Volleyball:Unprätentiöser Kapitän

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Roy Friedrich. (Foto: Claus Schunk)

Volleyballer Roy Friedrich, dreimaliger Pokalsieger mit Haching, beendet mit 32 Jahren seine Karriere.

Von Sebastian Winter, Unterhaching

Vor 32 Jahren wurde Roy Friedrich in einer Stadt geboren, deren Namen es nicht mehr gibt. Karl-Marx-Stadt heißt seit 1990 wieder Chemnitz, so wie auch schon vor 1953. Die Wendejahre hat Friedrich als Baby und Kleinkind kaum registriert, aus der damaligen Zeit erinnert er sich vor allem an eines: Dass seine Eltern sehr gute Sportler waren. Der Vater war als Diskuswerfer im selben Jahrgang mit Lars Riedel, die Mutter, eine Kugelstoßerin, besuchte mit Riedel dieselbe Klasse der Sporthochschule.

Dieses Talent gaben sie an ihren Sohn weiter, auch wenn dieser sich nur kurz in Leichtathletik versuchte - und danach lieber Fußball, Basketball und Volleyball spielte. Letzterem ist Friedrich mehr als 20 Jahre lang treu geblieben. Nun tritt der Mittelblocker ab, nach zehn Jahren in der ersten Liga bei Königs Wusterhausen, Leipzig, Generali Haching und dem TSV Herrsching - samt drei Pokalsiegen und drei Playoff-Finalteilnahmen mit Haching. "Für mich wird es immer schwieriger, den Sport mit Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen", sagt Friedrich, der zwei Töchter hat, Junalie, 5, und Quila, 2: "Der Körper fängt auch an, rumzumucken. Deshalb ist es Zeit, aufzuhören."

Es ist ein Abtritt, der zu Friedrich passt: leise, unprätentiös - aber bestimmt. Die letzten drei Jahre hatte der 2,02-Meter-Mann noch die Hypo Tirol Alpenvolleys II als Kapitän angeführt, eine multinationale Zweitliga-Mannschaft, in der es nicht immer rund lief, auch wegen einiger Kommunikationsprobleme. "Wir haben von Mitte November bis Anfang Februar katastrophal gespielt", sagt Friedrich, der dem Team Potenzial für Rang eins bescheinigt. Als es wieder in Form kam, beendete das Coronavirus nun die Saison, die Alpenvolleys waren Fünfter.

Friedrich hat zugleich die großen Zeiten erlebt, er war nach seinem Wechsel zu Generali Haching im Jahr 2009 Teil der dortigen "goldenen Generation", wie der damalige Trainer Mihai Paduretu sie nennt, um Ferdinand Tille, Patrick Steuerwald, Max Günthör und Sebastian Schwarz. Friedrich wurde 2010, 2011 und 2013 mit Haching DVV-Pokalsieger, 2010 und 2012 zudem Meisterschaftszweiter. Er hat Champions League gespielt, gegen Legenden wie Ivan Zaytsev oder Lloy Ball, und die Reise nach Nowosibirsk wird er wohl nie vergessen: Vor dem Rückflug nach München mussten die Hachinger auf dem Rollfeld warten, kurz zuvor hatte es einen Temperatursturz auf minus 25 Grad gegeben, Friedrich war ohnehin erkältet. "Mir sind dann auf dem Rollfeld die Nasenlöcher zusammengefroren", sagt er. Ein Trauma bleibt auch für ihn das entscheidende fünfte Playoff-Endspiel 2012 gegen Berlin, das Haching in eigener Halle im fünften Satz nach zwei vergebenen Matchbällen 14:16 verlor.

Das wohl prägendste für Friedrich war aber ein anderes Spiel: der erste Pokalsieg. "Fünf Tage zuvor ist mein Vater plötzlich gestorben", ein Einschnitt in Friedrichs Leben. Er verlor durch den Schicksalsschlag im Pokalfinale auch seinen Stammplatz, war aber dabei, wurde von den Kollegen gestützt. "Die Medaille haben wir in den Grabstein eingelassen."

Paduretu lobt Friedrich als "einen, der schwer zu ersetzen ist, mit gutem Auge im Block und schnellem Armzug. Roy ist Hachinger. Ich bin überzeugt, dass er dem Verein treu bleiben wird." Auch ohne Kapitänsbinde.

© SZ vom 21.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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