzkampf um die zwei Startplätze: "Vom Spielertyp sind sie alle drei relativ ähnlich." Die Balance zwischen Annahme und Angriff sei sportlich der wichtigste Faktor beim Scouting gewesen. Und dann achten sie beim selbsternannten "geilsten Club der Welt" natürlich auch immer auf den "richtigen Spirit", was zuletzt auch mal nach hinten losgegangen war, wie sich beim kühlen Abschied von Mittelblocker Andre Brown oder dem aktuell umstrittenen Transfer von Christoph Marks zeigte. Typen mit Bodenhaftung sind umso mehr gefragt.

© SZ vom 26.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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