Volleyball:Sturmläuten über dem Ammersee

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Wohin kippt der Ball? Herrschings Peter Ondrovic (re.) blickt bang nach oben. Eins ist sicher: Die Nikolaushalle ist zu niedrig für die Bundesliga. (Foto: Arlet Ulfers)

Der TSV Herrsching ist geschockt, weil aus der geplanten Dreifachhalle nichts wird. Ohne neue Spielstätte droht in einem Jahr das Ende des Bundesliga-Standorts. Und eine Alternative ist nicht in Sicht

Von Fabian Swidrak, Herrsching

Fritz Frömming war froh über den verregneten Sonntag. So konnte Herrschings Teammanager ohne schlechtes Gewissen zu Hause bleiben, auf der Couch liegen und die schlechten Neuigkeiten verarbeiten, die ihn tags zuvor im Auto auf der Rückfahrt von der Bundesliga-Versammlung in Zeuthen bei Berlin erreicht hatten: Die Realschule in Herrsching wird vorerst keine Dreifachsporthalle bekommen. Volleyball-Bundesligist TSV Herrsching hat nun ein ernstes Problem. "Wir sind sehr enttäuscht", sagt Frömming. Auf die Frage, ob diese Entscheidung den Bundesliga-Standort Herrsching bedrohe, antwortet er: "Ja, eindeutig." Auch Klaus-Peter Jung, Geschäftsführer der Volleyball-Bundesliga (VBL), sagt: "Der Standort Herrsching ist in Gefahr."

Der selbsternannte "Geilste Club der Welt" braucht dringend eine neue Halle. Herrschings Heimspielstätte, die Nikolaushalle, entspricht nicht den Anforderungen der VBL, sie ist zu niedrig und fasst nicht ausreichend Zuschauer. Bislang sah die Liga darüber hinweg, nach nunmehr zwei Jahren in der deutschen Eliteklasse aber ist es mit dem Welpenschutz vorbei. Zusammen mit dem Lizenzantrag für die kommende Saison - dem stattgegeben wurde - musste Frömming der Liga einen konkreten Plan für eine erstligataugliche Halle vorlegen. Herrsching wollte die geplante Dreifachturnhalle für die Realschule zu einer bundesligatauglichen Sportarena erweitern. Die dafür zusätzlich anfallenden Kosten von rund fünf Millionen Euro sollten durch Vermietungen refinanziert werden. Sogar die Zusage für ein zinsloses Darlehen gab es schon.

Die Regierung von Oberbayern hat diesen Plan nun allerdings mit ihrer Entscheidung durchkreuzt, lediglich den Bau von zwei Halleneinheiten zu bezuschussen. Die Begründung: Der Realschule fehlen fünf Klassen für die zur Bezuschussung einer Dreifachsporthalle benötigte Mindestzahl. Herrschings Bürgermeister Christian Spiller sagt es in aller Deutlichkeit: "Damit ist die Sportarena gestorben."

"Ich bin geschockt. Ich habe damit gerechnet, dass man uns vielleicht den Ausbau zur Eventarena nicht genehmigt, aber nicht damit, dass es nun gar keine neue Dreifachsporthalle geben wird", sagt Manager Frömming. Wie es weitergeht, weiß er noch nicht. Zum Vorgehen wolle er sich erst äußern, "nachdem ich mich mit meinem Funktionärsteam getroffen habe".

Ob es überhaupt einen konkreten Plan B gibt, ist allerdings mehr als fraglich. Der Umzug in eine andere Halle im Raum München scheint derzeit unwahrscheinlich. Die Olympiahalle ist mit einer Tagesmiete von 23 000 Euro zu teuer, im Audi Dome, sagt Frömming, werde der FC Bayern vermutlich keine andere Sportart zulassen, die Eissporthalle sei ebenfalls zu niedrig, und auch die Arena von Ex-Bundesligist Unterhaching sei laut Frömming keine Option. Im Grunde bleibt weiter nur ein Neubau - dann eben mit Geld aus privaten Quellen. Frömming nennt den SVG Lüneburg, der vor zwei Jahren zusammen mit Herrsching in die erste Bundesliga aufgestiegen ist, als Vorbild: "Dort baut ein Sponsor die Halle. Bei dem Grundstück hat die Stadt auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet." Unklar ist allerdings, wo eine solche Halle in Herrsching entstehen könnte und wer sie zunächst bezahlen soll.

Immerhin: Die kommende Saison sei durch die Entscheidung der Bezirksregierung laut Frömming nicht in Gefahr. Herrschings Teammanager kann sich nicht vorstellen, dass die VBL seinem Klub die bereits erteilte Lizenz wieder entzieht. Die Liga wisse, "dass es für uns keine Ausweichmöglichkeit gibt", sagt Frömming. VBL-Geschäftsführer Jung bestätigt, dass die Ausnahmegenehmigung für die Nikolaushalle bereits um ein Jahr verlängert wurde, einzig mögliche Playoff-Spiele am Saisonende müsste Herrsching in einer bundesligatauglichen Arena austragen. Allerdings, betont Frömming, könne der Vorstand der VBL Herrsching die vorläufig erteilte Ausnahmegenehmigung auch wieder entziehen, falls der Klub kein neues Umzugs- oder Neubaukonzept vorlegen kann. "Wir werden Herrsching jetzt nicht unter Druck setzen und innerhalb von zwei Tagen eine Alternative verlangen", sagt Jung. Die Liga müsse jedoch auch das Prinzip der Gleichheit wahren und könne nicht an den Statuten vorbei arbeiten. "Ich hoffe inständig, dass die Entscheidung der Politik nicht das Ende des Herrschinger Volleyballs eingeläutet hat", sagt Jung.

© SZ vom 07.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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